
Andreas Tögel: Die Wahl zu haben, bedeutet Freiheit
Die Freiheit ist an allen Fronten auf dem Rückzug. Die Behauptung der Linken, die habgierige Bourgeoisie, der Kapitalismus oder der Neoliberalismus seien daran schuld, sind ein schlechter Witz, meint eXXpress-Kolumnist Andreas Tögel.
Die Regierungsmaßnahmen zur Pandemiebekämpfung stellten klar, was Freiheitsverlust bedeutet. Das Recht und die Möglichkeit, sich nach Gutdünken zu bewegen, ist nämlich ein wesentlicher Aspekt der Freiheit. Aber nicht der einzige: Die freie Disposition über Einkommen und Vermögen, sowie das Recht, seine Gedanken ohne Rücksicht auf das Diktat der politischen Korrektheit ausdrücken, ist zumindest genauso wichtig. Interessanterweise wird Freiheit aber meist nur als „politische Freiheit“ verstanden: In einer Demokratie hat der Bürger immerhin das (indirekte) Recht, über die Regierung abzustimmen. Also bedeutet Demokratie für die meisten Zeitgenossen – jedenfalls für die in der westlichen Welt – Freiheit.
Was die Einschätzung der Demokratie als beste denkbare Organisationsform eines Staates angeht, besteht breiter Konsens. Eine schlechte Regierung, so die Theorie, kann durch eine Wahl auf unblutige Weise beseitigt und durch eine bessere ersetzt werden. Bessere Ideen, so die Überzeugung von Denkern wie Karl Popper oder F. A. Hayek, würden sich langfristig durchsetzen. Das waren und sind gewichtige Argumente für die Präferenz zugunsten der Demokratie. Für den US-Politikwissenschaftler Francis Fukuyama, war mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion sogar das „Ende der Geschichte“ gekommen und die „liberale Demokratie“, wie er sie nennt, hätte im Wettstreit der Systeme den totalen Triumph davongetragen. Angesichts der gewaltigen Herausforderung des Westens durch das kommunistische China und einige muslimische Despotien, hätte er mit seiner Einschätzung allerdings kaum weiter daneben liegen können.
Wahlakt gilt als zentrales Element der politischen Teilhabe
Im antiken Griechenland, der Wiege der Demokratie, ging es um die Partizipation einer kleinen Minderheit an der Führung der Staatsgeschäfte (die überwiegende Mehrheit hatte nichts zu melden!) und weniger ums Wählen. Dieser Tage jedoch gilt der Wahlakt als zentrales Element der politischen Teilhabe. Alle paar Jahre – dann nämlich, wenn er ein Stück Papier in die Wahlurne werfen darf, dünkt sich der Bürger als Souverän. Kaum hat er seine Stimme abgegeben, ist er indes wieder Untertan. Von einem nennenswerten Einfluss auf Regierungsmaßnahmen kann dann keine Rede mehr sein.
Zur Wahl steht außerdem stets nur der ewig gleiche Klüngel von in einer Parallelwelt lebenden Politfunktionären, die kaum Kontakt zu jener Realität pflegen, in der Otto Normalverbraucher sein Leben fristet. In der Politik wimmelt es von Parteisoldaten, Kämmerern, Gewerkschaftern, karenzierten Beamten und Lobbyisten. Von einer gebührlichen Repräsentation der Wähler durch die Parlamentsabgeordneten, kann keine Rede sein. Unternehmer, Handwerker, leitende Angestellte und nicht von Staatspfründen lebende Wissenschaftler und Künstler, sucht man in den Parlamenten weithin vergebens. Die politische Wahl, die vermeintlich die Freiheit begründet, entpuppt sich somit als Chimäre. Die nicht selten im direkten Gegensatz zu den Wünschen der Wählermehrheit stehenden Regierungsaktivitäten (etwa in der Asyl-, Gender- und Energiepolitik) liefern den schlagenden Beweis für die zunehmende Dysfunktionalität des politischen Systems.
Bürgerliche Freiheit ist bedeutender als politische Freiheit
Bedeutender als die politische Freiheit – also jene, alle paar Jahre wählen gehen zu dürfen -, ist die bürgerliche Freiheit, die auf dem Schutz privaten Eigentums und Vertragsfreiheit basiert. Wer den Großteil der Früchte seiner Arbeit behalten, darüber nach Gutdünken verfügen und nach seinem Gusto auf Augenhöhe Verträge mit gleichberechtigten Partnern schließen kann, darf sich frei fühlen. Leider ist es mit Eigentumsschutz und Vertragsfreiheit in der Spätzeit des europäischen Wohlfahrtsstaates nicht mehr weit her.
So hat, wer in Österreich 60.000,- Euro jährlich verdient, das geringe Vergnügen, 48 Prozent Steuern für jeden zusätzlich erarbeiteten Cent bezahlen zu müssen. Arbeitgeberbeitrag und Konsumsteuern dazugerechnet, trägt ein „Besserverdiener“ eine kumulierte Steuer- und Abgabenlast von annähernd 2/3 seines Einkommens. In der Vergangenheit kam es wegen weitaus geringerer Begehrlichkeiten des Fiskus zu Aufständen. Zu Recht! Denn was unterscheidet jemanden, der den Großteil der Früchte seiner Arbeit abzuliefern gezwungen wird, von einem Sklaven?
Verlust an Auswahlmöglichkeiten für Konsumenten
Ein Aspekt, der in der bislang kaum wahrgenommen wird, ist der mit dem unaufhörlichen Staatswachstum und einer fortschreitenden Unternehmenskonzentration verbundene Verlust an Auswahlmöglichkeiten für die Konsumenten. Jede neue Vorschrift, jede neue Richtlinie der EU, bedeutet letztlich einen Angriff auf den unternehmerischen Mittelstand, den eine immer anmaßender werdende Bürokratie vor wesentlich größere Probleme stellt als die Giganten, die Scharen von Anwälten und Beratern beschäftigen können.
Sinkt aber die Zahl der Anbieter (man denke etwa an die Konzentration im Bereich der Produktion von Backwaren, beim Angebot von Früchten und Gemüse oder bei Frischfleisch), wird die einstige Vielfalt ausgedünnt. Die Wahlmöglichkeit geht dahin. Ältere Semester werden sich daran erinnern, wie groß die Auswahl an Erdäpfel- Apfel- oder Birnensorten einst war. Bei den heute marktbeherrschenden Lebensmittelketten sieht es dagegen traurig aus.
Fazit: die Freiheit ist an allen Fronten auf dem Rückzug. Die Behauptung der Linken, die habgierige Bourgeoisie, der Kapitalismus oder der Neoliberalismus seien daran schuld, sind ein schlechter Witz. Denn Eigentums- und Vertragsfreiheit können ja eben nicht für das seit dem Ersten Weltkrieg zu beobachtende Staatswachstum, die damit verbundene Regulierungsdichte und Konzentrationsprozesse in der Wirtschaft verantwortlich sein. Das ist übrigens keine Frage der Ökonomie, sondern eine der Logik.
Die Kommunisten Rosa Luxemburg stellte seinerzeit fest: „Ohne Sozialismus keine Demokratie und ohne Demokratie kein Sozialismus.“ Nun, dass der Sozialismus der natürliche Feind der Freiheit ist, wurde hinlänglich bewiesen. Liegt hier der Hund begraben?
Kommentare
Sie schreiben mir aus der Seele !!
Absolut zutreffend und unser Parlament hat mit einem richtigen Parlament überhaupt nichts zu tun !
AfD ! was denn sonst ihr Wahlschafe.
Welche Freiheit ? Es entstehen Koalitionen die vor der Wahl nicht bekannt waren. Freiheit bringt das Mehrheitswahlrecht und mehr direkte Demokratie.
Ein sehr guter Kommentar, der jede Menge Stoff zum Nachdenken und Diskutieren bringt. Die Crux ist wie immer, wie setzen wir das in der Wirklichkeit um …
Direkte Demokratie,nichts anderes fordere ich schon seit langem.Wählen gehe ich schon seit 15 Jahren nicht mehr,weil wie im Bericht beschrieben es keinen Einfluss mehr auf mein Leben hat.
Ein besserer Begriff für unsere Staatsform wäre Wahlmonarchie.Einmal gewählt kann die Regierung schalten und walten ohne Möglichkeit diese zu stoppen.
Nicht einmal Wahlversprechen werden noch eingehalten.So ist die Wahl zu einer Posse verkommen.
Die Schweiz beweist schon lange das es besser wäre dem Souverän die Macht zurückzugeben.
So nebenbei bemerkt:
Im ISLAM hat man auch die Wahl – und somit die Freiheit zu wählen – ob man zu den Gläubigen gehören will oder zu den Ungläubigen.
Allerdings:
wer nicht Allah & Mohamed wählt, sollte ein schnelles Pferd besitzen…
Gibt man die bürgerliche Freiheit auf, ist am Ende auch die politische weg.
Gibt man die politische Freiheit auf, wird einem die bürgerliche genommen.
Eine demokratische Verfassung müsste also beide garantieren. Die bürgerliche wird derzeit ungenügend geschützt und die politische untergraben.
Indirekte Demokratie ist Scheinfreiheit. Es gibt keine Halbfreiheit, nur Freiheit oder Unfreiheit. Die einzig wirkliche Freiheit bietet die direkte Demokratie, alles andere ist Augenauswischerei.
Politiker müssen, bei Versagen und bei schlechtem Benehmen, jederzeit von der Mehrheit des Volkes wieder abgewählt werden können. Solange diese Möglichkeit nicht besteht ist man nicht frei.
In einer direkten Demokratie hätte ein VDB einen unbescholtenen Kickl nicht einfach grundlos, unter reger Mithilfe von Kurz, aus dem Innenministerium werfen können. Das Volk hätte darüber selbst entschieden.
Bravo, wie immer ein trefflicher Kommentar.
Ein weiterer verständiger Lichtblick in unsrer Zeit.
Doch gibt es sehr viele Lichtblicke und trotzdem wandern wir alle geschlossen in die große Dunkelheit… warum nur?
Sehr verehrter Herr Tögel, ich zitiere Kurt Tucholsky, Mark Twain und Emma Goldmann, sie alle wussten schon damals – “wenn Wahlen etwas ändern würden, dann wären sie längst verboten”…..Bemüht man die Historie muss man leider konstatieren, diese Herrschaften hatten recht. Sieht man sich die momentane Situation in Österreich an, ist man ob dieser Regierung fassungslos und zornig. Ohnmächtig muss man feststellen, man kann nichts unternehmen gegen diese Dilettanten. Leider steht nichts in unserer Verfassung geschrieben, dass uns Bürgern bei völligem Dilettantismus und Verbrechertum der Politstatisten die Möglichkeit gegeben wird, diese linken und kommunistischen Politverbrecher zu teeren, zu federn und dauerhaft im Wasserzuber versenken zu können. Das wäre mir nämlich ein Volksfest…..
Der Begriff Freiheit ist höchst dehnbar. Im Grunde befindet sich die Freiheit alleine im Kopf. Wenn man also ein eher simples Leben bevorzugt, fühlt man sich auch mit einem Dach über dem Kopf und mit den notwendigsten lebenserhaltenden Maßnahmen (Lebensmittel, Trinkwasser, Bewegungsfreiheit etc.) frei. – Genau dorthin will die Politik die Bevölkerung auch hintreiben. Hier ist wieder der berühmte Satz geltend: Ihr werdet arm aber glücklich sein. – Nun kommt das Aber: Wird einem Volk Demokratie und Wohlstand angeboten, nimmt es diese Möglichkeiten natürlich gerne an. Werden diese Angebote schrittweise eingeschränkt, währenddessen gleichzeitig die Leistung (Steuergelder etc.) gleich bleibt, fühlt sich die Bevölkerung gleich nicht mehr so frei. Solange die Balance beibehalten wird, ist das Volk also zufrieden. Und diese Zeiten sind leider schon länger vorbei.