Zwangsehen weiterhin erlaubt: Eheverbot für Minderjährige bleibt aus
Das von der schwarz-grünen Regierung groß angekündigte Eheverbot für Personen unter 18 Jahren wird nun doch nicht umgesetzt. Die beiden Regierungsparteien schieben sich gegenseitig die Schuld für dieses Versäumnis zu.
Im Regierungsprogramm hatten sich die ÖVP und die Grünen ursprünglich vorgenommen, Maßnahmen gegen Kinder- und Zwangsehen zu ergreifen. Im August, mitten im Wahlkampf, kündigte die Regierung schließlich groß an, ein Heiratsverbot für Personen unter 18 Jahren einzuführen, um Zwangsehen, insbesondere bei jungen Mädchen, zu verhindern. Doch jetzt steht fest: Dieses Vorhaben wird doch nicht realisiert. Rund zwei Monate nach der Ankündigung und der Nationalratswahl scheint die Abschaffung der Ehe-Ausnahmen vom Tisch zu sein, wie der ORF-Radiosender “Ö1” am Freitag berichtete.
ÖVP und Grüne schieben sich in Frage der Untätigkeit Schuld zu
Wer die Verantwortung für das Ausbleiben des Vorhabens trägt, darüber streiten sich die ÖVP und die Grünen. Konkret schieben sich das Familienministerium unter Susanne Raab (ÖVP) und das Justizministerium unter Alma Zadić (Grüne) gegenseitig die Schuld zu. Aus dem Büro von ÖVP-Familienministerin Susanne Raab wurde gegenüber “Ö1” erklärt, dass das grüne Justizministerium für die gesetzliche Umsetzung zuständig gewesen sei. Das “Einlenken der Grünen im Wahlkampf” sei zu spät gekommen, um noch einen Beschluss zu fassen.
Die Grünen sehen das jedoch anders: Grünen-Justizsprecherin Agnes Prammer betonte gegenüber dem Radiosender, dass diese Darstellung nicht zutreffe. Das Eheverbot sei Teil eines umfassenden Familienrechtspakets gewesen, das jedoch immer wieder vonseiten der ÖVP verzögert worden sei. Die Volkspartei habe vielmehr “diese eine Bestimmung”, also das Eheverbot für Personen unter 18, herausgegriffen und Mitte August als Einigung präsentiert. Die Grünen hätten alle notwendigen Unterlagen für einen Beschluss rechtzeitig bereitgestellt, doch die ÖVP sei nicht bereit gewesen, eine Sondersitzung im Herbst einzuberufen.
100 Zwangsehen in Österreich jährlich
Eines ist klar: Die schwarz-grüne Regierung hat es in den vergangenen Jahren versäumt, aktiv gegen dieses Problem vorzugehen, das sich in den europäischen Ländern infolge der Einwanderungswelle nachweislich verschärft hat. Eine aktuelle Studie der Caritas und der NGO “Orient Express” zum Thema Zwangsehen liefert alarmierende Zahlen: In Österreich werden jährlich mindestens 100 bestätigte Fälle gemeldet, wobei die Dunkelziffer vermutlich noch deutlich höher ist. In den meisten Fällen sind Frauen betroffen, und die Mehrheit von ihnen ist unter 16 Jahren alt.
Derzeit ist es in Österreich jedoch noch möglich, dass Minderjährige ab 16 Jahren heiraten, sofern die Eltern zustimmen. Durch diese absurde Rechtssituation sind Kinderehen in Österreich also weiterhin gesetzlich erlaubt. Erst diese Woche soll es im Zuge eines Familienstreits in Wien-Landstraße um die Hochzeit eines erst 15-jährigen Mädchens zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen mehreren Männern gekommen sei. Dabei zog ein 18-jähriger Syrer plötzlich ein Messer und attackierte einen 32-Jährigen, dem er Schnittverletzungen an beiden Unterarmen zufügte.
Kommentare