Dass die Arbeitnehmervertreter einen Inflationsausgleich anstreben, ist verständlich und legitim. Der Kaufkrafterhalt für die werktätigen Massen ist schließlich auch volkswirtschaftlich von großer Bedeutung. Allerdings darf von den Gewerkschaftern nicht so getan werden, als lebten wir auf einer vom Rest der Welt abgeschiedenen Insel der Seligen. Die heimischen Betriebe stehen nämlich – heute mehr denn je – in einem harten internationalen Wettbewerb, der das Beharren auf und Erstreiten von Maximalforderungen zur tödlichen Gefahr für viele Betriebe macht. Wer sein Unternehmen hierzulande nicht mehr profitabel führen kann, wandert entweder vor das Konkursgericht oder verschwindet ins arbeitgeberfreundlichere Ausland. Im Lichte der Tatsache, dass viele Betriebe – ja ganze Branchen -, mit dem Rücken zur Wand stehen, ist daher Augenmaß gefordert. Schließlich kann auch der rabiateste Klassenkämpfer eine tote Kuh nicht melken.

Derzeit versuchen Gewerkschaften, AK, Rote und Grüne der Öffentlichkeit weis zu machen, dass die Mehrheit der Betriebe gar nicht mehr weiß, wohin mit den üppigen Gewinnen. Die Umverteilung dieser Gewinne an die Arbeitnehmer sei daher nur fair. Die Realität vieler Unternehmen sieht aber leider völlig anders aus. Die Insolvenzstatistik des Kreditschutzverbandes von 1870, wartet mit ernüchternden Zahlen auf. Stieg schon im Jahr 2022 die Zahl der Konkurse auf Vor-Corona-Niveau, geht es heuer in derselben Tonart weiter. Bislang hat die Zahl der Firmenpleiten gegenüber 2022 nochmals um 11,9 Prozent zugelegt. Die stark gestiegenen Zinsen, bringen sowohl Firmen als auch Privathaushalte in Zahlungsschwierigkeiten.

Der gewichtige Profiteur

Bemerkenswert ist, dass sich sowohl Vertreter des WIFO als auch des IHS bemüßigt fühlen, im Vorfeld der Lohnverhandlungen der Arbeitnehmerseite die Mauer zu machen. Von beiden Instituten kommen überaus wohlwollende Kommentare zu den Gewerkschaftsforderungen. Wie hilfreich derartige Einlassungen von Wissenschaftlern sind, deren Maxime es sein sollte, sich normativer Aussagen zu enthalten, sei dahingestellt. Einfacher werden die Verhandlungen dadurch jedenfalls nicht.

Da der Meinungshauptstrom inzwischen ja zur Echokammer linkswoker Positionen der Arbeitnehmerseite verkommen ist, seien an dieser Stelle auch einmal Argumente der Arbeitgeberseite gewürdigt.

  So verweist der Chefverhandler der Unternehmerseite bei der Metallerlohnrunde, Christian Knill, zurecht auf die angespannte Konjunkturlage in seiner Branche. Will man tatsächlich eine ganze Reihe von Betrieben über die Klinge springen lassen, nur um seiner in Wirtschaftsfragen weitgehend unbedarften Klientel und einer linken Journaille einen „Verhandlungserfolg“ präsentieren zu können?

Ein grundsätzlicher Denkfehler besteht darin, zu glauben, die vornehmste Aufgabe der Unternehmen bestünde darin, eine maximale Zahl von Beschäftigten möglichst hoch zu entlohnen. Das ist aber falsch! Unternehmen sind vielmehr dazu da, um Waren und Dienstleistungen anzubieten. Dass das ohne den Einsatz von Mitarbeitern nicht funktioniert, ist klar, ändert aber nichts am Sinn und Zweck der Existenz von Unternehmen.

Darüber hinaus darf nicht übersehen werden, welch gewichtiger Profiteur bei sämtlichen Lohnverhandlungen ausgeblendet wird: Der Staat. Denn jeder Euro, den die Gewerkschaften für die Arbeitnehmer erstreiten, landet rund zur Hälfte (in Form von Lohnsteuern, Sozialversicherungsbeiträgen, Kommunalabgaben und Kammerumlagen) beim Fiskus. Anders formuliert: Von 100 Prozent der Lohnkostensteigerungen, wie hoch auch immer sie ausfallen mögen, entfällt die Hälfte auf den stets finanzmaroden Staat. Davon vernimmt man bei Lohnverhandlungen allerdings nie auch nur ein Wort.

Kampf gegen den falschen Gegner

Wenn Staaten und Zentralbanken mit ihrer gemeinsam jahrzehntelang betriebenen Geldvermehrung, ein inflationistisches Umfeld geschaffen haben, in dem die Kaufkraft auf breiter Front verfällt, sind die Unternehmer dafür definitiv nicht verantwortlich! Die Gewerkschaften richten ihre – durchaus berechtigten  Forderungen nach einem Inflationsausgleich daher eindeutig an den falschen Adressaten. Denn nicht die Unternehmen verursachen die Kaufkraftverluste (unter denen sie selbst ja ebenfalls leiden), sondern EZB und Regierungen. Erstere mit ihrer viel zu lange betriebenen Geldschwemme, letztere mit allerlei planwirtschaftlichen Exzessen, die in durch Energiewende, Förderung der Elektromobilität und „Green Deal“ bedingte Fehlallokationen münden und die Lebenshaltungskosten der Bürger dramatisch erhöhen.

Die in etatistischen Denkmustern gefangenen Gewerkschafter wären daher gut beraten, endlich von ihrem unentwegten Kampf gegen den falschen Gegner – die Arbeitgeber – abzulassen und ihre Forderungen den wahren Kaufkraftzerstörern – den Regierungen, deren Zuruf die Zentralbanker artig zu folgen pflegen, unterbreiten: Schluss mit der inflationistischen Geld- und Schuldenpolitik! Runter mit den Lohnnebenkosten! Weg mit den Zwangsbeiträgen zugunsten überflüssiger Interessenvertretungen!

Damit stünde den Arbeitnehmern mehr Liquidität zur Verfügung und die Unternehmen wären im Wettbewerb gegen ausländische Konkurrenten besser aufgestellt.