Die ukrainische Soldatin Ruslana Danilkina wurde bei ihrer Arbeit für die ukrainische Armee an der Front von einem Granatsplitter schwer verwundet. Als sie wieder zu sich kam, fehlte ihr linker Unterschenkel (eXXpress berichtete). Ihr Schicksal zeigt die ganze Grausamkeit des Krieges – und es ist kein Einzelschicksal.

Zahl der Patienten hat erheblich zugenommen

Mit der erwarteten Gegenoffensive der Ukraine, wird sich die Situation weiter verschlimmern, werden mehr junge Soldaten verstümmel. So wi Denys (28). Er hat sein linkes Bein verloren, als eine russische Rakete 50 Meter vor seiner Einheit in der östlichen Stadt Kramatorsk einschlug. “Mein Kamerad hinter dem Unterstand erlitt Schrapnellwunden und verblutete”, berichtete er aus der Hölle des Krieges. Dmytro Zilko (22) kämpfte in einem Dorf bei Bakhmut, wo die härtesten Auseinandersetzungen des Konflikts noch immer toben, als eine Granate in der Nähe landete. “Sie haben mir in Druschkiwka das Bein abgetrennt”, erzählt er auf “NTV”. Beide Soldaten sind Patienten im Prothetik-Zentrum “Bez Obmezhen” in Kiew. “Leider hat die Zahl der Patienten erheblich zugenommen”, sagt Klinikdirektor Andrii Ovcharenko.

Dmytro Zilko lag Monate im Krankenhaus, nachdem er in Bakhmut ein Bein verlorScreenshot: NTV

Nur fünf Ukrainer können funktionelle Hände und Arme anpassen

“Es gibt wirklich einen Mangel an Prothetikern, weil jeden Tag eine riesige Anzahl Menschen mit Prothesen versorgt werden muss”, sagt der ukrainische Gesundheitsminister Viktor Liashko in einem Interview mit Reuters. In den neun Kliniken, die Nagender Parashar in der Ukraine besitzt, sind 25 Spezialisten angestellt. In den Kliniken Kiew und Lemberg wurden vor dem Krieg 20 bis 30 Patienten pro Monat behandelt, jetzt sind es dreimal so viele. Um das zu bewältigen, bräuchte er bis zu 75 weitere Fachkräfte, schätzt Parashar.

“Die Priorität liegt jetzt bei den oberen Gliedmaßen, die Spezialisten dafür sind überlastet”, sagt Gesundheitsminister Liashko. In der Ukraine gäbe es rund 300 Prothetiker, Techniker und Auszubildende, aber nur fünf von ihnen könnten funktionelle Vorrichtungen wie Hände und Arme anpassen, erläutert Antonina Kumka. Sie ist die Gründerin der Wohltätigkeitsorganisation Protez Hub, die mit 79 prothetischen Kliniken im ganzen Land zusammenarbeitet. Künstliche Gliedmaßen wie Ellbogen seien sehr gefragt und manche Menschen müssten bis zu sechs Monate auf ihre Versorgung warten, ergänzt Kumka. Mindestens 100 Patienten seien bisher zwar im Ausland versorgt worden. Das sei jedoch nicht ideal, da die Patienten eine langfristige Nachsorge benötigten.

Ruslana will weiterkämpfen

Und Ruslana? Die junge Soldatin möchte ein gutes Beispiel für all die anderen Schwerverwundeten sein, die ein ähnliches Schicksal jetzt zu tragen haben. Ihnen zeigen, dass sie auch nach einer schweren Verwundung noch immer ein schönes Leben haben können – in der Hoffnung, dass jeder, der eine Prothese nötig hat, auch eine bekommt.

Die mutige junge Ukrainerin stellt deshalb immer wieder neue Bilder von sich auf die Social-media-Plattform Instagram: Ihre Fotostrecken sind dort unter rusya_danilkina zu finden.