Donald Trump (77) droht eine – wenngleich unwahrscheinliche – mehrjährige Freiheitsstrafe, die auch zur Bewährung ausgesetzt werden könnte, oder eine Geldstrafe. Der Republikaner kann Berufung einlegen – und selbst bei einer rechtskräftigen Verurteilung bei der Präsidentenwahl im November antreten. Trump bezeichnete seine Verurteilung in einer ersten Reaktion als “Schande”, den Prozess als “Farce” und den Richter als “korrupt”. Er werde weiter kämpfen, das “wirkliche Urteil” werde bei der US-Präsidentenwahl im November fallen. Sein Anwalt kündigte an, “so schnell wie möglich”, also nach Verkündung des Strafmaßes, Berufung einzulegen.

Der republikanische Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, nannte das Urteil “falsch” und “gefährlich” “Heute ist ein beschämender Tag in der amerikanischen Geschichte”, schrieb er auf der Plattform X. Es habe sich um eine “politische Übung” gehandelt, keine juristische. Die Entscheidung sei ein weiterer Beweis dafür, dass die Demokraten vor nichts zurückschreckten, um abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen und ihre politischen Gegner zu vernichten, so Johnson weiter. Trump werde gegen das “absurde” Urteil klagen und siegen.

Der Schlüsselzeuge der Anklage, Michael Cohen, begrüßte das Urteil gegen seinen früheren Chef. Der Ex-Anwalt Trumps sprach im Onlinedienst X am Donnerstag von einem “wichtigen Tag” für die Rechtsstaatlichkeit. Es sei eine schwierige Reise für ihn uns seine Familie gewesen, aber “die Wahrheit ist immer wichtig”. Cohen hatte in dem Prozess ausgesagt, Schweigegeld mit dem Einverständnis Trumps gezahlt zu haben. Dieses bekam er laut Anklage vom Trump-Konzern getarnt als Anwaltskosten zurück.

Das Wahlkampfteam von US-Präsident Joe Biden bezeichnete Trump als “verurteilten Straftäter”. “Wir haben heute in New York gesehen, dass niemand über dem Gesetz steht. Donald Trump hat immer fälschlicherweise geglaubt, dass er nie mit Konsequenzen rechnen muss, wenn er das Gesetz zu seinem persönlichen Vorteil bricht”, heißt es in einer Mitteilung. “Es gibt nach wie vor nur eine Möglichkeit, Donald Trump aus dem Oval Office zu vertreiben: an der Wahlurne. Ob verurteilter Verbrecher oder nicht, Trump wird der republikanische Präsidentschaftskandidat sein.”

Die Staatsanwaltschaft hatte Trump vorgeworfen, er habe seine Aussichten auf einen Erfolg bei der Präsidentschaftswahl 2016 durch die Zahlung von 130.000 Dollar Schweigegeld an die Pornodarstellerin Stormy Daniels verbessern wollen und den Geldfluss anschließend unrechtmäßig verbucht. Dazu hatten die sieben Männer und fünf Frauen der Jury seit Mitte April die Aussagen von mehr als 20 Zeuginnen und Zeugen angehört.

Donald Trump bezeichnet das Urteil als „Schande“, gab sich aber kurz nach der Urteilsverkündung bereits wieder kämpferisch.Reuters

Obwohl die – von keiner Seite bestrittene – Zahlung selbst nicht illegal war, soll Trump bei der Erstattung des Betrags an Cohen Unterlagen manipuliert haben, um den wahren Grund der Transaktion zu verschleiern. Dadurch habe er sich der illegalen Wahlkampf-Finanzierung in 34 Fällen schuldig gemacht. Trumps Anwälte hatten argumentiert, es habe sich um gewöhnliche Anwaltshonorare gehandelt.

Das Urteil dürfte sich auch auf den gegenwärtigen Wahlkampf in den Vereinigten Staaten auswirken – die Frage dabei ist aber: wie stark und zu wessen Vorteil? Trump versucht den Fall in einen persönlichen Vorteil umzumünzen und seine Anhängerschaft zu mobilisieren, indem er sich als Opfer einer politisch motivierten Justiz inszeniert. Die erste strafrechtliche Verurteilung eines ehemaligen US-Präsidenten dürften viele Wähler jedoch als Schande verstehen.

Amtsinhaber Biden wiederum, der im November wiedergewählt werden möchte, scheint von der Prozessserie gegen seinen Herausforderer bisher nicht erkennbar zu profitieren. Neueste Umfragen deuten eher darauf hin, dass das Urteil für viele Amerikaner wenig an ihrer Wahlentscheidung für den 5. November ändern dürfte. Einfluss könnte aber das Strafmaß haben – vor allem für den eher unwahrscheinlichen Fall einer Haftstrafe.

Der Prozess fand unter beispiellosem medialem Interesse und strengsten Sicherheitsvorkehrungen in Downtown Manhattan statt. US-Medien hatten das Ereignis in Manhattan begleitet wie ein großes Sportereignis und aus dem Gerichtssaal, in dem keine TV-Aufnahmen erlaubt waren, im Minutentakt zitiert. Trump nutzte den Prozess und den Medienauflauf für den Wahlkampf und monologisierte vor Gerichtssaal 1530 häufig wütend über das seiner Meinung nach politisch motivierte Verfahren. Zudem verwandelte er den Prozess in einen Loyalitätstest für seine republikanische Gefolgschaft. Neben Johnson kamen auch Bewerber für das Amt des Vize-Präsidenten wie Senator J.D. Vance und Geschäftsmann Vivek Ramaswamy angereist. Auch Trumps Kinder Eric, Donald Junior und Tiffany waren im Gerichtssaal. Neben der Abwesenheit von Tochter Ivanka fiel aber vor allem auf, dass Ehefrau Melania Trump ihre öffentliche Unterstützung verweigerte.