Von Anfang an war klar, dass Kamala Harris sichtlich nervös war. Bereits beim Handschlag wirkte sie unsicher und unvorbereitet. Sie stellte sich Donald Trump sogar mit ihrem Namen vor.

Nervöse Harris – der erste Eindruck bleibt

Ihre Körpersprache verriet viel: Ein trockener Mund und ein fehlender authentischer Auftritt prägten den Beginn. Diese Nervosität legte sich im Laufe der Debatte, doch der erste Eindruck war gemacht – und dieser bleibt häufig im Gedächtnis der Zuschauer haften.

Trump diszipliniert und kontrolliert

Donald Trump hingegen zeigte sich, wie schon beim ersten Duell, für seine Verhältnisse diszipliniert und kontrolliert. Sein Hauptaugenmerk lag auf zwei großen Themen: Inflation und illegale Migration.

Trump machte klar, dass die Politik der Biden-Harris-Administration maßgeblich zur aktuellen Wirtschaftsentwicklung beigetragen habe, die viele Amerikaner als negativ beschreiben. Er versicherte, dass er mit Zöllen gegen China amerikanische Jobs schützen würde. “Amerikaner werden nicht zahlen, China wird zahlen”, versprach er.

Harris: Trump hat keinen Plan

Kamala Harris versuchte, Trumps Argumente zu kontern, indem sie darauf hinwies, dass seine Präsidentschaft mit hoher Arbeitslosigkeit und eine Gesundheitskrise endete. Tatsächlich endete die Präsidentschaft von Trump in der Covid-Zeit. Vor der Covid-Zeit war die Arbeitslosigkeit in den USA sehr stark gesunken und die Reallöhne so stark gestiegen, wie seit Jahrzehnten nicht mehr in den USA.

Harris betonte wiederholt, dass Trump keinen konkreten Plan habe, um die USA aus der Krise zu führen. Zudem griff sie ihn direkt an, indem sie ihn als jemanden darstellte, der “nur für die Reichen” Politik mache. Um dies zu belegen, zitierte sie dann Goldman Sachs – eine der größten amerikanischen Banken.

Trump und Harris im Studio des US-Senders ABC.IMAGO/ZUMA Press Wire

Harris und die Abtreibungsfrage

Einer der kontroversesten Momente des Abends drehte sich um das Thema Abtreibung. Trump kritisierte Harris scharf für ihre liberale Haltung. Er warf ihr vor, Abtreibungen im neunten Monat zu befürworten. Harris verzichtete auf diesen Vorwurf zu antworten.

Harris, die sich für das Recht auf Abtreibung einsetzte, wies darauf hin, dass dies eine Entscheidung sei, die Frauen für sich selbst treffen müssten. Sie behauptet, dass Trump ein nationales Abtreibungs-Verbot plane, was dieser weit von sich wies und erklärte, dass das gesamte Abtreibungsthema ein Thema für die Bundesstaaten sei.

Trump: Harris ist eine "Marxistin"

Ein weiteres Thema, das die Debatte dominierte, war die ideologische Ausrichtung beider Kandidaten. Trump beschrieb Harris als “Marxistin”.

Er verpasste dabei die Möglichkeit auf Harris Steuerpläne und ihre Wirkung auf die Wirtschaft hinzuweisen. Ebenso hätte die Chance bestanden das Thema Wirtschaft deutlich positiver für ihn zu besetzen. Es ist das Thema, bei dem Trump die positivsten Umfragewerte hat.

Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump.IMAGO/USA TODAY Network

Der Schatten des 6. Januar

Ein weiterer Höhepunkt war die Diskussion über den 6. Januar 2021 und den Angriff auf das Kapitol.

Der Moderator fragte Trump direkt nach seiner Rolle an diesem Tag. Trump verteidigte sich, indem er sagte, dass er stets zu friedlichen und patriotischen Protesten aufgerufen habe. Er wiederholte auch seine Position, dass er die Wahl 2020 nicht verloren hätte. Ein Debattenpunkt, den er kaum für sich persönlich nutzen kann.

Harris jedoch attackierte ihn scharf und bezeichnete ihn als Hauptverantwortlichen für die Gewalt, die am 6. Januar ausbrach. “Er hat den Mob losgetreten”, sagte sie und warnte vor weiteren Angriffen auf die Demokratie.

Außenpolitik: Ukraine und Afghanistan

Trump argumentierte, dass der Krieg im Nahen Osten und der Ukraine nicht stattgefunden hätte, wenn er Präsident wäre.

Er behauptet die Schmach der Flucht aus Afghanistan vor den Augen der Welt sei der Grund gewesen, warum Putin die Chance genutzt habe die Ukraine anzugreifen. Die USA seinen schwach und die ganze Welt würde sie lachen.

Trump wiederholte, dass er den Krieg in der Ukraine noch vor seinem Amtsantritt lösen würde, in dem er mit Putin und Zelensky sprechen werde. Das Sterben in der Ukraine sei sinnlos. Er warnte eindringlich vor einem dritten Weltkrieg mit Nuklear-Waffen.

Harris hingegen betonte, dass Trump Diktatoren bewundere und dass seine chaotische Außenpolitik die USA geschwächt habe. “Wenn Trump Präsident wäre, würde Putin heute in Kiew sitzen”, warnte sie eindringlich.

Energiepolitik und Fracking

Ein weiteres Streitthema war die Energiepolitik. Trump kritisierte Harris dafür, dass sie in der Vergangenheit Fracking verbieten wollte, während sie sich nun dagegen aussprach. Er versprach, die Ölproduktion wieder anzukurbeln. Harris versuchte, ihre Position zu verteidigen, doch Trumps Angriff auf ihre inkonsistente Haltung hinterließ Eindruck. Dieses Thema ist insbesondere in dem wichtigen Swing-State Pennsylvania von großer Bedeutung.

Harris stellte dar, dass sie die Energieversorgung diversifizieren wolle, damit die USA nicht mehr von ausländischem Erd-Öl abhängig sei, dabei sind die USA mittlerweile ein Netto-Erdöl-Exporteur.

Trump schwach beim Thema Krankenversicherung

Trump wurde auf seine Ankündigung von vor der 1. Präsidentschaft, Obama-Care abzuschaffen und durch ein neues Krankenversicherungssystem zu ersetzen, angesprochen. Er konnte keine neue Lösung präsentieren und beschränkte sich darauf festzustellen, dass das aktuelle System schlecht und teuer sei. Als er bei dem Thema in die Enge getrieben wurde, sagte er nur, dass er “Konzepte für Pläne” habe und man bald von diesen hören würde.

Kritik an einseitigen Moderatoren

Zwischenzeitlich hatte man den Eindruck, dass Donald Trump nicht nur gegen Kamala Harris antrat, sondern auch gegen die Moderatoren, die nur die Aussagen von Trump “factcheckten”, aber kein einziges Mal die Aussagen von Harris.

Ebenso waren die Fragen der Moderatoren oftmals direkte Angriffe gegen Trump, während die Politikwechsel von Harris nicht hinterfragt wurden. Trump verpasste es dies in der Debatte zu thematisieren.

Kein klarer Gewinner, aber spannende Dynamik

Am Ende dieses intensiven Duells hinterließen beide Kandidaten gemischte Eindrücke.

Harris konnte sich zwar inhaltlich positionieren, wirkte jedoch zu Beginn nervös und öfters unsicher. Sie versuchte an die Emotionen der Amerikaner zu appellieren und ein positives Bild zu zeichnen. Doch auch sie griff Trump durch die Debatte hin persönlich an.

Trump hingegen agierte disziplinierter als in früheren Debatten, verpasste jedoch einige Gelegenheiten, um entscheidende Punkte zu machen. Nur in seinem Schlussstatement stellte er die Frage, warum Harris all das was sie heute verspricht, nicht die letzten 3 1/2 Jahre schon umgesetzt hätte.

Ein klarer Gewinner lässt sich nicht ausmachen. Wirklich neue Erkenntnisse brachte das Duell nicht. Nach der Debatte sehen die Wettmärkte Harris etwas im Aufwind, während Trumps Chancen leicht gesunken sind. Es bleibt spannend, wie sich dieses Rennen weiterentwickeln wird. Klar ist jedoch, dass die kommenden Wochen entscheidend für beide Kandidaten sein werden. Harris fordert bereits ein zweites TV-Duell.

Die Analyse des TV-Duells zwischen Donald Trump und Kamala Harris gibt es auch auf exxpress live – hier zum Nachsehen: