Andreas Tögel: Mindestlohn macht arbeitslos
Zwei sozialdemokratische Landeshauptleute machen sich für Lohn-Untergrenzen stark. eXXpress-Kolumnist Andreas Tögel erklärt, warum das keine gute Idee ist.
Preisobergrenzen und Mindestlöhne, die keine Rücksicht auf die Märkte nehmen, von Staats wegen zu dekretieren gehören zum Standardrepertoire um Wählerstimmen buhlender Politiker – namentlich denen linker Parteien. Verständlich, denn wer möchte nicht weniger Miete zahlen und verdient nicht lieber mehr? Der Wirtschaftsnobelpreisträger F. A. Hayek spricht in diesem Zusammenhang allerdings von einer Anmaßung von Wissen, da einschlägigen Entscheidungen ja die wesentliche Voraussetzung fehlt – nämlich eine umfassende Information über sämtliche Präferenzen auf der Angebots- und der Nachfrageseite.
Der in der Zeit von 1895 bis 1904 mehrfach als Finanzminister fungierende österreichische Nationalökonom Eugen Böhm von Bawerk kam zu folgender Erkenntnis: „Politische Macht vermag das ökonomische Gesetz niemals außer Kraft zu setzen.“ Eine Einsicht, mit der sich die politische Klasse nicht abzufinden bereit ist, die auf den Triumph ihres Willens vertraut, nicht aber auf Marktgleichgewichtspreise.
„Erfolgsversprechende“ Rezepte für Berlin und Österreich
Im rot-rot-grünen regierten Berlin, wo ein „Mietpreisdeckel“ gilt, sind die Früchte derart marktfeindlicher Bemühungen zu sehen. Das Angebot an Mietwohnungen ist seither um rund 40 Prozent zurückgegangen: Sozialismus wirkt.
Diesen beachtlichen Erfolg vor Augen, denken sich die roten Landeshauptleute Peter Doskozil (Burgenland) und Peter Kaiser (Kärnten) offenbar, dass, was bei Höchstpreisen Recht ist, bei Mindestlöhnen billig sein sollte und erheben entsprechende Forderungen. Wenigstens 1500 Euro monatlich setzt LH Kaiser eben für die Landesbediensteten in Kärnten durch; 1700 Euro netto sollen es nach den Vorstellungen Peter Doskozils sein – für in der Privatwirtschaft tätige Arbeitnehmer. Die genannten Zahlen sind Hausnummern. Warum Genosse Doskozil nicht auf dem Doppelten besteht, liegt im Dunkeln, denn das wäre ja noch viel „sozialer“!
Einen Mindest-Nettolohn zu fordern, ist übrigens insofern drollig, als der Dienstgeber auf die Höhe desselben nur bedingt Einfluss hat. Bei gleichem Bruttolohn fällt die Nettoauszahlung an einen alleinverdienenden Familienvater, der Sonderausgaben und ein Pendlerpauschale geltend machen kann, nämlich höher aus als die an den Singlemann, für den beides nicht zutrifft. Aber man lege keinen allzu strengen Maßstab an Menschen an, die – wie die beiden zitierten Herren – niemals unter Marktbedingungen einen Cent verdient, geschweige denn als Unternehmer erwirtschaftet haben. Von der freien Wildbahn des Marktes und den dort herrschenden Gesetzen, haben Zeitgenossen, die in geschützten Werkstätten sozialisiert wurden, naturgemäß keine Ahnung.
Die Politik missachtet die erste Lektion der Ökonomie
An dieser Stelle sei ein dritter Ökonom, der Amerikaner Thomas Sowell zitiert: „Die erste Lektion der Ökonomie ist die Knappheit: Es gibt niemals genug von irgendetwas, um alle befriedigen zu können, die es haben wollen. Die erste Lektion der Politik ist die Nichtbeachtung der ersten Lektion der Ökonomie.“ VWL, erste Vorlesung: Angebots-Nachfrage-Diagramm. Das besagt, umgelegt auf unsere beiden Beispiele, dass, wer den Mietpreis unter den Marktpreis drückt, Wohnungsnot produziert und wer den Preis der Arbeit über dem Marktpreis festlegt, Arbeitslosigkeit schafft. Auch Sozialdemokraten sollte einleuchten, dass Arbeitskosten den Markterlös nicht übersteigen dürfen.
1700 Euro netto entsprechen hierzulande rund 3400 Euro brutto an Kosten für den Dienstgeber. Das übersteigt die von vielen Dienstnehmern erbrachte Wertschöpfung. Der prohibitive Preis würde viele Arbeitsplätze zum Verschwinden bringen – man denke an Verkäufer, Kellner und Friseure – Berufe mit geringer Wertschöpfung. Vom Draufzahlen können am Ende nur subventionierte Staatsbetriebe leben. Privatunternehmen leider nicht.
Andreas Tögel, geboren 1957, ist gelernter Maschinenbauer und ausübender Kaufmann. Tögel sieht sich als Libertären und im Hayekschen Sinne als „second hand dealer of ideas“.
Kommentare
Irgendwer muss halt nun mal um 3 € die Stunde Toiletten im Flugzeug schrubben, damit wir anständigen, braven Steuerzahler um 45 € nach Ibiza fliegen können.
Wenn diese Minderleister mehr verdienten, könnten wir Leistungsträger uns unser Leben nicht mehr leisten. Von daher ist das schon okay: Wer sich dazu entscheidet, für Niedriglohn zu arbeiten, hat das eben selbst entschieden. Leistunsgträger finden immer gut bezahlte Stellen!
Gerüchteweise hat Doskozil netto mir brutto verwechselt und konnte dann nicht mehr zurück.
Ich bin für den Mindestlohn , vielleicht nicht 1.700 Netto was die eine Seite ist , aber Stundenlöhne von 3.50 sind die andere Seite . Vor allen wenn die niedrigen Löhne ein ganzes Berufsleben samt Pension von Transferzahlungen der Allgemeinheit unterstützt werden müssen .
Ein Unternehmen das nicht in der Lage ist Mindestlohn zu zahlen hat auch nicht die notwendigen Fähigkeiten in diesen Land Geschäfte zu tätigen .
Sagte so oder ähnlich F.D.Roosevelt , und besser kann man es nicht ausdrücken .
F.D. Roosevelt hat mit seiner Mindestlohnpolitk ja auch jede Menge Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft vernichtet.
In den USA gibt es Mindestlohn schon seit Jahrzehnten und die sind nicht wirklich sehr sozialistisch.
und die haben auch mind. 2 Jobs
Oh – wie ist das dann aber zu erklären?
https://m.bpb.de/apuz/315569/fuenf-jahre-gesetzlicher-mindestlohn-bilanz-und-perspektiven
Ideologische Verblendung war noch nie gute Voraussetzung für volkswirtschaftliche Expertise…
Es sollte im vorliegenden Fall aber nicht übersehen werden, das die Realerhöhung zu den zuvor bestehenden Mindestlöhnen nur sehr gering war. Wenn ein Mindestlohn oberhalb des Marktpreises (der sich an der Wertschöpfung der Arbeit orientiert) festgelegt wird, tritt jedenfalls ein negativer Beschäftigungseffekt ein. Darüber haben Walter Williams und Thomas Sowell in den USA umfangreiche Studien vorgelegt. Man braucht aber kein VWL-Studium, um zu begreifen, in welche Richtung der Hase laufen wird, wenn der Arbeitsertrag nicht mehr ausreicht, um die geforderten Löhne zu bezahlen.
Liegt der gesetzliche Mindestlohn indes unterhalb der Produktivitätsschranke, tritt auch kein negativer Beschäftigungseffekt ein. So gesehen, ergäbe er überhaupt keinen Sinn – außer einer Machtdemonstration der Regierung.
Nachdem die Biden-Administration den Betrieben soeben einen erheblich erhöhten Mindestlohn oktroyiert, wird sich in Kürze zeigen, wohin das führt.
Man muß wirklich nicht jeden Unsinn kopieren, der in den USA erfunden wurde (wie z. B. die politische Korrektheit, die “Wokeness” und der BLM-Veitstanz).
Nebenbei erwähnt: daß die USA kein sozialistischer Staat sind, stimmt seit dem Regime F. D. Roosevelts längst nicht mehr.
Sehr geehrter Herr Tögel,
Vielen Dank für Ihre Replik.
Wie Sie richtig andeuten, muss man das Thema doch nuancierter angehen. Es hängt alles vom Kontext ab, zB: kann der Arbeitnehmer mit der Produktion ins billigere Ausland ausweichen? Wie wichtig ist die heimische Kaufkraft für den Absatz (wir überlegen ja auf Makroebene)? Wie sind die demografischen Entwicklungen (natürlicher Rückgang an Arbeitskäften)? Wie hoch ist der Gewinnaufschlag im betreffenden Sektor? Gibt es Raum für (direkte oder indirekte) Arbeitgeberabsprachen in der betreffenden Branche? Welche Arrangements hat der Staat laufen (zB Kompensation der Unterbezahlung durch den Staat in Form von Förderungen oder desgleichen)? Wieviele Zombiefirmen tummeln sich noch herum? Usw.
Die (marginale) Produktivität als Richtschnur ist gut, aber auch fehlerbehaftet: ein CEO der 400 mal so produktiv ist wie ein normaler Mitarbeiter? – Reines ‘rent seeking’, das nur klappt, weil sich eine Art Führungsaufschlag aufgebaut hat. Interessante Materie.
Und über eines sind wir uns offenbar einig: wenn ich als Unternehmer eine Arbeitskraft 40h pro Woche an meinem Arbeitsplatz binde, muss ich auch einen Lohn zahlen (müssen), von dem der Beschäftigte würdevoll leben kann. Und sei es mittels Kollektivvertrag oder Mindestlohn – dann weiß ich zumindest, dass auch mein Konkurrent nicht darunter gehen kann.
Was mir spontan dazu einfällt:
Die Preise werden rassant steigen z.B. Hausbetreuung – was die Betriebskosten für Wohnung steigen lässt und die Inflation anheizt.
Wenn die nicht alphabetisierte Reinigungskraft gleich viel verdient wie der Filialleiter mit spezieller Ausbildung, …..
Falls das so sein sollte, verdient halt der Filialleiter eindeutig viel zu wenig.
Seinem Unternehmen selbst eine 5-Sterne-Bewertung auf Google zu vergeben, hat aber auch ein bisschen etwas von Drolligkeit.
Da ist allerdings was dran…