Sahra Wagenknecht möchte mit ihrer neuen Partei politikverdrossene Bürger ansprechen, die von der Ampelregierung enttäuscht sind. „Immer mehr Menschen in unserem Land sind politisch heimatlos geworden“, erklärte sie beim ersten Parteitag unter dem Beifall von knapp 400 Delegierten. Es gebe viel „Empörung und Wut“ – und das offensichtlich ganz besonders in Sachsen-Anhalt, wie eine neue Sensationsumfrage zeigt.

V.l.n.r: Amira Mohamed Ali, Sahra Wagenknecht und ihr Ehemann Oskar Lafontaine zu Beginn des ersten Parteitags der neuen Linkspartei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) am 27. Jänner in Berlin.APA/AFP/John MACDOUGALL

In diesem mitten in Deutschland befindlichen Bundesland käme das Bündnis Sahra Wagenknecht aus dem Stand heraus auf unglaubliche 23 Prozent. Damit würde es Platz drei belegen, nur wenige Prozentpunkte hinter CDU und AfD. Das ergab eine  neue Online-Umfrage mit 1000 Teilnehmern des Instituts Wahlkreisprognose. Für die Union stimmten 28,5 Prozent der Befragten, für die AfD 27,5 Prozent – womit wir bei der nächsten Überraschung sind: Die rechte Oppositionspartei AfD erleidet durch den Antritt des neuen Bündnisses offenbar keinerlei Verluste.

Alle Parteien verlieren – außer die AfD

Bei der vergangenen Wahl vom Juni 2021 kam die AfD noch auf 20,8 Prozent. Seither konnte sie in den Umfragen kontinuierlich zulegen. Durch das Antreten des Bündnisses Sahra Wagenknecht erleidet sie keinen Einbruch. Der Rückhalt bei den Wählern scheint augenblicklich sehr stabil zu sein. Sahra Wagenknecht punktet dafür umso stärker bei den Wählern der anderen Parteien.

Wagenknecht spricht von einer gewaltigen Wut der Bürger auf die jetzige Politik. An sie wendet sie sich – in Sachsen-Anhalt offenbar mit Erfolg.APA/dpa/Kay Nietfeld

Die CDU konnte bei der letzten Landtagswahl noch 37,1 Prozent der Wähler überzeugen. Sie stürzt in der neuesten Umfrage um 8,6 Prozent ab. Noch verheerender ist das Antreten des Bündnisses Sahra Wagenknecht für die drei Ampelparteien SPD, Grüne und FDP: Sie verlieren gegenüber der vorigen Landtagswahl zwar „nur“ 1,4 Prozent (Grüne) bzw. 2,4 Prozent (FDP) oder im Falle der SPD sogar 3,9 Prozent – doch diese Verluste bringen sie um den Einzug in den Landtag. Mit anderen Worten: Alle drei Regierungsparteien Deutschlands scheitern in der neuen Umfrage an der Sperrklausel von fünf Prozent und verpassen damit den Einzug in den Landtag in Sachsen-Anhalt.

Die CDU als einzige Altpartei bleibt übrig

Massiv sind die Verluste – wenig überraschend – auch für die Linke, also jene Partei, der Sahra Wagenknecht mit ihrer Parteigründung den Rücken gekehrt hat. Die Linke fällt von elf auf 3,5 Prozent und würde somit ebenfalls keine Sitze mehr im Landtag erhalten. CDU, AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht würden hingegen – in dieser Reihenfolge – 30, 29 und 24 Sitze ergattern.

Sahra Wagenknecht hofft auf einen „Aufbruch“ im gegenwärtigen „Umbruch“.APA/AFP/JOHN MACDOUGALL

Fazit: Das Antreten des neuen Bündnisses von Sahra Wagenknecht würde in Sachsen-Anhalt zu einem Kahlschlag in der deutschen Parteienlandschaft führen: Abgesehen von der CDU bliebe keine einzige deutsche Partei übrig, die älter als die im Jahr 2013 gegründete AfD ist.

In Kürze wird mit der Werteunion eine weitere Partei in den Ring steigen. Sie dürfte vor allem der Union Stimmen wegnehmen, wobei noch völlig unklar ist, in welchem Ausmaß. Fakt ist: In Deutschland entstehen neue Parteien, möglicherweise beginnt ein tiefgreifender Wandel. Bis zur nächsten Landtagswahl – voraussichtlich im Frühjahr 2026 – ist aber noch etwas Zeit. Sahra Wagenknecht hielt vor den Partei-Delegierten fest: Die Frage sei, „mündet der Umbruch in Aufbruch oder in die Katastrophe“.