Andreas Tögel: Inflation ist stets schädlich - Sie ist kein Naturereignis, sondern eine unsichtbare Steuer, die besonders den wirtschaftlich Schwachen schadet!
Beiderseits des Atlantiks sind momentan beachtliche Preissteigerungen zu beobachten – vor allem auf dem Energiesektor. In den USA stiegen die Verbraucherpreise um mehr als fünf Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat.
Inflation wird gemeinhin als Teuerung – als allgemeine Steigerung der Preise für Waren und Dienstleistungen – wahrgenommen. Dass wir spätestens seit der Finanzkrise 2008 in immer stärker inflationären Zeiten leben, ist zumindest denjenigen klar, die täglich ihre Einkäufe erledigen und dafür ständig höhere Geldbeträge ausgeben müssen.
Über Wesen und Ursache der Inflation hat die breite Masse keine klaren Vorstellungen. Dass es sich dabei um ein primär monetäres Phänomen handelt, steht indes fest.
Der US-Ökonom Murray Rothbard bezeichnet sie als eine „betrügerische Verletzung des Eigentumsrechts“. Das trifft deshalb zu, weil Geld in einer arbeitsteiligen Wirtschaftsordnung nicht nur als Tauschmittel fungiert, sondern auch ein Äquivalent für geleistete Arbeit darstellt und der Wertaufbewahrung dient. Wenn es durch Inflation entwertet wird, hat das dieselbe Wirkung wie ein Diebstahl.
Die Inflation lässt viele verarmen
Sogar John Maynard Keynes, das Idol aller dem Privateigentum gegenüber grundsätzlich skeptisch eingestellten linken Kollektivisten, stellt fest, dass mittels anhaltender Inflation „…die Regierung heimlich und unbeobachtet einen wichtigen Teil des Wohlstands der Bürger konfiszieren kann.“ Während die dem Bürger durch direkte Steuern auferlegten Lasten unmittelbar wahrgenommen werden und daher nicht nach Belieben gesteigert werden können (auch wenn der Lohnzettel nicht die volle Wahrheit ausdrückt, weil der Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung darauf nicht ausgewiesen wird), wirkt die Inflation wie eine unsichtbare Steuer.
Absolut zutreffend ist Keynes´ Feststellung, dass die Inflation „…viele verarmen läßt, während sie wenige bereichert“. Im Wesentlichen gibt es zwei Gründe, warum das so ist. Einer der beiden ist der nach dem aus Irland stammenden Ökonomen Richard Cantillon benannte „Cantillon-Effekt“. Dieser besagt, dass neu geschaffene Liquidität nicht gleichzeitig allen Geldnutzern zur Verfügung steht, sondern sich so ausbreitet, wie die Wellen um einen ins Wasser geworfenen Stein. Nahe an der Geldschöpfungsquelle agierende Kreise kommen als erste in ihren Genuß und können bei noch unverändertem Preisniveau einkaufen. Da das erhöhte Geldangebot (unter sonst gleichen Bedingungen) zu einem steigenden Preisniveau führt, spüren das diejenigen am stärksten, die sich am Rand des Wirtschaftssystems befinden und das neue Geld zuletzt erhalten.
Hat nichts mit Turbokapitalismus zu tun
Der zweite Grund besteht darin, dass ein erhöhtes Geldangebot besonders die Preise von Anlagegütern in die Höhe treibt, wie sich in den letzten Jahren anhand der Entwicklung von Aktienkursen und Immobilienpreisen zeigt. Eine Steigerung der Preise für Anlagegüter begünstigt allerdings diejenigen, die bereits über Immobilien und/oder Wertpapierportfolios verfügen, also die Wohlhabenden mit hohen Einkommen. Geringverdiener dagegen haben es zunehmend schwer, überhaupt (Wohnungs-)Eigentum zu bilden.
Die in Sonntagsreden häufig beklagte, zunehmende Ungleichverteilung der Vermögen, ist zum Großteil eine Konsequenz der anhaltenden Geldinflation und hat mit freier Marktwirtschaft und „Turbokapitalismus“ nicht das Geringste zu tun. Wer für das Auseinanderdriften der Vermögensverteilung Schuldige sucht, wird bei jenem politisch-geldindustriellen Komplex fündig, der sich selbst so gerne als Stabilitätsgarant und Beschützer der Unterprivilegierten darstellt, in Wahrheit aber deren schlimmster Feind ist.
Mehr Schaden als Nutzen
Fazit: Inflation ist für die Gesellschaft selbst dann schädlich, wenn sie keine so verheerenden Ausmaße annimmt, wie in den frühen 1920er-Jahren. Zentralbanken, deren Aufgabe in der Erhaltung der Geldwertstabilität besteht, die sich aber dennoch „Inflationsziele“ geben (im Fall der EZB sind das neuerdings zwei Prozent+), sind in Wahrheit Inflationierungsbehörden, die mehr Schaden als Nutzen stiften.
Andreas Tögel, geboren 1957, ist gelernter Maschinenbauer und ausübender Kaufmann. Tögel sieht sich als Libertären und im Hayekschen Sinne als „second hand dealer of ideas“.
Kommentare
Eine moderate Inflation ist für eine funktionierende Wirtschaft eine wichtige Voraussetzung. In einer längeren Phase einer Deflation, würde die Wirtschaft austrocknen, da die Meisten in Erwartung noch niedrigerer Preise den Konsum aufschieben würden.
“Inflation ist stets schädlich” – es kommt auf die relativen Preise an, nicht die absoluten.
Weiters auf die Höhe der Inflation, ob erwartet oder nicht, auf die eigene Vermögensposition und -zusammensetzung uvm.
So allgemein banal kann man die Sache also nicht angehen, kommt nur Unsinn heraus (q.e.d.).
Inflation entwertet bestehende Geldbestände. Sie reduziert die Kaufkraft Ihrer Ersparnisse und Erlebensversicherungen. Was hat das mit relativen oder absoluten Preisen zu tun? Sie haben danach weniger als vorher. Ende der Durchsage. Wie Murray Rothbard korrekt feststellt, handelt es sich um ein betrügerisches Manöver der Geldproduzenten, das die Geldhalter schädigt. Man kann Geldinflation auch schlicht als Diebstahl bezeichnen. Ich wäre begierig zu erfahren, welcher positive Effekt von Betrug oder Diebstahl ausgehen soll (außer der unredlichen Bereicherung des Täters).
Ein sehr interessanter Beitrag. Ohne besondere Fachkenntnisse auf diesem Gebiet aufweisen zu können, erinnert mich die aktuelle Entwicklung in Europa (oder darüber hinaus) an die japanische Finanzkrise Ende der 90er Jahre. Im Gegensatz zu damals, als sich mehr oder weniger ein einzelnes Land auf ein Desaster zubewegte, könnte man sagen, dass sich momentan, auf Europa bezogen, ein gewichtiger und gesamter Wirtschaftsraum auf dünnem Eis befindet.
Mit einem riesengroßen Unterschied: Japans Gläubiger sind im eigenen Land – unser Gläubiger ist primär die EZB, die jeden Schmarrn EU-weit aufkauft, aber sich dann dennoch an den Steuerzahlern schadlos halten kann, mit dem unangenehmen Nebeneffekt, dass z.B.: die Steuerzahler Österreichs im schlimmsten Fall auch für die Schulden anderer ebenfalls bei der EZB verschuldeten Staaten einstehen muss.
Ich denke, Geld ist nicht auch ein Äquivalent von Arbeit sondern eigentlich immer. Auch wenn der, der es bekommt nicht selbst dafür gearbeitet hat – irgendwer hat dafür gearbeitet. Geld entsteht erst durch Arbeit. Das ist nicht einfach da (und bräuchte nur richtig verteilt werden, wie die Linken meinen).
Eigentlich sollte Geld nicht zur Wertaufbewahrung verwendet werden, man sollte es am besten sofort ausgeben, sodass es jemand anderer verdienen kann. Um das zu forcieren, hatte man bei dem bekannten Geld-Experiment in Wels seinerzeit das Geld als Schwundgeld gemacht. Mit der Zeit ist ein Geldschein immer weniger Wert geworden.
Eine andere Sache zur Inflation ist der Zins der für Ausleihungen bezahlt wird. Man kann sich das gedanklich durchrechnen, wie es ausschaut bei einer Währung mit einem fixen Anzahl Währungseinheiten – früher war das z.B. Gold – die ihren Wert nicht verändern. Am Ende hat das ganze Gold die Bank.
Währungen, die so wie Gold stabil gehalten worden sind, sind daher nach einigen Jahrzehnten – vorhersehbar – kollabiert mit einer galoppierenden Inflation.
Um dieses Problem zu lösen, wird die Anzahl der Währungseinheiten um den Zuwachs der durch Zinsen entsteht ausgeweitet. Wenn das also beispielsweise 5% sind, dann werden 5% mehr Währungseinheiten ausgegeben. Die insgesamte Geldmenge bleibt wertmäßig gleich, aber die Währungseinheit ist entsprechend weniger Wert geworden. So kann man eine Währung endlos weiterbestehen lassen. Man wird halt dann gelegentlich von 1000 Einheiten auf eine neue Einheit umwechseln, damit die Beträge “handlich” bleiben (z.B. alte Franc, neue Franc), aber es gibt nie eine Totalentwertung.
Zudem wird freilich die umlaufende Geldmenge ständig die aktuelle Wirtschaftsleistung im Währungsraum angepasst – dafür werden also ständig Währungseinheiten dem Umlauf entzogen oder dazugegeben (Geld = Arbeit). Das ist eine extrem komplexe Angelegenheit und auch die eigentliche Hauptaufgabe von Notenbanken. Wenn das falsch gemacht wird, entsteht ganz automatisch eine zusätzliche Inflation oder Deflation – beides ist schlecht.
Genau aus diesem Grund ist eine reguläre Währung auf Basis eines begrenzt und unveränderbaren Mittels – Gold, Bitcoin – nicht möglich. Da kann man nicht einfach die Anzahl der Währungseinheiten reduzieren oder ausweiten, was aber für das dauerhafte Funktionieren einer Währung nötig ist.
Eine andere Besonderheit einer Währung ist es, dass sich der Wert der Währungseinheit hinsichtlich Inflation/Deflation danach bewertet, was davon im Währungsraum – wo das also das reguläre Zahlungsmittel ist – im Umlauf ist.
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Manche Währungen – insbesonders der USD – werden als Zahlungsmittel außerhalb ihres Währungsraums verwendet. Also zwischen Staaten, die nicht die USA sind. Dieses Geld kommt daher auch nie mehr wieder in die USA zurück (falls doch, gibt es Krieg).
Das funktioniert also so, dass man bildlich gesprochen ein paar Lastautos mit Dollarscheinen in ein solches Land bringt und dafür einige Schiffsladungen an Waren – oder Öl – bekommt. So lange dieses Geld nie wieder in die USA zurückkommt, hat man diese Waren quasi zum Preis des bedruckten Papiers bekommen.
Wenn dann also ein solches Land auf die Idee kommt, umgekehrt Waren aus den USA zu bekommen und diese mit diesen Dollars zu bezahlen werden die ganz schön grantig.
Nun ist es ja so, dass sich der Euro auch zu einer Art Weltwährung wie der USD – sicherlich sehr erheblich kleiner – entwickelt hat.
Ich habe keine Ahnung wieviel da quasi dauerhaft außerhalb des Währungsraums bewegt wird oder ob das überhaupt irgendwo bekanntgemacht wird.
Nun wird also Geld quasi gedruckt in größerem Umfang, wodurch man eine Inflation erwartet. Aber wenn es tatsächlich so sein sollte, dass es sich dabei um eine Menge handelt, die außerhalb des Währungsraums bleibt, dann passiert eben keine Inflation.
Das ist nur meine Überlegung. Man kann eine Währung eigentlich nicht so manipulieren, dass sie einen beliebigen gewünschten Wert hat, weil wenn der nicht zu den Parametern des Währungsraums passt das ein quasi natürlicher Vorgang ist, dass sich eine Inflation oder Deflation ergibt.
Nun ist es auch so, dass die USA ja keine sonderliche Freude mit der Einführung des Euros hatten, weil dieser sich ja zu einer starken Konkurrenz entwickeln könnte. Dem Euro wurden ursprünglich höchstens zehn Jahre “gegeben”. Ich glaube von Greenspan damals.
Tatsache ist halt, dass es ihn erstens nach mehr als 20 Jahren immer noch gibt und zweitens sein Wert fast ständig besser ist als der USD. Bei der Einführung des Euro standen USD:EUR 1:1.
Also ich bin nicht so sicher, ob die bei der Zentralbank wirklich so viel falsch machen.
Wenn jemand eine Idee hat, wie man eine dauerhaft funktionierende Währung ohne Inflation machen könnte, der kann sich sicher damit eine goldene Nase verdienen. Und mindestens einen Nobelpreis.
Ich habe das dann durchgelesen und mir ist ein Fehler aufgefallen, wodurch das nicht verständlich ist, was ich meine. Der Absatz, der oben genauso beginnt wie hier:
Nun wird also Geld quasi gedruckt in größerem Umfang, wodurch man eine Inflation erwartet. Aber wenn es tatsächlich so sein sollte, dass es sich dabei um eine Menge handelt, die außerhalb des Währungsraums bleibt, dann passiert eben keine Inflation.
Und das passiert beispielsweise so: Firmen aus der EU zahlen einer Firma im Irak die von dort bezogenen Waren in EUR. Die Firma im Irak freut sich, weil der EUR ja viel stabiler ist. Eine andere Firma in der Türkei verkauft in die EU was und bekommt auch EUR. Nun will die Firma aus dem Irak der Firma in der Türkei was abkaufen. Die nimmt lieber EUR. Also zahlt die in EUR. Und in der Tour geht es weiter und für die Europäische Zentralbank stellt sich dann irgendwann heraus, dass es da eine Summe X an EUR gibt, die schon lange außerhalb des Währungsraums unterwegs ist, und höchstwahrscheinlich nicht mehr zurückkommen wird.
Und nun kann die Zentralbank genau diese Summe X fröhlich drucken und in der EU verteilen.
Ganz nett durchzulesen Ihre Reflektionen. Sie müssten klarer die Funktionen von Geld (Umtausch- oder Wertaufbewahrungsmittel), also Geld versus Kapital, unterscheiden. Und auch die Geldmengendefinition besser verstehen, ebenso wie den Transmissionsmechanismus geldpolitischer Maßnahmen inklusive die relevanten Akteure. Volkswirtschaft ist an sich nichts für Anfänger, auch nicht in Zeiten, in denen die EZB-Chefin eine nachplappernde und vornehmlich politisierende Juristin ist.
Es geht doch hier nur um Geld und Inflation.
Derzeit versucht die Wirtschaft sich ganz schnell das zurückzuholen, was sie in der Pandemie verloren hat. Egal, wo man sich hinwendet, überall – insbesondere in Wien – merkt man einen Preisdruck, ein Anziehen der Preise zwisch 5- 20 %. Daher halte ich mich mit dem Konsum wo möglich zurück.
Ja in den Städten kann man das echt sehen. Am Land merke ich gar nix da ist alles wie vorher. Aber es haben schon auch einige Lokale und Firmen für immer zugesperrt.