Auch am Tattag, am Abend des 28. Februar gerieten Mutter und Sohn wieder einmal wegen einer Kleinigkeit in heftigen Streit. Der Bursch wollte sich von einem Lieferservice Essen in die Wohnung nach Liesing bringen lassen. Seine Mutter aber war strikt dagegen.

Es sollte ihr Todesurteil werden. Voller Wut nahm der Sohn ein Brotmesser aus der Küche, rammte es der Mutter drei Mal in den Körper. Elf Zentimeter tief in den Nacken, zwei weitere Male in Hals und Schulter. Die Brusthöhle des Opfers wurde geöffnet, die Arterie zertrennt. Die Mutter verblutete. Sie hat mich beschimpft, da habe ich das Messer genommen und einfach zugestochen. Es war blinde Wut, aber ich wollte sie nicht töten.”

Bei einem Blick in die Vorgeschichte kommen Zweifel auf. Der Bursch galt bei den Behörden als Hochrisikofall. Die Mutter soll von der Polizei mehrmals vor ihrem Sohn gewarnt worden sein, da ein Gewaltverbrechen befürchtet wurde. Dreimal war über ihn in Bezug auf den Wohnsitz der Mutter ein Betretungs- und Annäherungsverbot verhängt worden. Die verpflichtenden Beratungstermine für Gewalttäter nahm der Sohn nicht wahr. Im Juli 2022 hatte die Mutter ihn wegen gefährlicher Drohung angezeigt, sie hatte sich im Schlafzimmer eingeschlossen, nachdem dieser sie mit dem Umbringen – er kündigte an, er werde sie mit einem Messer “aufschlitzen” – bedroht hatte. Das Ermittlungsverfahren musste damals eingestellt werden, weil die Mutter von ihrem Entschlagungsrecht Gebrauch machte und nicht gegen ihren Sohn aussagen wollte.

Urteil bereits rechtskräftig

Dieser Verantwortung folgten die Geschworenen mehrheitlich nicht. Der Schuldspruch erfolgte mit 6:2 Stimmen im Sinn der Anklage. “Es ist wieder ein Femizid. Es ist wieder eine Frau umgebracht worden”, hielt die vorsitzende Richterin Nicole Baczak in der Urteilsbegründung fest. Und in Bezug auf das vom Angeklagten ins Treffen geführte Motiv merkte die Richterin noch an: “Ich wüsste keinen banaleren Grund.”

Das Urteil ist bereits rechtskräftig. Der Mann nahm die Strafe noch im Gerichtssaal an. Darauf hin verzichtete auch der Staatsanwalt auf Rechtsmittel.

Gutachterin fürchtet Begehung weiterer schwerer Straftaten

Zu dem tödlichen Angriff dürfte es im Badezimmer und für die Mutter überraschend gekommen sein. Sie trug im Tatzeitpunkt ein Nachthemd und war offenbar kurz davor, zu Bett zu gehen. Nach der Tat lief der Sohn der Frau ins Stiegenhaus und klopfte bei mehreren Nachbarn an. “Er ist wild schreiend herumgerannt. Er war komplett fertig mit den Nerven”, erinnerte sich ein Nachbar als Zeuge, der schließlich die Wohnung der 54-Jährigen betreten und Wiederbelebungsversuche unternommen hatte, als er die leblose Frau vorfand.

Dem psychiatrischen Gutachten der Sachverständigen Sigrun Rossmanith zufolge war der nunmehr Verurteilte  zum Tatzeitpunkt zwar zurechnungsfähig, weist aber eine Persönlichkeitsstruktur mit narzisstischen und emotional-instabilen Zügen auf, die ohne therapeutische Maßnahmen die neuerliche Begehung von Straftaten mit schweren Folgen befürchten lässt. Die Staatsanwaltschaft hatte daher die Unterbringung des jungen Mannes im Maßnahmenvollzug nach §21 Absatz 2 StGB beantragt. Die Geschworenen leisteten diesem Antrag Folge.