„Entscheidungsträger, Führungskräfte, Forscher und Innovatoren setzen sich dafür ein, Finanzmittel und Ressourcen für gerechte Klimaschutzmaßnahmen freizusetzen“, heißt es in der Begründung.

Doch die Auszeichnung entzündet erneut eine grundsätzliche Debatte, die auch internationale Medien wie Die Welt aufgreifen: Betreibt die Europäische Zentralbank längst Politik, statt sich auf Preisstabilität zu konzentrieren?

„Zentralbanken sollten keine Klimapolitik machen“

Kritik kommt von zahlreichen Ökonomen – und sie fällt deutlich aus. Bereits 2021 warnte der Wirtschaftsexperte Wolfgang Münchau: „Zentralbanker vergessen oft, dass sie nur deshalb unabhängig sind, weil die Gesellschaft einen Konsens gebildet hat, dass das Ziel der Geldpolitik Preisstabilität sein sollte. Sobald man sie mit politischen Zielen überfrachtet, betreibt man Politik.“

Nun meldeten sich mehrere führende Ökonomen erneut zu Wort. Martin Schmalz von der Universität Oxford erklärte: „Man kann für oder gegen Klimapolitik sein – aber Regulierung ist nicht der Job von Zentralbankern.“

Auch Hanno Lustig von der Stanford University mahnte: „Wenn wir die Unabhängigkeit der Zentralbanken schützen wollen, ist es unerlässlich, nicht über die Linien zu malen.“

Der US-Ökonom Vincent Geloso brachte es noch schärfer auf den Punkt: „Zentralbanken. Sollten. Keine. Klimapolitik. Machen.“

Und Quentin Vandeweyer von der Universität Chicago warnte, die EZB ähnele „immer mehr einer politischen Institution, die unter dem Deckmantel der Geldpolitik industrielle Politik betreibt“.

Deutsche Ökonomen schlagen Alarm

Auch in Deutschland sorgt Lagardes klimapolitischer Kurs für Kopfschütteln.

Eckhard Wurzel, Honorarprofessor an der Universität Konstanz, schrieb: „Die EZB sollte sich um Geldpolitik kümmern – das würde sie voll auslasten. Klimapolitik ist Sache von gewählten Politikern, nicht der Zentralbank.“

Unterstützung kam von Jan Schnellenbach, Professor an der Brandenburgischen Technischen Universität, der Wurzels Kritik zustimmte. Wurzel weiter: „Zentralbank-Unabhängigkeit lässt sich mit Geldpolitik begründen, mit Energiepolitik nicht.“

Lagarde zeigt sich unbeeindruckt

Christine Lagarde selbst reagierte auf die Auszeichnung mit Dankbarkeit. „Ich bin zutiefst dankbar, dass ich in die dritte jährliche #TIME100Climate-Liste aufgenommen wurde“, schrieb sie auf X.

„Bei der EZB zeigen wir, dass die Beschleunigung der Energiewende für eine sichere, nachhaltige und bezahlbare Zukunft Europas unerlässlich ist.“ Auch wenn die Kritik laut bleibt, kann sich Lagarde über Anerkennung freuen: Auf LinkedIn sammelte ihr Beitrag über 2.700 positive Reaktionen, und im Time-Ranking wird sie unter den „Titans“ geführt – neben König Charles III.