Großes Medieninteresse und lautstarke Proteste begleiten den Start des Migrationsgipfels von Österreich, Ungarn und Serbien in Wien. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) begrüßte seinen ungarischen Amtskollegen Viktor Orbán und den serbischen Präsidenten Aleksandar Vučić. Es fehlte nicht an Schaulustigen am Ballhausplatz. Ebenso ertönten “Shame on you”-Rufe und Pfiffe von linken Pro-Migrations-Demonstranten.

Polizeichefs der drei Länder vertiefen Kooperation

Nehammer hatte für seine beiden Gäste den roten Teppich ausgerollt und auch ein Spalier mit Gardesoldaten beim Eingang des Kanzleramts postiert. Etwa ein Dutzend Aktivisten der NGOs SOS Balkanroute und Omas gegen Rechts begrüßten vom äußersten Rand des Platzes mit “Schleich Di”-Rufen Orbán und Vučić. Sie betonten zugleich, dass Flüchtlinge willkommen seien und “kein Mensch illegal”.

Nehammer ist erstmals Gastgeber des Formats, das im vergangenen Herbst zur Bekämpfung der irregulären Migration auf der Balkanroute ins Leben gerufen worden war. Schwerpunkt des dritten Gipfels ist die Stärkung des Grenzschutzes. Die Polizeichefs der drei Länder sollen die bisherige Kooperation evaluieren und vertiefen, unterstrich das Bundeskanzleramt im Vorfeld. Teilnehmen sollen auch Außen- und Innenminister der drei Länder. Nach Gesprächen in kleiner und großer Runde sind Nehammer, Orbán und Vučić in einer Pressekonferenz vor die Medien getreten.

Nehammer (M.) empfängt Vucic (l.) und Orban (r.).APA/AFP/Alex HALADA

Asylanträge in Österreich sinken um 30 %, EU-weit steigen sie um 30 %

Erstmals waren Nehammer, Orbán und Vučić im vergangenen Oktober in Budapest zusammengekommen. Einen Monat später <folgte ein Treffen in Belgrad. Wichtigstes Ergebnis war die Zusage Serbiens, die Visafreiheit für Bürger bestimmter Staaten wie Indien oder Tunesien zu beenden. Zuvor hatte Österreich einen massiven Anstieg von Asylanträgen von dort festgestellt.

Heuer gingen die Asylanträge in Österreich deutlich zurück. Von Jänner bis Mai wurden um 20,5 Prozent weniger Anträge im Vergleich zum Vorjahreszeitraum verbucht, im Mai war es sogar ein Minus von 30 Prozent. Gleichzeitig nahmen die Asylanträge in der restlichen EU um 30 Prozent zu.

"Ohne Neu-Aufstellung des EU-Asylsystems müssen wir uns selbst helfen"

“Die Ergebnisse der letzten Treffen sprechen für sich”, unterstrich Nehammer bei der Bekanntgabe des Gipfels. Solange es keine “völlige Neuaufstellung des EU-Asylsystems” gebe, “müssen wir uns selbst helfen”, begründete er die Zusammenarbeit mit Orbán und Vučić.

Kritik am Gipfel hatten im Vorfeld die mitregierenden Grünen, die SPÖ sowie die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und asylkoordination österreich geäußert. Kritisch äußerte sich auch FPÖ-Chef Herbert Kickl, der dem Kanzler Mutlosigkeit im Kampf gegen illegale Migration vorwarf. Dieser solle “nicht nur mit Viktor Orbán reden, sondern wie Viktor Orbán auch gegen die illegale Masseneinwanderung handeln”.