Ausgangspunkt des Vorstoßes ist Europas hohes Strompreisniveau. Industrie und Haushalte zahlen in der EU deutlich mehr als in den USA oder China. Im Jahr 2024 lagen die industriellen Strompreise in der EU durchschnittlich bei 0,199 Euro pro kWh, während sie in China bei 0,082 Euro und in den USA bei 0,075 Euro lagen. Auch bei Haushaltsstrom zeigt sich die Spanne: In der ersten Hälfte 2025 reichten die Preise in der EU von 0,104 Euro pro kWh in Ungarn bis zu 0,384 Euro pro kWh in Deutschland. Zum Vergleich: China lag laut EU-Kommission bei rund 0,065 Euro, die USA bei etwa 0,13 Euro pro kWh.

Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien will Brüssel gegensteuern. Laut Kommission könnten so jene 375 Milliarden Euro eingespart werden, die Europa jährlich für Energieimporte ausgibt. Kritiker bemängeln jedoch, dass dabei ein entscheidender Punkt ausgeblendet wird: Nur ein kleiner Teil dieser Importe wird überhaupt zur Stromerzeugung genutzt – der Großteil fließt in Verkehr, Heizen, Industrie und Rohstoffe.

Vereinfachte Genehmigungen – mit Haken

Kern des Pakets ist eine massive Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Windräder, Photovoltaikanlagen, Netzausbau, Speicherprojekte und Ladeinfrastruktur sollen schneller bewilligt werden. Grenzüberschreitende Netze sollen zusätzlich von EU-Förderungen und bürokratischen Erleichterungen profitieren.

Doch genau hier liegt der Zündstoff. Um diese Beschleunigung zu erreichen, will die EU-Kommission tief ins Subsidiaritätsrecht eingreifen. Bundesländer sollen künftig große Flächen nicht mehr aus umweltbezogenen Gründen – inklusive Landschaftsschutz – für erneuerbare Energieprojekte sperren dürfen. Selbst der Schutz in Natura-2000-Gebieten soll gelockert werden. Ausnahmen sind laut Vorschlag nur beim Kulturerbe vorgesehen.

Kritik aus den Bundesländern

In Österreich regt sich bereits deutlicher Widerstand. Der für Naturschutz zuständige oberösterreichische Landesvize Manfred Haimbuchner (FPÖ) kritisiert den Entwurf scharf: „Österreich ist nicht die dänische Küste. Länder müssen selbst entscheiden, wo Windkraft sinnvoll ist – und wo nicht.“

Für viele Landespolitiker ist klar: Der Ausbau erneuerbarer Energien werde im EU-Paket klar über Bürgerentscheidungen vor Ort, über Länderkompetenzen und über Umwelt- und Landschaftsschutz gestellt. Gleichzeitig eröffne sich für Grundbesitzer, die Flächen für Windräder bereitstellen, ein lukratives Geschäft – finanziert letztlich von den Steuerzahlern.

Bundesregierung hält sich bedeckt

Zurückhaltender äußert sich das zuständige ÖVP-Landwirtschaftsministerium unter Minister Norbert Totschnig. Auf Krone-Anfrage hieß es: „Das heute von der Europäischen Kommission vorgelegte Netzpaket zur Modernisierung der Energieinfrastruktur muss nun im Detail gesichtet und geprüft werden. Dabei ist auch sicherzustellen, dass wir besonders sorgsam mit geschützten Gebieten umgehen. Angesichts der unterschiedlichen Zuständigkeiten wird es eine enge Abstimmung mit den auch verfassungsmäßig zuständigen Bundesländern geben – ebenso wie mit dem für Netzinfrastruktur zuständigen Energieministerium.“

Verhandlungen stehen erst bevor

Der Entwurf des „European Grids Package“ wird nun den Nationalstaaten zur Verhandlung vorgelegt. Klar ist schon jetzt: Die Debatte über Windräder, Landschaftsschutz und nationale Selbstbestimmung dürfte sich weiter zuspitzen. Der Konflikt zwischen EU-Zielen und regionalen Interessen ist damit endgültig eröffnet.