Doha ist nicht Abu Dhabi – und Katar ist nicht die VAE. Beide Hauptstädte glänzen mit Skylines am Rand der Wüste, politisch jedoch trennen sie Welten. Das sollte auch ein ORF-Korrespondent wissen – aber offenbar nicht. Deshalb hier, ganz kurz, das Grundsätzliche:

ZiB-Moderator Tarek Leitner (r.) interviewt David Kriegleder (l.) zu den Hintergründen von Israels Angriff. Dabei kommt Merkwürdiges zutage.ORF/ZiB 1/Screenshot

Diplomatie: normalisiert vs. nicht vorhanden

Die VAE normalisierten 2020 im Rahmen der Abraham-Abkommen ihre Beziehungen zu Israel und pflegen seither volle diplomatische Kontakte. Katar dagegen: kein Botschafter, kein Austausch. Das israelische Handelsbüro in Doha wurde 2009 geschlossen; während der WM 2022 gab es nur befristete Flüge und Konsularhilfe.

Abu Dhabi (VAE): Etihad Towers – nicht Doha.GETTYIMAGES/Buena Vista Images

Die VAE haben die Muslimbruderschaft verboten und wahren gegenüber dem Iran Distanz. Katar hingegen beherbergt Hamas-Funktionäre (palästinensischer Zweig der Muslimbruderschaft), hält enge Beziehungen zu Teheran – auch wegen des geteilten Gasfelds – und tritt zugleich als wichtiger US-Partner und Vermittler im Nahostkonflikt auf; die VAE äußern sich dazu öffentlich meist zurückhaltend, wenn überhaupt.

Lusail bei Doha (Katar): Katara Towers – Raffles Doha & Fairmont Doha.GETTYIMAGES/Shakeel Sha

ZiB-Auftritt: Aussagen, die stutzen lassen

Dass einem ORF-Journalisten, der regelmäßig über den Nahen Osten berichtet, solche Grundlagen nicht geläufig sind, ist schwer nachvollziehbar. Doch die Ausführungen von David Kriegleder, Leiter des ORF-Büros in Tel Aviv, in der ZiB 1 am Dienstagabend lassen kaum einen anderen Schluss zu.

Leitet seit Juni 2024 das ORF-Korrespondentenbüro in Tel Aviv: David Kriegsleder (Bild).ORF/ZiB 1/Screenshot

Auf die Frage von Moderator Tarek Leitner, was denn Israels Angriff im Kampf gegen die Hamas so außergewöhnlich mache, erklärt Kriegleder zunächst: „Israel hat immer klargemacht, dass es die Hamas-Führer und die Drahtzieher des 7. Oktober zur Strecke bringen wird – egal wo. Deswegen gab es schon in der Vergangenheit Angriffe auf Hamas-Funktionäre im Ausland, im Libanon zum Beispiel und im Iran.“ Soweit, so bekannt.

Kein „neutraler Boden“

Dann wird es heikel: „Neu ist“, fährt der Nahost-Korrespondent fort, „dass Israel zum ersten Mal wirklich auf neutralem Boden zugeschlagen hat.“ Die Formulierung ist irreführend. Katar ist kein neutraler Akteur gegenüber der Hamas, deren Führung es seit Jahren beherbergt. Weil die USA in dem Golfstaat aber mit der Al-Udeid Air Base einen der wichtigsten Stützpunkte ihrer Luftwaffe betreiben, bietet sich Katar gerne als Vermittler an – es ist somit ein Drittstaat und keine Kriegspartei, aber sicher kein „neutraler Boden“.

Geografie-Patzer on air

Kriegleder weiter: Israel habe „auf neutralem Boden zugeschlagen: in Doha, in den Vereinigten Arabischen Emiraten.“ Halt! Doha liegt in Katar, nicht in den VAE. Dass die Hauptstadt der VAE Abu Dhabi heißt, ist so banal, dass man an einen Versprecher denken möchte – doch es kommt noch dicker.

Da passt einiges nicht zusammen – was uns David Kriegleder (ORF) erzählt.ORF/ZiB 1/Screenshot

Auch das stimmt nicht: Katar–Israel ohne Diplomatie

Weiter heißt es: Israel habe „in den Vereinigten Arabischen Emiraten (gemeint war offenbar Katar), einem Vermittlerstaat in diesem Konflikt, und noch dazu einem Land, das schon seit einigen Jahren diplomatische Beziehungen mit Israel unterhält“, zugeschlagen. Wie bitte? Katar vermittelt zwar – diplomatische Beziehungen zu Israel hat es hingegen noch nie aufgenommen.

Zweifacher Ärger vorprogrammiert

Am Küniglberg müsste jetzt gleich zweimal das Telefon klingeln, denn die Botschaften zweier arabischer Staaten haben allen Grund zum Protest. Weder nehmen die VAE hin, dass Doha zu ihrer „Hauptstadt“ erklärt wurde, noch akzeptiert Katar die ihm unterstellten diplomatischen Beziehungen zu Israel.

Wer Katar und die VAE vermengt, konstruiert am Ende einen vermeintlich „neutralen Boden“, der mit beiden Seiten Beziehungen unterhält. Völkerrechtlich ist das dennoch nicht „neutral“ – doch dieses Fantasiegebilde passt ohnehin besser zu „Alice im Wunderland“ als in den Nahen Osten.

Erst Karte lesen, dann senden

Wer Geopolitik erklären will, muss die Landkarte kennen. Dass ein ORF-Korrespondent bei solchen grundlegenden Dingen patzt, bleibt schwer nachvollziehbar.

Nach diesem Interview – finanziert aus dem ORF-Beitrag – bleibt nur Kopfschütteln. Erst Landkarte lesen, dann senden!