Kurz vor seinem bevorstehenden Rückzug als Wiener Erzbischof überrascht Kardinal Christoph Schönborn mit unerwarteten Aussagen: In der ORF-Pressestunde am ersten Adventsonntag fand er lobende Worte für FPÖ-Chef Herbert Kickl. In Bezug auf dessen umstrittene Rolle als Innenminister erinnerte Schönborn an eine konkrete Situation: “Als ich ihn um eine menschliche Lösung für Migranten aus dem Iran gebeten habe, haben sie alle Asylstatus bekommen.”

Die Amtszeit des 78-jährigen Kardinals endet offiziell Ende Jänner 2024, nach fast drei Jahrzehnten an der Spitze der Erzdiözese Wien. In seiner Rückschau betonte Schönborn, dass er trotz ideologischer Differenzen den Dialog über politische Lager hinweg fördern wolle. “Es ist wichtig, dass wir einander nicht verteufeln”, so der Kardinal.

Auf Kritik an der FPÖ und deren christlich inspirierten Wahlkampfslogans wie “Euer Wille geschehe” ging Schönborn nicht näher ein. “Ich will als Bischof nicht der Belehrer der Nation sein”, sagte er. Stattdessen rief er zu einer sachlichen Diskussion über Migration auf und sprach sich für europaweite Lösungen aus.

"Das islamische Konzept von Identität, von Staat und Religion ist für uns in dieser Form nicht mehr akzeptabel"

Ein Schwerpunkt seiner Bilanz war die Frage der Migration. Während er die Notwendigkeit von Zuwanderung für die österreichische Wirtschaft hervorhob, betonte er zugleich die Verantwortung der Migranten, sich an die demokratischen Grundwerte des Landes zu halten “Das islamische Konzept von Identität, von Staat und Religion ist in dieser Form für uns nicht akzeptabel”, stellte Schönborn klar. Muslime müssten sich als Bürger Österreichs verstehen, wobei er auf die historischen Lernprozesse der katholischen Kirche im Hinblick auf die Trennung von Kirche und Staat verwies.