Wenn das Volk tatsächlich regiert: Aus für CO2-Gesetz
Die Schweiz zeigt auf, was passiert, wenn das Volk direkt entscheiden darf. Mit 51,6 Prozent stimmte das Volk gegen das CO2-Gesetz, an dem die Regierung jahrelang gearbeitet hatte. Außerdem wurde ein Anti-Terror-Gesetz beschlossen, das der Polizei mehr Befugnisse gibt.
Die Schweizer haben zwei Initiativen für mehr Umweltschutz und überraschend auch ein Gesetz zum Klimaschutz bei Volksabstimmungen am Sonntag abgelehnt. Das Nein zum CO2-Gesetz gilt als “politischer Paukenschlag”. Es scheiterte mit 51,6 Prozent Ablehnung. Regierung und Parlament hatten jahrelang an dem Gesetz gearbeitet. Es sollte die jährlichen CO2-Emissionen bis 2030 auf die Hälfte des Ausstoßes von 1990 senken. Benzin, Diesel und Flugreisen wären teurer geworden.
Je nach Strecke hätten Flugpassagiere auf ihre Tickets bis zu 120 Franken (rund 110 Euro) Klimaabgabe zahlen müssen. Damit bleibt unklar, ob und wie die Schweiz ihre Vorgaben im Rahmen des Pariser Klimaabkommens erfüllen will.
Agrarinitiativen zielten darauf ab, mehr Bio-Produktion in der Schweiz zu etablieren. Mit der einem Initiative sollten Bauern die Subventionen gestrichen werden, wenn sie künstlich hergestellte Mittel zur Bekämpfung von Schädlingen einsetzen. Die zweite Initiative wollte solche synthetischen Pestizide ganz verbieten und die Schweiz zu 100 Prozent zu einem Bio-Produzenten machen. Bei den Initiativen zur Landwirtschaft lag die Ablehnung bei knapp 61 Prozent.
Anti-Terror-Gesetz gibt Polizei mehr Befugnisse
Zwei weitere Vorlagen wurden angenommen: ein Anti-Terror-Gesetz, das der Polizei mehr Befugnisse gibt, wurde mit knapp 57 Prozent angenommen. Einem Gesetz, das die Entschädigung von Unternehmen und Kulturschaffenden in der Corona-Pandemie regel, stimmten gut 60 Prozent zu. Nach Schätzungen dürften sich die pandemiebedingten Finanzhilfen auf 35 Milliarden Franken belaufen. Gegner des Gesetzes hatten unter anderem Subventionen für Medien kritisiert.
Umwelt- und Naturschutzorganisationen sehen mit der Ablehnung der beiden Landwirtschaftsinitiativen kein Problem gelöst. Sie setzen auf Dialog mit der Landwirtschaft, um nun gemeinsam Lösungen zu finden, wie Philipp Sicher, Leiter der 2xJa-Kampagne auf Anfrage sagte. Er habe ganz klar mit einer besseren Resonanz der beiden Initiativen bei der Stimmbevölkerung gerechnet, sagte Sicher. Im Abstimmungskampf seien von den Gegnern Ängste über die Versorgungssicherheit, die Existenz von Bauern und steigende Lebensmittelpreise geschürt worden. Die Kampagne sei zudem von der Agrarindustrie stark finanziert worden. Vonseiten der Landwirtschaft seien sehr viele Zusagen gemacht worden. Diese werde man nun prüfen.
Ritter: "Volk will keine Extremlösungen"
Sehr zufrieden über das deutliche Nein zeigte sich auf Anfrage Markus Ritter. Der Präsident des Schweizer Bauernverbandes erklärte, die Stimmbevölkerung habe damit der Landwirtschaft in der Schweiz eine Perspektive geben wollen. “Die Bevölkerung will keine Extremlösungen. Das Abstimmungsergebnis zu den Landwirtschaftsinitiativen zeigt, dass die Bevölkerung mit dem eingeschlagenen Weg einverstanden ist”, erklärte Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder. Eine Annahme der Initiativen hätte aber weit über die Landwirtschaft hinaus verschiedene Branchen und Industrie betroffen.
Die bürgerlichen Parteien zeigten sich zufrieden mit dem doppelten Nein zu den Landwirtschaftsinitiativen. Sie verwiesen darauf, dass das Parlament bereits mit dem Aktionsplan Pflanzenschutz wichtige Weichen für die Zukunft gestellt hat. Enttäuscht zeigten sich Sozialisten und Grün-Parteien.
Kommentare