Denn dass die Parteitagsdelegierten den Mehrheitswunsch ihrer Mitglieder ignoriert und den progressiven Babler dem machtbewussten Pragmatiker Doskozil vorgezogen haben, spricht Bände: Die Genossen wollen zurück zu ihren revolutionären Wurzeln. Die zurückliegenden Erfolge der Kommunisten bei Regionalwahlen, haben die Sozis anscheinend dazu animiert, sich selbst noch weiter links zu positionieren.

Der Sozialismus ist, wie Igor Schafarewitsch elaboriert ausführte, eben eine „anthropologische Konstante“, die dieser Tage beispielsweise als Critical Race Theory, Black-Lives-Matter–Bewegung, oder als Klimareligion in Erscheinung tritt. In keinem der genannten Fälle geht es um die vorgegebenen Ziele, sondern um eine Zerstörung der bürgerlich-liberalen Ordnung – um einen radikalen Systemwechsel.

So wenig, wie ein gläubiger Christ sich nur zu Teilen der Evangelien bekennt, kann ein Marxist Rosinen aus dem Oeuvre des Trierer Philosophen picken. Im 1848 publizierten Manifest der Kommunistischen Partei, werden auf ganz und gar unmissverständliche Weise Ziele formuliert und die nötigen Mittel genannt, die es im Sinne der Errichtung einer Diktatur des Proletariats anzuwenden gilt. Wer behauptet, Marxist zu sein, will genau das und er wird um die Notwenigkeit nicht herumkommen, Gewalt gegen den Klassenfeind anwenden zu müssen.

Karl Marx war ein Mann von äußerst zweifelhaftem Charakter

Karl Marx war ein Mann von äußerst zweifelhaftem Charakter. Davon, einer Erwerbsarbeit nachzugehen, hat er nichts gehalten, sein Geld hat er verraucht und versoffen. Von Friedrich Engels, dem reichen Sohn eines kapitalistischen Ausbeuters, hat er sich aushalten lassen. Seiner bemitleidenswerten Frau hat er – trotz der üblen materiellen Verhältnisse, in denen er gelebt hat -, sieben Kinder zugemutet, von denen nur drei überlebt haben. Seine vier Söhne sind (möglicherweise an Unterernährung) zugrunde gegangen.

Nun muss der dubiose Charakter eines Menschen nicht bedeuten, dass er auf einem bestimmten Gebiet nicht dennoch zu großen Leistungen fähig ist. Beispielsweise war Marx´ Zeitgenosse, Richard Wagner, zweifellos auch alles andere als von angenehmem Wesen, dennoch aber ein Genie und der wohl größte Opernkomponist aller Zeiten. Sein Erbe ist nicht hoch genug einzuschätzen. Und das macht den himmelhohen Unterschied, denn die gesammelten Werke Marxens haben so gut wie keinen erkenntnistheoretischen Wert. Die Qualität seines Erbes entspricht – anders als bei Richard Wagner – 1 : 1 seinen fragwürdigen Charakter.

An dieser Stelle geht es aber nicht um Marxens Gewaltphantasien, die – wo auch immer sie in die Tat umgesetzt wurden, nie zu etwas anderem als zu Mangel, Elend, Mord und Totschlag geführt haben, sondern um seine ökonomische Lehre. Mehrere Vertreter der „Österreichischen Schule der Nationalökonomie“ (wie Ludwig Mises), haben die Marx´sche Lehre in der Vergangenheit ebenso elaboriert wie vernichtend kritisiert. Im Zentrum ihrer Kritik stand einerseits die Unmöglichkeit einer Wirtschaftsrechnung in Abwesenheit von Marktpreisen (was zwangsläufig zu Fehlallokationen und Unterversorgung führt), und andererseits die seiner Ausbeutungsthese zugrundeliegende Arbeitswerttheorie.

Österreich braucht Rückbesinnung auf bürgerlich-liberale Werte

Der in Brasilien lebende Ökonom Anthony Müller, hat in einem lesenswerten Essay kürzlich „Karl Marx’ sieben fundamentale Irrtümer über die Marktwirtschaft“aufs Korn genommen. So hat Marx beispielsweise das Wesen des Unternehmers auf die eines Ausbeuters reduziert, der den Werktätigen den „Mehrwert“ der von ihnen erbrachten Leistungen ungeniert vorenthält. Für Marx ist der Unternehmer also ein Schädling. Dass der Unternehmer aber Vorleistung erbringen, die Errichtung von Betriebsstätten veranlassen, Produktideen entwickeln und finanzieren muss, lange ehe ihm die ersten Gewinne winken, hat er völlig ignoriert. Den Unternehmer zu enteignen und durch einen vom Sowjet ernannten Betriebsführer zu ersetzen, kann nicht funktionieren, ohne damit den Betrieb zu ruinieren, da ja der eigenverantwortlich und unter persönlichem Risiko handelnde Unternehmer-Kapitalist ganz anders tickt als ein angestellter Agent, dessen Vermögen keinen Schaden nimmt, wenn er Fehlentscheidungen trifft. Müller fasst zusammen: „Im Gegensatz zum Verwalter repräsentiert der Unternehmer die schöpferische Kraft des Unternehmens.“

Beim eben über die Bühne gegangen Bundeskongress des ÖGB, meinte dessen Chef, Wolfgang Katzian, der Prototyp eines Apparatschiks, der – wie auch sein Parteifreund Babler – nur wenige Erwerbsjahre außerhalb geschützter Werkstätten verbracht hat, nicht auf Produktion, sondern ausschließlich auf Verteilung setzen zu können. „Faire Löhne“, Arbeitszeitverkürzung, Hitzefrei ab 30°C, und keine Ausdehnung der Lebensarbeitszeit („45 Jahre sind genug!“), die üblichen Parolen halt, um unbedarfte Klienten bei Laune zu halten.

Dass der Fiskus inzwischen jeden zweiten im Lande erwirtschaftete Euro kassiert, dass die Realeinkommen genau deshalb sinken, und dass eine Eigentumsbildung immer schwieriger wird, weil netto einfach zu wenig vom Bruttolohn übrigbleibt, davon war beim Hochamt des ÖGB leider kein Ton zu hören.

Was Österreich jetzt dringend braucht, ist eine Rückbesinnung auf bürgerlich-liberale Werte, ganz sicher aber keine Karl-Marx-Festspiele. Aus Sicht der immer wenigen werdenden Nettosteuerzahler im Lande, bleibt daher zu hoffen, dass Bablers Sympathie für den Marxismus von einer soliden Wählermehrheit als das erkannt wird, was es ist: Ein den Zeichen der Zeit absolut unangemessenes Bekenntnis zu noch mehr staatlicher Bevormundung und zu noch weniger realverfügbarem Nettoeinkommen.