Sünden resultieren bekanntlich aus üblen Charaktereigenschaften. Neben sechs anderen, wie Hochmut, Zorn und Neid, hat die Gier einen besonders verderblichen Einfluss auf das Handeln der Menschen. Jetzt, in Zeiten der Hochinflation – beiderseits des Atlantiks halten wir gegenwärtig bei immerhin rund zehn Prozent Geldentwertung – bildet die Gier, nach Meinung nicht weniger linker „Experten“, deren Ursache. Gemeint ist die Gier der ruchlosen Unternehmer, die sich mit einem Mal dazu verschworen haben sollen, alle Preise auf breiter Front anzuheben, um sich ihre Taschen mit fetten „Übergewinnen“ vollzustopfen. Weshalb die bösen Ausbeuter nicht schon viel früher auf diese zweifellos geniale Idee gekommen sind, ist rätselhaft. Um Unternehmergier als Hauptgrund für den aktuellen Kaufkraftverfall zu identifizieren, bedarf es daher schon eines recht schrägen Blickwinkels auf die Fakten.

Die Geldschwemme der Zentralbanken hat den Boden für die jetzige Inflation bereitet

Jedenfalls fällt auf, dass diejenigen, die mit derartigen Schuldzuweisungen hausieren gehen, in aller Regel keinen Tag unter Marktbedingungen ihr Geld verdient, sondern stets im Dunstkreis des Staates oder in einem der von diesem privilegierten und/oder subventionierten Biotopen gelebt haben: „Wes Brot ich ess´, des´ Lied ich sing.“

Denn dass es natürlich ausschließlich der Staat und die von ihm beherrschten Institutionen (namentlich die Zentralbanken) sind, die durch ihre in den zurückliegenden Jahrzehnten produzierte Geldschwemme den Boden für die derzeit galoppierende Geldentwertung bereitet haben, ist unübersehbar. Von Regierungen und Geldalchemisten wird also hemmungslos auf Unschuldige eingeprügelt, um von der eigenen Verantwortung abzulenken. Das sollte auch nicht überraschen denn wie stellte Friedrich Nietzsche schon vor mehr als 100 Jahren in seinem „Zarathustra“ mit zeitloser Gültigkeit fest:

„Staat heißt das kälteste aller kalten Ungeheuer. Kalt lügt es auch; und diese Lüge kriecht aus seinem Munde: »Ich, der Staat, bin das Volk.«“

Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein, als der letzte Satz dieses Zitats. Aber zurück zur Gier: In einem amüsant zu lesendem Beitrag auf der Seite des deutschen Mises-Instituts, wird mit diesem Unsinn aufgeräumt: hier.

Inflation ist nicht dasselbe wie Teuerung

Wie nicht oft genug betont werden kann, ist Inflation stets und ausschließlich ein für Fiat-Geldsysteme typisches monetäres Phänomen, das in einem Warengeldsystem (in dem etwa Biberfelle, Kaurimuscheln oder Goldmünzen) als Tauschmittel dienen, niemals auftreten kann. Und zwar deshalb nicht, weil ein Warengeld – anders als bunt bedruckte Zettel – nicht in beliebiger Menge und faktisch zum Nulltarif produziert werden kann.

Deshalb ist es wichtig, zwischen Inflation und Teuerung zu unterscheiden. Zu einer Teuerung kann es kommen, wenn sich die Publikumspräferenzen verändern: Wenn unter sonst gleichen Bedingungen die Nachfrage nach Äpfeln oder bestimmten anderen Gütern steigt, wird sich deren Preis nach oben bewegen. Diese Preiserhöhung hat mit Inflation indes nichts zu tun. Auch wenn eine Teuerung – etwa aufgrund einer Angebotsverknappung eines bestimmten Grundstoffes, etwa Erdgas – eintritt, handelt es sich dabei nicht um Inflation.

Nochmals: Inflation bedeutet die Aufblähung der Geldmenge. Weil das in den Jahren nach der Weltfinanzkrise 2008 oder nach der Eurokrise 2010 geschaffene Geld, das Publikum zum Großteil nie erreicht hat, sondern im Finanzsystem verblieben ist, war auch die Geldentwertung moderat. Jetzt aber, da die Regierungen mittlerweile zum Verteilen von „Helikoptergeld“ übergegangen sind, indem sie allerlei Hilfs- und Unterstützungszahlungen direkt an die Konsumenten verteilen, ist mit einer Art „Turboeffekt“ zu rechnen. Die Teuerung wird sich in der nächsten Zeit daher sicher nicht abschwächen, sondern die Konsumenten mit voller Wucht überrollen.

Der Staat kann nur verteilen, was er den Steuerzahlern zuvor weggenommen hat

Durch derzeit faktisch im Wochentakt aufgelegte, immer neue Unterstützungsaktivitäten, wird zudem die höchst ungesunde Vorstellung befördert, der Staat wäre imstande, die Menschen vor allen Fährnissen des Lebens zu bewahren, indem er ihnen großzügig unter die Arme greift. Das aber ist grundfalsch! Nochmals Nietzsche:

„Aber der Staat lügt in allen Zungen des Guten und Bösen; und was er auch redet, er lügt und was er auch hat, gestohlen hat er’s.“

Der Staat kann schließlich nur verteilen, was er den Steuerzahlern zuvor genommen hat (oder künftig noch nehmen wird: Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen). Selbst im günstigsten Fall könnte dabei nie mehr als ein Nullsummenspiel herauskommen, da der Staat ja nichts zur Wertschöpfung beiträgt. In der Realität verhält es sich allerdings noch ungünstiger, da die Umverteilungsaktivitäten ja mit hohem Verwaltungs- und Personalaufwand verbunden sind. Am Ende kommt bei den Begünstigten deutlich weniger an, als den Zahlern genommen wird.

Fassen wir zusammen: Die Politik hat – via Geldproduktion – die Hand an der Wiege der Inflation. Zugleich sorgt sie mit künstlichen Handelshemmnissen (z. B. mit sinnfreien Lockdowns oder mit willkürlichen Sanktionen, die über den wichtigsten Energielieferanten verhängt werden) für Lieferengpässe und nie zuvor erlebte Preisexplosionen bei fossilen Brennstoffen. Ohne preiswert eingekaufte Energieträger, funktioniert das europäische Geschäftsmodell aber nicht. Und um das Trauerspiel mit Chuzpe zu würzen, beklagt die Nomenklatura, angesichts der durch sie geschaffenen Trümmerwüste, ein „eklatantes Marktversagen“, das sofortige politische Interventionen erfordert. So viel Irrsinn gab´s noch nie. Wir leben in der Tat in „interessanten Zeiten“.