Doch im Umgang mit Medien gehen die Ermittler ähnlich objektiv vor, wie in manchem Ermittlungsverfahren: „Freundliche“ Medien wie Falter, Standard oder „profil“ werden hofiert, während man bei Anfragen des exxpress weniger mitteilsam ist. Und genau in diese Unwucht platzt der jüngste Auftritt des WKStA-Sprechers, der das Selbstverständnis der Behörde offener offenlegt als jeder Ermittlungsakt. Der exxpress stellt der Behörde nun eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz.

Profil-Auftritt: WKStA-Sprecher inszeniert Kuschelkurs mit Investigativblättern

Bei einer Veranstaltung des Magazins profil setzte sich der WKStA-Sprecher auf ein Podium und gab sich selbst die Rolle des staatlichen Ermittlungshelden an der Seite der selbsternannten „Aufdecker“. Seine Eröffnungsformel: Die Journalisten seien „die Aufdecker“ und die WKStA „die Aufklärer“. Diese intime Rollenaufteilung zwischen Medien und Staatsanwälten wirft eine gewaltige Frage auf: Hat die WKStA noch eine Vorstellung von behördlicher Neutralität?

Der Auftritt wird noch pikanter, wenn man bedenkt, dass der Medienerlass des Justizministeriums eigentlich strenge Distanz verlangt. Ob der Sprecher sich vor dem Auftritt die Freigabe des Justizministeriums einholte, bleibt vorerst offen.

Als Draufgabe lieferte der Sprecher noch eine Spitze gegen die „Krone“ ab, indem er mit Bezug auf die historische Herleitung des Begriffs „Kronzeuge“ meinte: „In der Regel sagen Kronzeugen für die Krone aus, nicht dagegen“. Damit spielt er klar auf die Aussage des umstrittenen Kronzeugen Thomas Schmid an.

Für einen Pressesprecher einer Ermittlungsbehörde ist das ein Wortwitz am Abgrund, denn: Wenn ein Vertreter der Justiz so zynisch über Beschuldigte spricht, stellt sich die Frage, wie unvoreingenommen Ermittlungen geführt werden.

PR-Offensive statt Ermittlungserfolge

Parallel zum verstärkten Medienauftritt wächst die Zahl der Presseaussendungen der WKStA rasant. Das Jahr 2025 hält bereits den Rekordwert mit 21 Aussendungen. Im Jahr 2020 waren es hingegen nur 8.

Besonders bemerkenswert ist aber, dass im Jahresbericht 2024 zum ersten Mal Kennzahlen zum Ermittlungserfolg der Behörde fehlten. Keine Zahlen zu Anklagen. Keine zu Einstellungen. Keine zum Verhältnis von Freisprüchen und Schuldsprüchen. Im Jahr davor waren all diese Zahlen noch vorhanden. Warum fehlen sie jetzt?

Die Verurteilungsquote liefert einen möglichen Hinweis. Während alle Staatsanwaltschaften im Jahr 2023 im Schnitt auf 76,3 Prozent kamen, lag die WKStA bei nur 47,4 Prozent. Eine derartige Differenz wäre in jedem Bereich alarmierend, in einer Ermittlungsbehörde jedoch verheerend. Kein Wunder also, dass die Zahlen plötzlich verschwinden (oben 2023, unten 2024):

Screenshot/Jahresbericht WKStA
Screenshot /Jahresbericht WKStA

Rätselhaftes Timing bei STANDARD-Anfrage und WKStA-Aussendung

Ein besonders brisanter „Zufall“ sorgte zuletzt ebenfalls für Stirnrunzeln. Am selben Tag, an dem die WKStA eine Aussendung zu einem Krone-Artikel verbreitete, schickte ein STANDARD-Redakteur eine Frage an den Anwalt von Sebastian Kurz. Der STANDARD fragte, ob es neue Entwicklungen in der Inseratenaffäre gebe. Interessant ist dabei, dass die Anfrage die Aussendung der WKStA nicht erwähnte.

Am Nachmittag veröffentlichte der STANDARD jedoch einen „Exklusiv“-Bericht, der die Inhalte der WKStA-Aussendung zitierte. Wusste der STANDARD etwa vorab von der Aussendung? Der genaue Zeitpunkt der WKStA-Aussendung lässt sich mit öffentlich zugänglichen Zahlen nicht ermitteln. Daher ist unklar, ob der STANDARD tatsächlich vorab von der Behörde informiert wurde. Diese Frage ist es aber wert, gestellt zu werden.

Um auf diese Fragen eine ausführliche Antwort zu erhalten, stellt der exxpress eine Anfrage an die WKStA nach dem Informationsfreiheitsgesetz. Diese müssen laut Gesetz innerhalb von vier Wochen beantwortet werden.

Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz an die WKStA

1. Einstellungsbegründung Gastrogutschein-Affäre

Warum wurde die gesetzlich vorgesehene Einstellungsbegründung zur Gastrogutschein-Affäre der Stadt Wien trotz der am 19. September 2025 veröffentlichten Einstellung des Ermittlungsverfahrens bis heute nicht veröffentlicht?

2. Erstellung und Versand der Presseaussendung zur Kobuk-Krone-Causa

Wann exakt wurde die betreffende Presseaussendung erstellt, intern freigegeben und an Medien versendet?

3. Etwaige Vorabinformationen an einzelne Medien

Hat die WKStA einzelne Medien vor der Versendung über die geplante Aussendung informiert? Wenn ja, welche Medien wurden zu welchem Zeitpunkt kontaktiert und aus welchen Gründen?

4. Umgang mit nichtöffentlichen Mediengesprächen seit 2020

Wurden seit dem Jahr 2020 Mediengespräche geführt, in denen Informationen weitergegeben wurden, die nicht gleichzeitig öffentlich zugänglich waren? Falls ja, mit welchen Medien und zu welchen Anlässen?

5. Hintergrundgespräche mit Journalistinnen und Journalisten

Wie viele Hintergrundgespräche fanden im Jahr 2024 sowie im bisherigen Jahr 2025 statt und welche Medien nahmen daran teil?

6. Mögliche Vorabinformation an den STANDARD

Wurde der Redaktion des STANDARD vor Veröffentlichung des betreffenden Artikels eine Vorabinformation mündlich oder schriftlich erteilt?

7. Genehmigung des Auftritts beim profil-Event

Wurde der Auftritt des WKStA-Pressesprechers bei der Veranstaltung des Magazins profil durch das Bundesministerium für Justiz genehmigt?

8. Bewertung der Aussage „Ihr seid die Aufdecker, wir die Aufklärer“

Wie bewertet die WKStA öffentlich die Aussage ihres Sprechers, die profil-Journalisten seien die Aufdecker und die WKStA die Aufklärer, im Hinblick auf die gesetzlich vorgesehene neutrale und objektive Ermittlungsführung?

9. Fehlende Ermittlungserfolgszahlen im Jahresbericht 2024

Warum wurden im Jahresbericht 2024 – anders als im Jahresbericht 2023 – keine Kennzahlen zu Ermittlungserfolgen wie Anklagen, Freisprüchen oder Einstellungen veröffentlicht?

10. Ressourcen für Öffentlichkeitsarbeit

Wie viele Ressourcen (Personal, Arbeitsstunden, Budget) wurden in den vergangenen drei Jahren für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit aufgewendet und welche Auswirkungen hatte dieser Ressourceneinsatz auf die Bearbeitung laufender Ermittlungsverfahren?