Von anderen Schäden abgesehen, gehen jetzt immerhin 16 Milliarden Franken in Rauch auf, die infolge der Wertloserklärung sogenannter „A1-Anleihen“ der CS ausgebucht werden. Die Erste Group, Raiffeisen Bank International und Bawag haben gemeldet, keine derartigen Papiere im Portfolio zu halten, sind dadurch also nicht betroffen. Eine US-Fondstochter der Allianz hat durch die Wertloserklärung der AT1-Bonds der CS, indes 340 Millionen Dollar an Verlusten einstecken müssen.

Sucht man die Ursachen von Bankturbulenzen, so findet man – bei allen historisch, geographisch und politisch bedingten Besonderheiten – stets das Phänomen eines zuvor durch übertriebene Erwartungen erzeugten Booms. Das war schon im Jahr der Wiener Weltausstellung, anno 1873 nicht anders, als gerade einmal eine Woche nach der Eröffnung dieser prestigeträchtigen Veranstaltung durch Kaiser Franz-Josef, die zuvor aufgebaute Spekulationsblase platzte, rund 120 österreichische Banken ihre Zahlungsunfähigkeit erklärten und die Börse zeitweilig polizeilich geschlossen wurde. Die im Vorfeld der Weltausstellung ausgelöste Euphorie, die zu einem Gründerboom führte, war durch die weniger rosige wirtschaftliche Realität in der Endphase der Donaumonarchie, brutal entzaubert worden.

„Zombieunternehmen“ belasten die Bilanzen der Banken

Wie 134 Jahre später in den USA, nahm auch der Banken- und Börsenkrach des Jahres 1873 seinen Ausgang von Immobilienspekulationen, die durch leichtfertige Kreditvergaben ermöglicht wurden. Im blinden Vertrauen auf immer weiter steigende Immobilienpreise, wurden Darlehen – ohne ausreichende Besicherung – an nicht Kreditwürdige vergeben. Viele dieser Forderungen wurden nach dem Platzen der Immobilienblase uneinbringlich und die Insolvenz der Kreditoren folgte auf dem Fuße. Trivia am Rande: Johann Strauss Sohn präsentierte seine Polka-Mazurka „Glücklich ist, wer vergisst“ (die aus Motiven besteht, die der im Jahr nach dem Börsenkrach uraufgeführten Operette „Die Fledermaus“ entstammen), zu einem Zeitpunkt, als nach dem Börsenkrach viele bürgerliche Existenzen in Trümmern lagen. Über vergossene Milch sollte man, nach Meinung des Walzerkönigs, nicht weinen.

Die von den Zentralbanken beiderseits des Atlantiks – einige Fachleute meinen, viel zu spät – eingeleitete Zinswende, beschert dem Bankensektor erhebliche Probleme: Viele „Zombieunternehmen“, die sich dank niedrig gehaltener Zinsen gerade noch über Wasser halten konnten, gehen jetzt den Bach runter. Das belastet naturgemäß die Bilanzen der finanzierenden Banken. Ungeachtet dessen hat die US-Notenbank FED, soeben einen neuerlichen Zinsschritt von 25 Basispunkten unternommen. Die Zinsspanne in den USA liegt nun bei 4,75 – 5%. Die Inflationsbekämpfung hat dort weiterhin Priorität.

Bemerkenswert ist, wie sensibel die Kurse für Gold und Bitcoin auf die nach Ansicht vieler Fachleute keineswegs bereits überstandene Bankenkrise reagieren: Der Preis für eine Unze Feingold erreichte im Gefolge dieser Turbulenzen kurzzeitig 2.000,- USD und auch im Euroraum stieg der Preis des gelben Metalls sprunghaft an. Am 24. 3. wechselte die Feinunze für 1.932,- Euro den Besitzer. Bitcoin konnte ebenfalls einigen Boden gutmachen und notierte am selben Tag bei 25.859,- Euro, liegt damit allerdings immer noch unter dem Vergleichswert des Vorjahres.

Banken halten nur einen Bruchteil an Sicherheiten für Kredite

Das Bankgeschäft beruht im herrschenden Schuldgeldsystem, in dem Geld zum Großteil nicht von den Notenbanken, sondern durch Kreditvergabe geschöpft wird, auf dem Vertrauen in die Stabilität der Institute. Schließlich besteht das moderne „Fiat-Geld“, anders als die bis zum Ersten Weltkrieg gebräuchlichen goldgedeckten Währungen, aus nichts als Papier und lebt von der Hoffnung, dass damit auch künftig noch Waren und Dienstleistungen eingekauft werden können. Während Banken ursprünglich als Wertverwahranstalten fungierten, die nicht mehr Ausleihungen vornehmen konnten, als sie an Werten in ihren Tresoren hatten, ist das im rezenten Teilreservesystem anders. Die Banken halten nur einen Bruchteil an Sicherheiten für die ausgegebenen Kredite, und leben daher stets mit dem Risiko eines „Bankruns“, der leicht eine Zahlungsunfähigkeit auslösen kann, wenn viele Einleger gleichzeitig ihre Konten abräumen.

Diesem Problem wurde mit der Schaffung von Zentralbanken als „Kreditgeber letzter Instanz“ begegnet, die im Fall der Fälle einspringen und eine Zahlungsunfähigkeit notleidender Institute zwecks Stabilisierung des Gesamtsystems verhindern sollen. Dass damit dem in der englischsprachigen Welt „Moral Hazard“ genannten Phänomen Vorschub geleistet wird, liegt auf der Hand: Wer sicher sein kann, im Fall der Fälle von Dritten herausgehauen zu werden, neigt zu riskanterem Geschäftsgebaren – vergibt etwa Kredite an dubiose Kunden, was er in Abwesenheit einer Zentralbank nicht tun würde.

Diese Zusammenhänge sind weder unbekannt noch rätselhaft. Spätestens seit der 1912 erfolgten Veröffentlichung von Ludwig Mises´ Habilitationsschrift  „Die Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel“ , die als erste konsistente Geldtheorie zu betrachten ist, sind die Zusammenhänge zwischen Geldmenge, Geldqualität und Stabilität des Bankensystems klar.

Das zunehmende Interesse des Publikums an Gold, Bitcoin, etc., also an privaten Alternativen zum staatlich manipulierten Fiatgeld und zum staatlich kontrollierten Bankensystem, ist ein alarmierendes Symptom des Vertrauensschwundes. Diese Gefahr sollte nicht unterschätzt werden, wie die dramatischen Ereignisse belegen, die vor genau 100 Jahren eintraten: Hyperinflation.