Wiener Schulen in der Krise: Sommerdeutschkurse werden ausgeweitet, doch Kritik an Versäumnissen wächst
Bildungsstadtrat Wiederkehr erweitert das Angebot um 1.000 Plätze und plant erstmals Deutschkurse für Kindergartenkinder. Kritik kommt von Opposition und Experten, die systemisches Versagen bei der Sprachförderung anprangern.
Um der wachsenden Anzahl der außerordentlichen Schüler Herr zu werden, stockt der Wiener Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) die derzeitigen rund 3.900 Plätze in kostenlosen Sommerdeutschkursen um weitere tausend Plätze auf. Das Angebot richtet sich an Kinder, die über zu geringe Deutschkenntnisse verfügen, um dem Unterricht folgen zu können – im Oktober machten diese Kinder mit mehr als zwanzig Prozent einen erheblichen Teil der Wiener Schüler aus.
Um die Deutschkenntnisse bereits vor dem Eintritt in die Schule zu verbessern, werden ab Sommer 2025 erstmals 400 Plätze für Kindergartenkinder nach ihrem letzten Kindergartenjahr zur Verfügung stehen.
„Wird bei der Sprachstandsfeststellung erkannt, dass die Deutschkenntnisse nicht ausreichend sind, wird ein Besuch eines Kurses nahegelegt”, so Wiederkehr. Und mehr als ein ‚Nahelegen’ ist es tatsächlich nicht, denn eine verpflichtende Teilnahme ist laut Wiederkehr nicht möglich.
Wiederkehr plädiert für Verpflichtung der Deutschkurse
„Hier entsprechende Voraussetzungen zu schaffen, ist Bundessache”, erklärt Wiederkehr und plädiert nicht nur für verpflichtende Deutschkurse, sondern auch generell für ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr.
Neben dem Ausbau der Sommerdeutschkurse wird derzeit auch ein ‚Leitbild Integration’ erstellt. „Es soll dazu dienen, klar zu machen, was in Wien erwünscht ist und was nicht”, erläutert der Bildungsstadtrat. Dieses Leitbild soll ebenfalls im Sommer 2025 ausgerollt werden.
Kritik an den Maßnahmen kommt von der Wiener Opposition. So fordern die grünen Bildungssprecher Julia Malle und Felix Stadler eine deutliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Bezahlung für Deutschförderkräfte. „Drei Viertel jener Volksschulkinder, die aufgrund von Sprachproblemen dem Unterricht nicht folgen können, waren zuvor rund zwei Jahre in einem Wiener Kindergarten. Das zeigt, dass es sich um ein systemisches Versagen der Deutschförderung im Kindergartenalter handelt”, kritisieren die Malle und Stadler.
Die Wiener FPÖ fordert ein verpflichtendes Sprachscreening für alle Kinder im Alter von drei Jahren, um die Deutschkenntnisse rechtzeitig zu überprüfen und warnt einmal mehr vor einem möglichen Bildungsminister Christoph Wiederkehr. „Noch nie gab es derart katastrophale Zustände in den Wiener Kindergärten und Pflichtschulen. Es fehlen hunderte Pädagogen und 70 Prozent der Pflichtschüler sprechen nicht Deutsch als Umgangssprache”, erklärt Landesparteiobmann Dominik Nepp. „Wenn Wiederkehr jetzt Bildungsminister in einer Ampel-Koalition werden soll, dann ist das eine gefährliche Drohung für alle Schüler, Lehrer und Eltern in Österreich.“
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