Der Posten des ORF-Generaldirektors ist wahrscheinlich das wichtigste, durch verpflichtende Beitragsgebühren finanzierte Amt der österreichischen Medienlandschaft. Alexander Wrabetz, der seit August 2007 diese Position bekleidet, tritt zum vierten Mal an. Bereits 2011 und 2016 wurde der, als eher linksintellektuell verortete, ORF-Generaldirektor mit großer Mehrheit wiedergewählt. Der Österreichische öffentlich-rechtliche Rundfunk wurde im Zuge der Corona-Krise oft der „Angst und Panikmache“ sowie der selektiven Berichterstattung bezichtigt. Auch sollen sowohl im Radio, Fernsehen als auch online Gäste, Experten und Narrative aus dem linken Spektrum bevorzugt werden und SPÖ und Grünen in die Hände spielen. Dies könnte sich nun ändern. Wer ist also der Mann, der Alexander Wrabetz den ORF-Thron nach fast 15 Jahren abspenstig machen könnte?

Weißmann begann ORF-Karriere im Landesstudio Niederösterreich

Roland Weißmann, 1968 geboren, stammt ursprünglich aus Linz, Oberösterreich. Er hat nach der Matura Publizistik und Geschichte an der Uni Wien studiert. Quellen zufolge soll er über Jahrzehnte im Schatten von Richard Grasl gearbeitet und mit ihm aufgestiegen sein. Grasl war in der Vergangenheit kaufmännischer Direktor des ORF, galt als ÖVP-nahe. Er trat 2016 gegen Wrabetz um das Amt des Generaldirektors an, erhielt aber nicht die benötigte Menge an Stimmen (15 von 35) und verabschiedete sich wenige Monate später vollständig aus dem ORF. Mittlerweile ist Grasl der stellvertretende Chefredakteur des Kurier, er gilt als einer der einflussreichsten Medienleute aus dem bürgerlich-türkis-schwarzen Sektor. Roland Weißmann stieg Anfang der 90er Jahre im niederösterreichischen Department des ORF rasch auf, wo er mit Grasl zusammenarbeitete, wurde dort stellvertretender Chefredakteur, Wortchef des Radio Niederösterreich und war zeitweise auch für die Fernsehsendung „Niederösterreich heute“ verantwortlich.

Immer auf den Spuren Grasls

Nach einer kurzen Zwischenstation bei Ö3 kam er 2003 wieder zurück nach St. Pölten, wo sein Freund mittlerweile Chefredakteur des Landesstudio Niederösterrich war. 2007 wurde er Fernsehchef, leitete “Niederösterreich heute”. Danach trat er ein weiteres Mal in die Fußstapfen Grasls, folgte ihm auf den Küniglberg, wo er Büroleiter der ORF-Finanzdirektion wurde, 2012 sogar Chefproducer. Heute ist Weißmann Vize-Finanzdirektor des ORF sowie Geschäftsführer der ORF-Tochter ORF Online & Teletext GmbH (orf.at) und  zuständig für das große Zukunft-Streamingprojekt, den ORF-Player.

Chancen stehen gut, auch Grüne Stiftungsräte sollen ihm Stimme geben

Für die Wahl des ORF-Generaldirektors braucht man eine Mehrheit im Stiftungsrat, dessen Vorsitzender der ehemalige FPÖ-Politiker Norbert Steger ist. Die ÖVP hat dort über die Entsendungen aus Regierung, Ländern, Parlament aber auch die Wahl des Publikumsrates einen türkisen „Freundeskreis“ aufgebaut, der eine Mehrheit ermöglichen dürfte, wenn er gemeinsam abstimmt. In eben diesem „Freundeskreis“ ist auch Weißmann spätestens seit dem Ausscheiden Grasls fest verankert. Er gilt als hochrangiger ORF-Verbindungsmann und soll zum Sprecher der ÖVP-nahen Stiftungsräte einen sehr guten Draht haben. Diese haben mittlerweile die Mehrheit des 35 Köpfe starken ORF-Stiftungsrats.

Was sind die Tätigkeiten des ORF-Generaldirektors?

Für viele GIS (Gebühren Info Service)-Zahler erschließt sich nicht, was die genauen Aufgaben eines ORF-Generaldirektors, dessen Gehalt 2020 in Folge einer parlamentarischer Anfrage der Opposition mit knapp 400.000 Euro pro Jahr dotiert wurde, sind. Laut dem ORF-Gesetzt sind seine Zuständigkeitsbereiche

-die Festlegung der Programmgestaltung,

-die Ausschreibung und Auswahl der Direktoren und Landesdirektoren

-die Kontrolle der Landesdirektoren

-die Erstellung eines Qualitätssystems

Im Großen und Ganzen bestimmt der Generaldirektor des ORF das Narrativ, das der Österreichischen Bevölkerung über die Medien vermittelt werden soll. Außerdem soll die unabhängige Berichterstattung des ORF gewährleistet sein. Dass diese Aufgabe in der Vergangenheit auch parteipolitisch verzerrt wurde, steht für viele Kritiker außer Frage. Eine Amtsperiode des Generaldirektors beträgt fünf Jahre.