Es war ein Terroranschlag vor laufender Kamera. In der südiranischen Millionenstadt Schiras haben Terroristen mindestens 15 Menschen an der schiitischen Heiligstätte Schah Tscheragh getötet. Außerdem sollen Dutzende weitere Menschen verletzt worden sein, berichtete das iranische Staatsfernsehen am Mittwoch. Die Täter konnten noch nicht gefasst werden.

Laut Augenzeugen gab es rund um den Schrein ein großes Aufgebot an Polizei und Sicherheitskräften. Die Terrormiliz »Islamischer Staat« (IS) reklamierte den Anschlag auf einem Telegram-Kanal für sich. Immer wieder verüben sunnitische Dschihadisten in der islamischen Welt Angriffe auf schiitische Muslime, die sie als Abtrünnige des Islam bezeichnen und verachten. In Iran sind solche Anschläge aber sehr ungewöhnlich. Der iranische Präsident Ebrahim Raisi verurteilte den Anschlag und kündigte Vergeltung an.

Einer der Terroristen wurde beim Anschlag auf die Heilige Stätte von einer Kamera gefilmt

Offenbar stand der Anschlag nicht im Zusammenhang mit den Massenprotesten in Iran nach dem Tod der 22 Jahre alten iranischen Kurdin Mahsa Amini Mitte September. Auch am Mittwoch, 40 Tage nach ihrem Tod, waren im ganzen Land zahlreiche Menschen auf die Straßen gegangen. In Iran wird nach dem Tod eines Familienmitglieds traditionell 40 Tage lang getrauert. Zuvor hatten Aktivisten anlässlich des Trauertags zu landesweiten Protesten aufgerufen.

In mehreren Städten soll die Polizei Berichten zufolge auf Demonstranten geschossen haben. In der iranischen Hauptstadt Teheran gingen Sicherheitskräfte mit Tränengas gegen eine Demonstration von Ärzten vor. Gegen Abend kamen in Teheran Massen von Menschen zusammen, um gemeinsam auf der Straße zu singen, ebenfalls ein Ausdruck des Protests gegen das theokratische Regime. Dabei verzichteten viele Frauen darauf, das verpflichtende Kopftuch zu tragen.