Klimaschutz-Ministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat eine Vorliebe für aufwändige Kampagnen. Seit kurzem wirbt sie für die thermische Sanierung von Ein- und Zweifamilienhäusern – der eXXpress berichtete – , mit dem umstrittenen Slogan: „Österreich ist nicht ganz dicht!“. Anscheinend ticken wir nicht ganz richtig, denken sich viele seither beim Anschauen des Kinospots, in dem Möbel in einem Haus zu sprechen beginnen.

Nun, gerade einmal zwei Wochen später, startet Gewessler eine weitere Kampagne zwecks Bewusstseinsänderung, diesmal gemeinsam mit dem Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV). Sie umfasst neben Social-Media-Aktivitäten, Plakaten und Radiospots neuerlich einen höchst aufwändigen Videospot. Die Zielgruppe: junge Männer.

Der Einstieg passt: Jugendliche wollen gemütlich mit dem Auto fahren. (Nur die hektische Musik stört.)Screenshot/Klimaschutzministerium/YouTube

Nicht stimmig: Ein reißerischer Song wirbt gegen das Rasen

Das Thema ist ein durchaus ernstes: Von übermäßigem und gefährlichem Rasen wird abgeraten. Man kann das Leben auch genießen, laute die Botschaft. Die Kampagne sei „ein Appell an die Lebensfreude. Wir wollen junge Menschen daran erinnern, wie schön das Leben ist, und dass es viel zu schön ist, um es aufs Spiel zu setzen“, erklärte Gewessler.

Leider überzeugt die Umsetzung nicht so Recht. Man sieht im Video Jugendliche, die trotz des langsamen Tempos, mit dem sie in ihrem Auto dahin trotten, merkwürdig gehetzt wirken. Dazu trägt der reißerische Song („Ich will Spaß, ich will Spaß. Geb kein Gas, geb kein Gas.“) und die fetzige Machart des Videos bei.

Feiern statt Rasen? Einleuchtend ist das nicht. Das eine schließt nicht das andere aus.Screenshot/Klimaschutzministerium/YouTube

Auf genussvolles, langsames Autofahren bekommt man nicht Lust

Vor allem aber: Man sieht in dem eineinhalb minütigen Werbespot nur wenige Sekunden lang langsames Autofahren – übrigens ohne Sicherheitsgurt! Der Großteil zeigt Partyspaß und ähnliches, von dem man nicht Recht versteht, was das mit langsamem Autofahren zu tun hat. Der Zusammenhang zur Aussage des Spots ist nicht einleuchtend. Man muss nicht langsam Auto fahren, um solche Freuden zu teilen. Das tun Raser auch – klar: Sofern sie nicht mit ihrem Auto verunglücken.

Besser gelungen wäre der Spot, wenn die Klimaschutz- und Verkehrsministerin darin für die Schönheit langsamen Autofahrens geworben hätte, das eben auch genussvoll sein kann. Doch das wäre dann halt Werbung für das Autofahren selbst gewesen. Die Vermutung: Diese Darstellung wäre nicht im Sinne Gewesslers gewesen. Das Auto ist in letzter Konsequenz eben schlecht, aus ihrer Sicht, und demnach ist auch langsames Autofahren nicht wirklich gut…

Musizieren statt AutofahrenScreenshot/Klimaschutzministerium/YouTube
Junge Menschen, die nicht rasen, sind – Graf Dracula?? Man versteht es nicht.Screenshot/Klimaschutzministerium/YouTube

Unstimmiges Konzept, ein Spot ohne klare Aussage

Im Endeffekt erzeugt des unstimmige Konzept des Videos paradoxerweise die genau entgegengesetzte Wirkung beim Zuschauer: Der Spot macht großteils Lust auf Partys UND Rasen. Denn dass hier langsam gefahren wird, wird angesichts der schnellen Rhythmen nicht vermittelt. Dass sich Rasen und Partys ausschließen, leuchtet andererseits auch nicht ein.

Junge Menschen hetzen durchs Leben – ob im Auto oder im Lokal. Das ist die Botschaft der Bilder. Das wiederholte „Geb kein Gas, geb kein Gas“ ist ein weiterer Fehlgriff. Erstens spiegelt es sich in den Bildern nicht wider. Zweitens: Aufs Gas drücken alle, auch jene, die langsam fahren.

Junge Männer rasen gerne und gehören oft zu den Todesopfern

Überhöhte Geschwindigkeit ist eine Hauptursache für Verkehrsunfälle in Österreich, berichtete das KfV. Junge Männer im Alter von 17 bis 24 Jahren sind statistisch gesehen besonders häufig betroffen. Laut einer Studie des KfV tendieren sie besonders zum Rasen tendieren – mit schweren Folgen: Jeder vierte tödliche Geschwindigkeitsunfall mit einem Pkw wird von einem männlichen Lenker zwischen 17 und 24 Jahren verursacht, berichtete KfV-Direktor Christian Schimanofsky. Und auch in der Statistik der Verkehrstoten sind sie mit knapp einem Drittel überrepräsentiert, obwohl diese Gruppe in der Gesamtbevölkerung nur sechs Prozent ausmacht.

Besonders gefährlich ist die Situation vor allem in ländlichen Gebieten. Drei Viertel aller Getöteten bei Geschwindigkeitsunfällen sterben dem KfV zufolge auf Landesstraßen. Vor allem am Wochenende und in den Nachtstunden werden demnach die zugelassenen Höchstgeschwindigkeiten übertreten.