Alarm in den Wiener Pflichtschulen: Die Zahl der Lehrkräfte ohne abgeschlossene Ausbildung hat sich in den letzten drei Jahren mehr als verdoppelt. Aktuell ist jede fünfte Lehrperson, die an einer Pflichtschule unterrichtet, nicht ausreichend qualifiziert – 2020/21 war es nur jede zehnte. Besonders betroffen sind Studierende, die immer früher unterrichten, und ein kleiner Anteil von Quereinsteigern. Insgesamt stieg die Zahl der unqualifizierten Lehrkräfte von etwa 1.200 auf über 3.200. Das sind mehr als 20 Prozent aller Lehrer, berichtet der ORF.

Experten schlagen Alarm

Bildungswissenschaftler Marko Lüftenegger kritisiert, dass unerfahrene Lehrkräfte bereits vor Abschluss ihrer Ausbildung im Klassenzimmer stehen. Dies führe zu Problemen in der Unterrichtsqualität: „Wenn diese Lehrpersonen ihr Studium abschließen, entlastet das das System nicht, weil sie bereits Teil davon sind.“ Zudem würden steigende Kündigungszahlen – zuletzt fast 1.000 pro Jahr – auf Überlastung und Frustration hinweisen. 80 Prozent der Studenten des Bildungswissenschaftlers stehen bereits parallel im Klassenzimmer, obwohl das eigentlich als Notlösung gedacht war. Dadurch bleibt weniger Zeit fürs Studium.

Kritik und Lösungsansätze

Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) sieht Praxisnähe während des Studiums grundsätzlich positiv, warnt jedoch davor, Studierende zu früh Vollzeit arbeiten zu lassen. Die ÖVP kritisiert hingegen, dass viele Lehrkräfte schnell „ausgebrannt“ sind und das Schulsystem verlassen. Vor drei Jahren habe es nur 350 Kündigungen und Dienstauflösungen gegeben. Nun seien es „schon fast 1.000 in einem Jahr“. „Dass hier etwas nicht funktioniert im System, so wie das ist, das erkennen wir ganz klar in den Zahlen“, sagt ÖVP-Bildungssprecher Harald Zierfuß.