Neue Geschlechtertests könnten Aus für „männliche Boxerin" bedeuten
Der Box-Weltverband World Boxing sorgt kurz vor der Weltmeisterschaft in Liverpool für Aufregung: Alle Boxerinnen müssen ab sofort ihr Geburtsgeschlecht per PCR- oder Gentest nachweisen. Für die männliche Olympiasiegerin Imane Khelif könnte das schwere Konsequenzen haben.
Die Algerierin Imane Khelif wurde schon bei der WM 2023 ausgeschlossen, da sie laut DNA-Test XY-Chromosomen habe.IMAGO/Newscom World
Nur knapp zwei Wochen vor Beginn der Weltmeisterschaften in Liverpool (4.–14. September) sorgt der Box-Weltverband World Boxing für einen Paukenschlag: Alle Boxerinnen, die an den Start wollen, müssen einen verpflichtenden Geschlechtertest ablegen, berichtet die deutsche Tageszeitung Welt.
In einer Pressemitteilung begründet der Verband die Einführung der Regel so: „Die Richtlinie soll die Sicherheit aller Teilnehmer gewährleisten und gleiche Wettbewerbsbedingungen für Männer und Frauen schaffen“.
Wie die Tests ablaufen sollen
Die Bestimmungen sind eindeutig: Alle Athletinnen über 18 Jahre müssen sich einmalig einem PCR-Test oder einem medizinisch gleichwertigen genetischen Screening-Test unterziehen. Damit soll das Geburtsgeschlecht festgestellt werden. Ohne dieses Ergebnis gibt es keine Starterlaubnis. Die Regelung gilt seit einigen Tagen.
Erarbeitet wurde die neue Richtlinie von einer Arbeitsgruppe aus der medizinischen Abteilung und dem Anti-Doping-Komitee von World Boxing. Hinzugezogen wurden auch Experten. „Rechtliche, gesellschaftliche und sportliche Entwicklungen im Zusammenhang mit der Frage der Geschlechtseignung“ wurden analysierten.
Der Olympia-Skandal als Auslöser
Die Entscheidung ist eine direkte Reaktion auf die hitzige Debatte, die bei den Sommerspielen 2024 in Paris im Juli weltweit für Schlagzeilen gesorgt hatte. Im Mittelpunkt standen damals die Boxerinnen Imane Khelif (Algerien) und Lin Yu-ting (Taiwan).
Beide waren nach Geschlechtertest vom Verband Iba, der vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) nicht mehr anerkannt wird, von der WM 2023 ausgeschlossen worden – mit der Begründung, sie erfüllten die Teilnahme-Kriterien nicht und hätten gegenüber anderen Boxerinnen „Wettbewerbsvorteile“. Das IOC kritisierte diese Entscheidung jedoch als „willkürlich“ und ohne „ordnungsgemäßes Verfahren“. Die Folge: Khelif und Lin durften in Paris starten – und holten prompt beide die Goldmedaille.
Die Debatte erreichte damit eine neue Dimension: Für die einen war der Ausschluss von Khelif und Lin ein klarer Fall von Diskriminierung. Für die anderen ein Beispiel dafür, dass die Regeln, wer in der Frauenkategorie starten darf, nicht klar genug definiert seien.
IOC vs. World Boxing – zwei unterschiedliche Linien
Während das IOC bei den Sommerspielen klar auf das im Pass eingetragene Geschlecht setzte, geht World Boxing nun einen Schritt weiter: Das Geburtsgeschlecht wird über medizinische Tests überprüft. Damit setzt der Verband, der im Februar vom IOC als Partner anerkannt wurde, eine neue Linie. Bei den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles wird World Boxing die volle Verantwortung für das olympische Boxprogramm übernehmen.
Das sorgt bereits jetzt für Spekulationen, wie betroffene Athletinnen reagieren werden. Ob Imane Khelif sich dem Test tatsächlich unterziehen wird oder ob es zu juristischen Auseinandersetzungen kommt, ist derzeit offen.
Kommentare