Schon vor drei Jahren hatte die Meldung die Runde gemacht: In der Ukraine werde ein Gesetz über die Legalisierung von Marihuana vorbereitet. Doch die Nachricht entpuppte sich als falsch (siehe unten). Die längste Zeit fand sich ein entsprechender Punkt nirgendwo auf der Tagesordnung der Werchowna Rada (des ukrainischen Parlaments). Auch Präsident Selenskyj hatte erklärt: Eine Überprüfung der Legalisierung von medizinischem Cannabis sei nicht angedacht. Jetzt sei nicht die Zeit, Marihuana in der Ukraine zu legalisieren.

Nun könnte es aber doch soweit sein: Medizinisches Cannabis soll erlaubt werden. Unklar ist, was der Grund ist. In seiner Rede vor der Werchowna Rada erwähnte Selenskyj auch den Krieg. Wiedergegeben werden seine Aussagen von der ukrainischen Online-Zeitung „Ukrajinska Prawda“ (wörtlich „Ukrainische Wahrheit“).

Die „Ukrajinska Prawda“ wurde im Jahr 2000 gegründet.Screenshot

Medizin auf Cannabis-Basis soll in der Ukraine produziert werden

Die Ukraine solle den stärksten Sektor für geistige und körperliche Rehabilitation in Europa schaffen, erklärte der Präsident. Das würde auch den Bau von Rehabilitationszentren samt Ausbildung des entsprechenden Personals umfassen.

Selenskyj spricht in der Werchowna Rada über die Legalisierung von medizinischem Cannabis.APA/AFP/UKRAINE PRESIDENCY/Foto von Handout

Alle weltweit bewährten Verfahren und Lösungen, so schwierig oder ungewöhnlich sie auch sein mögen, sollten in der Ukraine angewandt werden, damit kein ukrainischer Bürger die Schmerzen, den Stress und das Trauma des Krieges ertragen muss, unterstrich Selenskyj.

Dann sagte der Präsident wörtlich: „Insbesondere müssen wir endlich aufrichtig Medizin auf Cannabis-Basis für jeden, der sie braucht, legalisieren, [mit] der entsprechenden wissenschaftlichen Forschung und einer kontrollierten ukrainischen Herstellung.”

„Ukrajinska Prawda“ ist Verfechterin der Orangen Revolution

Die „Ukrajinska Prawda“ gilt als unverdächtig, russische Propaganda zu verbreiten. Sie spielte eine wichtige Rolle in der Vorbereitung und Durchführung der Orangen Revolution im Jahr 2004 und verteidigt bis heute die „orangen“ Ideen. Scharfe Kritik übte sie etwa am pro-russischen Kurs von Wiktor Janukowytsch (2010–2014), ebenso unterstützte sie nachher den Euromaidan. Zurzeit befindet sich die Zeitung im Besitz von Dragon Capital, einer ukrainischen Investment-Gesellschaft.

Bereits vor drei Petition zur Legalisierung von Cannabis

Die Forderung nach einer Legalisierung von Marihuana ist in der Ukraine nicht neu. Im Frühjahr 2019 tauchte in der Ukraine eine Petition auf, in der die Legalisierung von Marihuana für medizinische Zwecke gefordert wurde. Das Dokument sammelte die erforderliche Anzahl von Unterschriften von Bürgern. Der Ausschuss der Werchowna Rada der Ukraine für Menschenrechte, nationale Minderheiten und interethnische Beziehungen unterstützte die Petition. Am 20. Mai registrierte das Parlament einen Gesetzentwurf dazu, der aber im August zurückgezogen wurde.

Cannabis in Gläsern: Auf Bangkoks Nachtmärkten und in Touristengebieten kann man es bereits kaufen.Getty
Ein Landwirt begutachtet bei einer medizinischen Marihuana-Plantage die Ernte auf dem Hanffeld.Getty

In Österreich verboten, in Deutschland bald nicht mehr ganz

In Deutschland einigte sich die Regierung kürzlich ebenfalls auf eine teilweise Legalisierung von Cannabis. Der Besitz von bis zu 25 Gramm bleibt demnach straffrei. Man darf auch öffentlich einen solche Menge bei sich haben. Maximal drei „weibliche blühende Pflanzen“ sind im Eigenanbau erlaubt. Sie müssen aber vor dem Zugriff durch Kinder und Jugendliche geschützt sein.

In Österreich hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) am 18. Juli 2022 einen Antrag auf Aufhebung des Cannabis-Verbots abgelehnt.