Nawalnys Witwe Julia und seine Tochter Darja hatten zuvor in Videos an den Kreml appelliert, die Leiche des Oppositionsführers herauszugeben. “Geben Sie uns den Leichnam meines Mannes zurück. Wir wollen eine Trauerfeier abhalten und ihn auf menschliche Weise in der Erde begraben, wie es im orthodoxen Christentum üblich ist”, sagte Julia Nawalnaja am Samstag in einem sechsminütigen YouTube-Video.

Sie erhob zudem schwere Vorwürfe gegen den Kreml-Chef: Wladimir Putin sei persönlich für den Verbleib des Leichnams verantwortlich, sagte Nawalnaja. Er foltere Nawalny im Tode so, wie er dies zu Lebzeiten getan habe. “Kein wahrer Christ könnte jemals das tun, was Putin jetzt mit Alexejs Leiche macht.” Ihr Ehemann sei dagegen ein gläubiger Christ gewesen, der in die Kirche gegangen sei und selbst im Gefängnis die Fastenzeit eingehalten habe. Nawalnys politisches Engagement sei von christlichen Werten inspiriert gewesen.

Julia Nawalnaja (r.) und Darja (l.) zu Besuch bei US-Präsident Joe Biden

Begräbnis wird vorbereitet

Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch sagte, dass nun die Beerdigung vorbereitet werden solle. “Wir wissen nicht, ob die Behörden es so ablaufen lassen, wie das die Familie will und wie es Alexej verdient”. Ljudmila Nawalnaja hatte eine öffentliche Beerdigung gefordert, damit sich nicht nur die Familie, sondern auch Anhänger von dem russischen Oppositionsführer verabschieden können.

“Wir werden Informationen dazu bekannt geben, wenn sie hereinkommen”, sagte Jarmysch. Zuvor hatte es geheißen, dass Nawalnys Mutter eine Beerdigung auf dem Chowanskoje-Friedhof anstrebt, der größten der mehr als 100 Ruhestätten der russischen Hauptstadt.

Auch Nawalnys Tochter schaltete sich ein

“Gebt Oma den Körper meines Vaters”, schrieb Nawalnys Tochter Darja im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter) am Samstag. Ihre Großmutter Ljudmila Nawalnaja hatte am Donnerstag in einem Video erklärt, dass Putins Behörden sie zu einer geheimen Beerdigung zwingen wollten und ihr gedroht hätten, der Leiche etwas anzutun. Nawalnys Witwe warf Putin vor, Alexejs Mutter weiter zu quälen und brechen zu wollen.

Putin inszeniere sich zwar mit Kerze in der Hand in russisch-orthodoxen Kirchen und küsse Ikonen, sei aber in Wahrheit von Hass und Rachegelüsten getrieben, sagte Julia Nawalnaja. “Nein, es ist nicht einmal Hass, es ist Satanismus, Heidentum.” Im Glauben aber gehe es um Güte, um Barmherzigkeit, um Erlösung. “Und kein wahrer Christ könnte jemals tun, was Putin jetzt mit dem toten Alexej getan hat.”

Nawalnys Witwe verurteilt den Krieg in der Ukraine

Zugleich verurteilte die 47-Jährige Putins Krieg gegen die Ukraine, für den er ebenfalls die Kirche instrumentalisiere. Der Kremlchef führe den Feldzug unter Berufung auf traditionelle Werte gegen den Westen. “Aber Sie töten einfach nur, bombardieren schlafende Zivilisten nachts mit Raketen, die in der Kirche gesegnet wurden”, sagte Nawalnaja. Der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche, Kirill, ist ein Vertrauter Putins und ein glühender Unterstützer des Krieges gegen die Ukraine. Geistliche segnen immer wieder öffentlich Raketen.