Es war der 26. Juni – das letzte Gruppenspiel der Fußball-EM (Türkei gegen Tschechien) war kurz vor dem Abpfiff. Da stach Saleh Al H. in der Stuttgarter EM-Fanzone wahllos zu – verletzte drei Personen zum Teil schwer. “Zuwanderung begrenzen” war die Forderung des CDU-Landeschefs Manuel Hagel. Doch die Debatte über die Sicherheit der Fußball-EM blieb aus.

"Auseinandersetzung" war gezielter Angriff

Neue Recherchen der “Welt” belegen: Die Behörden kommunizierten über den mutmaßlich islamistischen Terror nur begrenzt; in ersten Polizeimeldungen war sogar nur von einer “Auseinandersetzung” zu lesen, welche eskaliert sein soll. Doch heute stelle sich der Fall ganz anders da. Saleh Al H. stach unvermittelt und ohne vorherige Kommunikation zu.

Das Innenministerium war daran interessiert, dass der Anschlag keine großen Wellen schlägt. Man will nicht vertuschen, aber hielt sich bedeckt, erfuhr die “Welt” aus Sicherheitskreisen.

"Keine Hinweise auf islamistisches Tatmotiv"

“Es liegen derzeit keine Hinweise auf ein islamistisches Tatmotiv vor”, teilt die zuständige Staatsanwaltschaft der Zeitung mit. “Der Beschuldigte ist bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten.” Doch das stimmt nicht. Im ehemaligen Wohnort, Besigheim nahe Stuttgart, hat Al H. mehrfach Menschen attackiert.

Al H. wohnte in einer Flüchtlingsunterkunft am Ortsrand. Ehemalige Mitbewohner berichten gegenüber der Welt, dass er sich mehrfach am Tag zum Beten zurückgezogen habe. Und er sei öfter ausgetickt und habe auch schon mal zum Messer gegriffen. Nach einem Angriff auf seinen Zimmernachbarn – er prügelte mit einem Kaffeekocher auf ihn ein – wurde Al H. innerhalb der Unterkunft in ein anderes Gebäude verlegt. Zeugen berichten, dass der Täter glaubte, sein Zimmernachbar wollte sich vom Islam abwenden.

Am Besigheimer Bahnhof hat Al H. den Besitzer eines Imbisses mit dem Messer bedroht, nachdem dieser Geld von ihm für bestellte Ware verlangte. All diese Vorfälle waren der Polizei bekannt, doch Saleh Al H. blieb auf freiem Fuß.