Zu seinem 200. Todestag hat die Rechtspopulistin Marine Le Pen den französischen Kaiser Napoleon Bonaparte als “unsterblich gewordene französische Legende” bezeichnet und kritischen Stimmen in ihrem Land “Selbstgeißelung” vorgeworfen. Mit einem Video distanzierte sich Le Pen auch von Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron, der in einer Rede auch Napoleons unrühmliche Seiten zur Sprache bringen und unter anderem auf die Wiedereinführung der Sklaverei verweisen wollte.

Le Pen tritt im kommenden Jahr bei der Präsidentschaftswahl an, Meinungsforscher sagen ihr ein Kopf-an-Kopf-Rennen gegen Macron voraus. Der französische Ministerrat befasste sich am Mittwoch unter Vorsitz von Macron mit dem umstrittenen Gedenken an Napoleon. “Wir haben den Willen (und) den Ehrgeiz, unserer Geschichte ins Auge zu sehen”, sagte Regierungssprecher Gabriel Attal in Paris nach einer Kabinettssitzung. Dies schließe helle und dunkle Seiten mit ein.

Attal sagte, Macron werde Napoleon im weiteren Tagesverlauf würdigen. Geplant ist eine Rede im Pariser Institut de France – einer wichtigen Wissenschaftsvereinigung in der Hauptstadt. Danach soll es eine Zeremonie am Prunkgrab Napoleons im Invalidendom geben.

Napoleon brachte Europa "eine Botschaft des Friedens"

Alle Versuche, Napoleons Verdienste nachträglich zu schmälern, kämen “ethischen Waterloos” gleich, erklärte hingegen Le Pen in einem mit dramatischer Musik unterlegten Video, das die Chefin des Rassemblement National (Nationale Sammlungsbewegung) am Mittwoch in Online-Netzwerken teilte. Le Pen sagte in dem fünfminütigen Video zu Bildern Napoleons, während seiner ebenso “kurzen wie brillanten Herrschaft” habe Bonaparte Europa zwischen 1799 und 1815 eine “Botschaft der Freiheit” gebracht und in dem Willen gehandelt, “Frieden zu stiften”.

Als Kronzeugen zitierte die Rechtspopulistin unter anderem den deutschen Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel, der Napoleon anlässlich der Besetzung von Jena durch französische Truppen 1806 als “Weltseele” bezeichnet hatte.

Napoleon Bonaparte polarisiert in Frankreich bis heute

Napoleon war am 5. Mai 1821 auf der britischen Insel St. Helena gestorben. Dorthin war er nach der verlorenen Schlacht von Waterloo 1815 verbannt worden. Bis heute spaltet der einstige Kaiser der Franzosen die öffentliche Meinung. Die einen sehen ihn als Reformer und Gründer wichtiger Institutionen wie der Notenbank Banque de France. Andere werfen Napoleon Bonaparte eine autoritäre Herrschaft und die Wiederherstellung der Sklaverei im Jahr 1802 vor. (APA/Red)