Andreas Tögel: Bankenpleiten, solides Geld und die Inflation
Die Insolvenz einiger Regionalbanken in den USA, und die durch einen Notverkauf an die UBS im letzten Moment abgewendete Pleite der Großbank Credit Suisse, haben verdeutlicht, in welch prekärer Lage sich das internationale Bankensystem gegenwärtig befindet, findet eXXpress-Kolumnist Andreas Tögel.
Von anderen Schäden abgesehen, gehen jetzt immerhin 16 Milliarden Franken in Rauch auf, die infolge der Wertloserklärung sogenannter „A1-Anleihen“ der CS ausgebucht werden. Die Erste Group, Raiffeisen Bank International und Bawag haben gemeldet, keine derartigen Papiere im Portfolio zu halten, sind dadurch also nicht betroffen. Eine US-Fondstochter der Allianz hat durch die Wertloserklärung der AT1-Bonds der CS, indes 340 Millionen Dollar an Verlusten einstecken müssen.
Sucht man die Ursachen von Bankturbulenzen, so findet man – bei allen historisch, geographisch und politisch bedingten Besonderheiten – stets das Phänomen eines zuvor durch übertriebene Erwartungen erzeugten Booms. Das war schon im Jahr der Wiener Weltausstellung, anno 1873 nicht anders, als gerade einmal eine Woche nach der Eröffnung dieser prestigeträchtigen Veranstaltung durch Kaiser Franz-Josef, die zuvor aufgebaute Spekulationsblase platzte, rund 120 österreichische Banken ihre Zahlungsunfähigkeit erklärten und die Börse zeitweilig polizeilich geschlossen wurde. Die im Vorfeld der Weltausstellung ausgelöste Euphorie, die zu einem Gründerboom führte, war durch die weniger rosige wirtschaftliche Realität in der Endphase der Donaumonarchie, brutal entzaubert worden.
„Zombieunternehmen“ belasten die Bilanzen der Banken
Wie 134 Jahre später in den USA, nahm auch der Banken- und Börsenkrach des Jahres 1873 seinen Ausgang von Immobilienspekulationen, die durch leichtfertige Kreditvergaben ermöglicht wurden. Im blinden Vertrauen auf immer weiter steigende Immobilienpreise, wurden Darlehen – ohne ausreichende Besicherung – an nicht Kreditwürdige vergeben. Viele dieser Forderungen wurden nach dem Platzen der Immobilienblase uneinbringlich und die Insolvenz der Kreditoren folgte auf dem Fuße. Trivia am Rande: Johann Strauss Sohn präsentierte seine Polka-Mazurka „Glücklich ist, wer vergisst“ (die aus Motiven besteht, die der im Jahr nach dem Börsenkrach uraufgeführten Operette „Die Fledermaus“ entstammen), zu einem Zeitpunkt, als nach dem Börsenkrach viele bürgerliche Existenzen in Trümmern lagen. Über vergossene Milch sollte man, nach Meinung des Walzerkönigs, nicht weinen.
Die von den Zentralbanken beiderseits des Atlantiks – einige Fachleute meinen, viel zu spät – eingeleitete Zinswende, beschert dem Bankensektor erhebliche Probleme: Viele „Zombieunternehmen“, die sich dank niedrig gehaltener Zinsen gerade noch über Wasser halten konnten, gehen jetzt den Bach runter. Das belastet naturgemäß die Bilanzen der finanzierenden Banken. Ungeachtet dessen hat die US-Notenbank FED, soeben einen neuerlichen Zinsschritt von 25 Basispunkten unternommen. Die Zinsspanne in den USA liegt nun bei 4,75 – 5%. Die Inflationsbekämpfung hat dort weiterhin Priorität.
Bemerkenswert ist, wie sensibel die Kurse für Gold und Bitcoin auf die nach Ansicht vieler Fachleute keineswegs bereits überstandene Bankenkrise reagieren: Der Preis für eine Unze Feingold erreichte im Gefolge dieser Turbulenzen kurzzeitig 2.000,- USD und auch im Euroraum stieg der Preis des gelben Metalls sprunghaft an. Am 24. 3. wechselte die Feinunze für 1.932,- Euro den Besitzer. Bitcoin konnte ebenfalls einigen Boden gutmachen und notierte am selben Tag bei 25.859,- Euro, liegt damit allerdings immer noch unter dem Vergleichswert des Vorjahres.
Banken halten nur einen Bruchteil an Sicherheiten für Kredite
Das Bankgeschäft beruht im herrschenden Schuldgeldsystem, in dem Geld zum Großteil nicht von den Notenbanken, sondern durch Kreditvergabe geschöpft wird, auf dem Vertrauen in die Stabilität der Institute. Schließlich besteht das moderne „Fiat-Geld“, anders als die bis zum Ersten Weltkrieg gebräuchlichen goldgedeckten Währungen, aus nichts als Papier und lebt von der Hoffnung, dass damit auch künftig noch Waren und Dienstleistungen eingekauft werden können. Während Banken ursprünglich als Wertverwahranstalten fungierten, die nicht mehr Ausleihungen vornehmen konnten, als sie an Werten in ihren Tresoren hatten, ist das im rezenten Teilreservesystem anders. Die Banken halten nur einen Bruchteil an Sicherheiten für die ausgegebenen Kredite, und leben daher stets mit dem Risiko eines „Bankruns“, der leicht eine Zahlungsunfähigkeit auslösen kann, wenn viele Einleger gleichzeitig ihre Konten abräumen.
Diesem Problem wurde mit der Schaffung von Zentralbanken als „Kreditgeber letzter Instanz“ begegnet, die im Fall der Fälle einspringen und eine Zahlungsunfähigkeit notleidender Institute zwecks Stabilisierung des Gesamtsystems verhindern sollen. Dass damit dem in der englischsprachigen Welt „Moral Hazard“ genannten Phänomen Vorschub geleistet wird, liegt auf der Hand: Wer sicher sein kann, im Fall der Fälle von Dritten herausgehauen zu werden, neigt zu riskanterem Geschäftsgebaren – vergibt etwa Kredite an dubiose Kunden, was er in Abwesenheit einer Zentralbank nicht tun würde.
Diese Zusammenhänge sind weder unbekannt noch rätselhaft. Spätestens seit der 1912 erfolgten Veröffentlichung von Ludwig Mises´ Habilitationsschrift „Die Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel“ , die als erste konsistente Geldtheorie zu betrachten ist, sind die Zusammenhänge zwischen Geldmenge, Geldqualität und Stabilität des Bankensystems klar.
Das zunehmende Interesse des Publikums an Gold, Bitcoin, etc., also an privaten Alternativen zum staatlich manipulierten Fiatgeld und zum staatlich kontrollierten Bankensystem, ist ein alarmierendes Symptom des Vertrauensschwundes. Diese Gefahr sollte nicht unterschätzt werden, wie die dramatischen Ereignisse belegen, die vor genau 100 Jahren eintraten: Hyperinflation.
Kommentare
Bin ja neugierig, wann die nächsten toxischen Wertpapiere zum Wertberichtigen sind, dann gibt es wieder das große Erwachen in der Bankenwelt
Eine wichtige Vorsichtsmaßnahmen wäre, mit den US – Finanzhäusern keine Geschäfte mehr zu machen, da diese wie Trojanische Pferde ihre Wirtschaftsprobleme gerne nach Europa in sogenannten ABS’s transferieren
Es bleibt noch Bleiwährung.
Sehr treffender Kommentar!
Es sollte uns allen klar sein, dass unser “Wohlstand” heute keineswegs real erwirtschaftet wurde, sondern ein riesiger Kredit ist, den wir laufend vergrössern. Solange alle an die Rückzahlung glauben, wird das gutgehen. Im Griff haben die Verantwortlichen leider längst nicht mehr. Und wenn diese Blase platzt, dann gibt es keine Rettung mehr. Hoffen wir das Beste…
Daher – holt euer Geld nachhause.
Man beginnt wieder mit höheren Zinsen zu locken, nein danke…
3% Zinsen +/- sind eh lachhaft bei 8-10% Inflation.
Bitcoin steigt seiner Entstehung durchschnittlich um ca. 200% pro Jahr im Wert.
Es ist zu spät. Seit etwa 45 Jahren leben die USA über ihre Verhältnisse. Allein fürs Militär geben sie mehr Dollars aus, als der ganze Rest der Welt zusammen. Die Neuverschuldung wächst weiter exorbitant.
Es ist wie bei einem Drogensüchtigen. Entzug ist hart, extrem schmerzhaft. Sparen, zurück zu gesunden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen geht nicht. Weiter so, ist tödlich.
Warum sagt keiner, allenfalls ein Sparkassenmitarbeiter hinter vorgehaltener Hand, was Sache ist? Dass die Währungsreform kommt.
Amerika lebt nach dem Motto: Nach uns die Sintflut.
Das ist verbrecherisch. Und dekadent zugleich.
Russland ist schuldenfrei.
Was hat jetzt wieder Russland mit dem Artikel zu tun?
Wie viele Währungsreformen gab es in den USA und in Russland seit bestehen des Dollars? In den USA keine! In Russland die Letzte in den 90ern!
Rumänien war 1990 übrigens der einzige schuldenfreie Staat des Ostblocks, aber wie die Leute dort gelebt und gehungert haben möchte man nicht wissen. An den Schulden sollte man nicht den Wohlstand messen.
Wenn Russland und deren Rubbel so super sind, warum handelt dann niemand damit. Warum legen die ganzen Oligarchen im Westen ihr Vermögen an.
Der Wert einer Währung besteht aus dem Vertrauen und der dahinter befindlichen Volkswirtschaft, solange beides gegeben ist, kommt es zu keinem Crash.
Black Rock
Zur Zeit versucht man noch “Löcher” zu stopfen….bis zum großen Crash..