Hohe Arbeitslosigkeit, hohe Kosten für den Sozialstaat, wachsende Clan-Kriminalität: Acht Jahre nach Angela Merkels Worten „Wir haben so viele geschafft – wir schaffen das!“ sind das belegbare Folgen der Flüchtlingswelle. Deutschland hat seither vieles nicht geschafft, wie nun auch das Online-Medium „The Pioneer“ des deutschen Journalisten und Medienunternehmers Gabor Steingart einräumt. Zwar ist nicht alles Schwarz oder Weiß, und es gibt auch Erfolgsmeldungen. Aber eines zeigt sich bereits jetzt: Die damals genährte Hoffnung auf ein großes Job- und Wirtschaftswunder erfüllte sich in Deutschland nicht einmal annähernd (und nicht anders ist es in Österreich).

Bilder wie diese ermutigten weitere Migranten, nach Deutschland aufzubrechen.APA/AFP/DPA/Bernd von Jutrczenka

Daimler-Chef war begeistert: „Genau solche Menschen suchen wir“

Besonders euphorisch äußerte sich 2015 der damalige Daimler-Chef Dieter Zetsche. Angesichts der Flüchtlingsmassen war er zunächst überwältigt. Wer seine Heimat hinter sich lasse, sei motiviert: „Genau solche Menschen suchen wir bei Mercedes und überall in unserem Land“, erklärte er. Dabei vergaß er offenbar auf den Wohlfahrtsstaat. Anders als in den USA ist er speziell in Europa ein weiterer wichtiger Anziehungsgrund.

Die euphorischen Erwartungen von Dieter Zetsche wurden enttäuscht.APA/AFP/John MACDOUGALL

Im Schnitt ist heute jeder dritte Syrer – 35,8 Prozent – arbeitslos. Die gute Nachricht: Im Jahr 2015 waren es noch 62 Prozent. Die schlechte: Der Wert ist immer noch 7,5-mal höher als der Anteil bei einheimischen Deutschen, hier beträgt die Arbeitslosigkeit nur 4,8 Prozent. Grundsätzlich ist die Arbeitslosigkeit mit 13,5 Prozent unter Ausländern höher – aber auch hier liegen die Syrer weit über dem Schnitt.

Diese Bilder gingen um die Welt: Massen zwängen sich in Zugwagons, um nach Deutschland zu kommen.APA/AFP/AXEL SCHMIDT

46 Prozent aller Flüchtlinge benötigen Sozialleistungen

Hinzu kommt: Selbst jene Flüchtlinge, die Arbeit gefunden haben, verdienen zu wenig für ihren Lebensunterhalt. Sie benötigen nach wie vor staatliche Sozialleistungen um über die Runden zu kommen. „Vier von zehn Flüchtlingen sind auch nach sieben Jahren in einer Helfertätigkeit beschäftigt“, schreibt „The Pioneer“. „Dieser Anteil bleibt außerdem vergleichsweise stabil. Nur wenigen gelingt der Aufstieg vom Helfer zur Fachkraft.“

46 Prozent (!) aller geflüchteten Menschen in Deutschland nehmen Sozialleistungen in Anspruch, bei sonstigen ausländischen Staatsbürgern sind es 19 Prozent, bei deutschen Staatsbürgern gerade einmal fünf Prozent. Im Schnitt verdienen geflüchtete Beschäftigte 1683 Euro brutto pro Monat.

13. September 2015: Migranten warten im Hauptbahnhof München auf einen Sonderzug nach Berlin.APA/AFP/CHRISTOF STACHE

Wie reden von einer großen Gruppe: Rund 2,5 Millionen Migranten haben seit Merkels Worten einen Asylantrag in Deutschland gestellt – das sind drei Prozent der deutschen Bevölkerung. 834.000 syrische Asylwerber und Asylberechtigte leben in Deutschland und bilden gemeinsam mit Afghanen die größte Gruppe der Schutzsuchenden. 24,2 Jahre alt ist ein durchschnittlicher Zuwanderer aus Syrien, sechs von zehn Syrern sind Männer.

Permanent kamen erreichten weitere Migraten Berlin.APA/AFP/John MACDOUGALL

Eine wachsende Bedrohung: Clan-Kriminalität bei türkisch-libanesisch-syrischen Großfamilien

Eine weitere Entwicklung trägt wenig dazu bei, das Image der neuen Zuwanderer zu bessern. Sie wird zunehmend spürbar. Es ist die Clan-Kriminalität. In Nordrhein-Westfalen beispielsweise gab es 2022 um 20 Prozent mehr Straftaten mit Clan-Bezug als im Vorjahr. 4035 Verdächtige mit Clan-Bezug zählte die Polizei, um elf Prozent mehr als 2021. Rund ein Fünftel der vom Landeskriminalamt verfolgten Straftaten im Bereich der organisierten Kriminalität haben Bezüge zu türkisch-libanesischen Großfamilien. Bald könnte sich die Lage weiter zuspitzen. Die Polizei beobachtet die Entstehung neuer syrischer krimineller Clans. „Kriminelle Hotspots entstehen – aus ‚Klein-Libanon‘ könnte ‚Groß-Damaskus‘ werden“, kommentiert „The Pioneer“.

Polizisten verlassen eine Villa. Im Zuge von Ermittlungen gegen Clankriminalität durchsuchten sie rund 30 Objekte in Nordrhein-Westfalen.APA/dpa/Marcel Kusch

Fakt ist auch: Jeder dritte Kriminelle ist ein Ausländer. Damit ist der Anteil hier doppelt so hoch wie in der Bevölkerung. „Der typische Straftäter mit Migrationshintergrund ist männlich und jünger als 30 Jahre.“ Allerdings tauchen bisher Staatsangehörige aus Syrien oder dem Irak weniger oft in den Kriminalitätsstatistiken auf, als ihr Anteil an der Bevölkerung vermuten lässt. Genau umgekehrt verhält es sich bei Algeriern, Tunesiern und Marokkanern. Fest steht auch: „Zugewanderte mit einem unsicheren Aufenthaltsstatus begehen überproportional Straftaten.“

Es gibt auch Erfolgsmeldungen: Syrische Ärzte

Das deutsche Gesundheitssystem dürfte von Syrern profitieren. Auch das gehört zum Gesamtbild. Syrer bilden mittlerweile die größte Gruppe an ausländischen Ärzten: 5339 syrische Ärzte praktizierten zum Ende 2022 in Deutschland, an zweite Stelle folgen Rumänen (4700 Ärzte) und Griechen (3000 Ärzte).

Der deutsche Staat hat zwischen 2012 und 2021 rund 15.700 syrische Berufsabschlüsse anerkannt, vor allem von Ärzten, Zahnärzten und Apothekern, darüber hinaus von Bürokaufleuten, Fachinformatikern und Zahntechnikern.

Zahlreiche Migranten in Reinigungsgewerbe, Lebensmittelhersteller, Tourismus, Altenpflege

Darüber hinaus muss man anerkennen: Einige Branchen sind zurzeit auf Migranten angewiesen, darunter etwa das Reinigungsgewerbe, die Lebensmittelherstellung, oder der Hoch- und Tiefbau. „Hier hat jede dritte Kraft einen ausländischen Pass. Auch im Tourismus (28 Prozent) und im Bereich Altenpflege (16 Prozent) ist der Anteil ausländischer Arbeitskräfte hoch“, räumt „The Pioneer“ ein.

Daten der Bundesagentur für Arbeit zeigen überdies: Der deutsche Arbeitsmarkt wächst dank der Ausländer. Im Jahr 2022 Ausländer sorgten sie für zirka 70 Prozent des Beschäftigungszuwachses. Unter ihnen sind auch Flüchtlinge. Nur für ein Wirtschaftswachstum reicht das nicht einmal annähernd. Deutschland ist Schlusslicht unter allen führenden Industrienationen, wie unter anderem auch die OECD-Statistik zeigt. Daran sind zwar nicht die Flüchtlinge Schuld, nur für eine Aufschwung können sie auch nicht sorgen.

Ob die Flüchtlingsbilanz im Endeffekt positiver ausfallen wird – die kommenden Jahre werden es zeigen.