
Andreas Tögel: Von Zukunft keine Spur bei der Steuerreform
Davon, dass die Regierung den Mut gehabt hätte, im Zuge der Steuerreform einige der seit vielen Jahren diskutierten und dringend gebotenen Strukturreformen in Angriff zu nehmen, kann leider keine Rede sein. Die ungelöste Frage der künftigen Pensionsfinanzierung, die Jahr für Jahr steigende Bundeszuschüsse erfordert, sei als Beispiel genannt.
Die Regierung ist nach dem Rücktritt von Kanzler Kurz – vorerst – gerettet. Was für ein Glück, angesichts der dadurch nun mutmaßlich in trockenen Tüchern befindlichen „größten Steuerreform der Zweiten Republik“ (© Sebastian Kurz). Also durfte Finanzminister Blümel seine zweite Budgetrede halten, in der diese Reform einen Schwerpunkt bildete.
Davon, dass die Regierung den Mut gehabt hätte, im Zuge der Steuerreform einige der seit vielen Jahren diskutierten und dringend gebotenen Strukturreformen in Angriff zu nehmen, kann leider keine Rede sein. Die ungelöste Frage der künftigen Pensionsfinanzierung, die Jahr für Jahr steigende Bundeszuschüsse erfordert, sei als Beispiel genannt.
Immerhin hat die Regierung spürbare Entlastungen für die Arbeitnehmer eingebaut, indem sie die zweite und dritte Steuertarifstufe absenkt. Allerdings wird diese Steuersenkung von der „kalten Progression“ bis 2024 Großteils wieder aufgefressen werden, da die Regierung es nicht geschafft hat, diese abzuschaffen. Das Problem des Hineinwachsens in höhere Tarifstufen wäre ein für allemal gelöst, würden die dafür geltenden Beträge valorisiert – also an die Geldentwertung angepasst. Schließlich steht ja in keinen Stein gemeißelt, dass die Steuerstufen unverrückbar festliegen. So aber bleibt es dabei, dass de facto „die Inflation besteuert“ wird, wie die Denkfabrik Agenda Austria in ihrer aktuellen Budgetanalyse feststellt: https://www.agenda-austria.at/publikationen/budgetanalyse-wo-bleiben-die-strukturreformen/.
Keine Signale in Richtung einer Gründerinitiative
Durch die Finger werden vorerst übrigens jene Unternehmer schauen, die ihren Betrieb in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft organisiert haben. Sie zahlen weiterhin eine Körperschaftssteuer in der Höhe von 25 Prozent, die erst im kommenden Jahr um zwei, und 1923 um weitere zwei Prozentpunkte sinken soll. Auch die Mindeststeuer für GmbHs, die auch dann fällig wird, wenn das Unternehmen Verluste einfährt (!), wurde nicht abgeschafft. Zwar handelt es sich dabei um einen Bagatellbetrag, der aber der Steuerlogik prinzipiell widerspricht.
Signale in Richtung einer Gründerinitiative sucht man in der „größten Reform aller Zeiten“ vergeblich. Im zunehmend proletarisierten Land der Hämmer (und Hemmer), in dem eine Fixanstellung beim Staat als Ideal, die Gründung eines Unternehmens aber als verantwortungsloses Glücksrittertum und/oder als moralisch fragwürdig gilt, darf das allerdings auch nicht verwundern.
Anstatt Anreize für Innovationen zu setzen und Neugründungen zu fördern, werden kostspielige „ökosoziale“ (im Klartext: sozialistische) Akzente gesetzt. Die Grünen haben sich bei den Verhandlungen mit der ÖVP offenbar auf ganzer Linie durchgesetzt. Das immerhin 500 Mio. teure „Sauber Heizen“ – Programm ist ein gutes Beispiel: Es läuft auf eine Wertevernichtung infolge des Abbaus funktionierender Geräte und Anlagen hinaus. Die anno 2009 in Deutschland gewährte „Abwrackprämie“, die zur Verschrottung zahlreicher absolut fahrtauglicher Personenkraftfahrzeuge führte, lässt grüßen. Die dafür zum Fenster hinausgeworfenen Mittel konnten und können jedenfalls nicht anderweitig – nämlich besser – investiert werden.
Alarmierendes Defizit
Die angepeilte Lenkungswirkung der CO2-Bepreisung erscheint ebenfalls fragwürdig. Vielen Werktätigen, die ohne ihr Fahrzeug ihren Arbeitsplatz nicht erreichen können, oder die – etwa als Handelsvertreter – das Auto als Betriebsmittel brauchen, bieten sich nämlich keine Alternativen. Eine nennenswerte Einsparung von Treibstoffen ist durch die Reform daher nicht zu erwarten. Würde der Lenkungseffekt wider Erwarten aber dennoch eintreten – etwa deshalb, weil alle Österreicher plötzlich ihre Begeisterung fürs Radfahren entdecken oder ein Faible für teure Elektrofahrzeuge entwickeln, stünde der Fiskus vor dem Problem eines massiven Steuerausfalls, da ihm die Mineralölsteuer immerhin rund 4,5 Mrd. Euro p. a. einbringt.
Dass das Budget nach dem Pandemiejahr 2020 auch heuer wieder ein gewaltiges Defizit vorsieht, ist alarmierend. Alle Ressorts dürfen mehr Geld verbraten als im Vorjahr. Offensichtlich versteht sich der größte Teil der politischen Klasse zwar aufs Ausgeben des Geldes fremder Leute, hat aber keine Ahnung davon, wie man es marktkonform verdient.
Um zum Schluss nochmals die „Agenda Austria“ zu zitieren: „Alles in allem ein Budget, dem die Antworten auf die großen finanziellen Fragen der Zukunft fehlen.“
Kommentare
Eine Pensionsreform zum jetzigen Zeitpunkt, welche die breite Bevölkerung trifft, wäre politischer Suizid. Die Regierung wird doch nicht auch noch an dem dünnen Ast sägen auf dem sie sitzen. Bei den vielen Pensionisten und Babyboomern die demnächst in Pension gehen, wäre es politischer Selbstmord, die ASVG Pensionen zu beschneiden. Dieses Unterfangen hat schon 2006 zur Abwahl von Wolfgang Schüssel geführt, obwohl damals die demografische Situation für Pensionsreformen noch wesentlich günstiger war.
Ad Hatschi Bratschi: “Steuern schenken” ist wirklich ein guter Witz. Und die “Flattax” zahlen von den Gewinnen ihrer GmbH lebende Gesellschafter übrigens längst: 25% KöSt auf nicht entnommene Gewinne und nochmals 27,5% KESt bei der Ausschüttung. Macht zusammen 45,62%. Und das ab dem ersten verdienten Euro – ohne jeden Freibetrag. Toll, nicht wahr? Die meisten Arbeitnehmer würden sich schön bedanken, wenn der Fiskus sie derart brutal über den Tisch ziehen würde. Aber ich verstehe natürlich, dass die Bewirtschaftung des Neides ein einträgliches Geschäft für die Sozialisten in allen Parteien darstellt.
Genau so ist es!
Zuerst einmal schließe ich mich der Meinung von Dr.P an. Dazu möchte ich noch erwähnen, dass die Mehrzahl unserer Parteien ja voll im “Kurz-muss-weg”-Spiel engagiert ist, die ÖVP dann nolens volens auch. Wo sollte dann die Energie und das Hirnschmalz für wichtige Reformen herkommen?
Lieber Herr Tögel, die bisherigen Steuersenkungen samt Familienbonus waren wohl überlegte politische Schritte von Sebastian Kurz. Wenn Sie mehr wollen, dann müssen Sie sich auch damit auseinandersetzen, wo sie das bei unserem missgewirtschafteten Staat mit seinen trägen rund 800.000 offiziellen Beamten/innen tun wolen, ohne tief in das Fleisch hinein zu schneiden. Die Rückführung des durch die Einheitspartei SPÖVP errichteten Sozialstaatsmonsters erachte ich als Lebensaufgabe für Sebastian Kurz, Fertigstellung in 10/15 Jahren, so ehrlich sollte man sein. P.S. Fangen wir beide einmal beim kranken Krankensystem an, wo dem kleinen Hackler nicht einmal mehr die Zähne bezahlt werden, lediglich einne 15€ teueren Gummizahn vom Hofer darf er sich in den Mund picken. Dort verwalten rund 40.000 träge, beszahlte Angestellte in den Sozialversicherungsträger rund 40.000 Ärzte, weltweit die größte Ärztedichte pro Kopf. Und wenn man einen Arzt braucht, dann gilt Joesi Prokopetz´s Satz: ” Und er kummt net und kummt net”. So und jetzt erwarte ich mir darüber einen tief gehenden Kommentar von Ihnen in nächster Zeit, das bisherige ist abgelutscht, auch der Hinweis auf die kalte Progression, die abzuschaffen wirklich nur Besserverdiener wie mir und Ihnen hilft, dem kleinen Hackler nicht, daher möchte ich als sozial denkender Mensch nicht, dass sie abgeschafft wird.
Ein warmer Geldregen , der eine menschenwürdige zahnärztliche Versorgung gewährleisten würde, hat sich leider auch nicht über die Versicherungsgemeinschaft ergossen, nachdem die Sozialversicherungen fusioniert, und die E-Card mit Foto eingeführt wurden. Ganz im Gegenteil. Die ÖGK war auch schon vor Corona noch defizitärer, als es die einzelnen GebietsKK davor waren.
Wieviele Prozent Steuern sollen wir den sogenannten Körperschaften denn noch schenken? Ehedem bezahlten Gesmbh und Co. ebenso viel Einkommensteuer, wie jeder andere Gewerbebetrieb. Und das war richtig so. Dann erfand man die Körperschaftssteuer – wegen des Konkurrenzdrucks aus dem Nachbarausland – und flugs wurde z.B. aus simplen Taxibetrieben Gesmbh bzw. KG, die statt rund 40 Prozent bloß noch 25 Prozent Körperschaftssteuer bezahlten. Wie Schwammerln wuchsen plötzlich Körperschaften aus dem Boden.
Jetzt sudern diese Privilegierten schon wieder herum, das wäre noch zuviel.
Es sollte endlich eine allgemeine Flattax kommen, wie sie Haider bereits vor 30 Jahren einmahnte. Körperschaft – was für ein Wort – hin oder her.
@ Hatschi B.: Ich fürchte Sie haben die Steuerbelastung für GmbH‘s etc. nicht wirklich durchschaut. Die Köperschaftssteuer ist nur ein Teil der Besteuerung. Wenn ein Gesellschafter einen Gewinnanteil ausschüttet, zahlt er ganz normal Einkommensteuer.
Ein Einzelunternehmer kommt da wesentlich günstiger weg, abgesehen von der unbeschränkten Haftung.
Ausgeschüttete Gewinne werden mit der KEST versteuert und nicht nach der EST.