Der ehemalige Leiter des deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts ifo, Hans-Werner Sinn, übt heftige Kritik an der Energiepolitik der EU und jener der Regierung von Olaf Scholz (SPD). Der CO₂-Ausstoß bei Öl, Kohle und Co. könne nur reduziert werden, wenn „alle oder fast alle mitmachen, denn was wir nicht verbrauchen, verbrauchen sonst andere“, erklärte der Wirtschaftsprofessor gegenüber der „Bild“-Zeitung. „Wenn Deutschland kein Öl mehr kauft, fällt der Weltmarktpreis, und andere kaufen es.“ Das hätten die vergangenen 40 Jahre deutlich gezeigt.

Ein Verbot von Verbrennungsmotoren sei daher sinnlos: „Es ruiniert unsere Automobilindustrie, senkt unseren Lebensstandard und subventioniert andere Länder, vor allem China. Wo in den letzten Jahren nicht nur immer mehr Kohle verbrannt wird, sondern auch der Ölverbrauch steigt“, so Sinn. Da es zu wenig Ökostrom gebe und die Atomkraftwerke ausgemustert würden, „bedeuten mehr Elektroautos Braunkohleabbau und mehr Kohlenstoff in der Luft“.

Hans-Werner SinnReuters

Sinn: "Wir können die Energiewende leider nicht ohne fossile Energieträger bestreiten"

Das Verbrenner-Verbot führt laut Sinn wegen der Umlenkung der Öltanker in andere Länder keineswegs zu weniger Kohlenstoff-Emissionen. Deshalb schlussfolgert er: „Der Klimawandel beschleunigt sich wegen des Verbrenner-Verbots.“ Auch den Austausch von Ölheizungen durch Wärmepumpen hält der Wirtschaftsprofessor mit Blick auf den Klimaschutz für nicht effektiv. Das Öl werde anderswo verbrannt und der Mehrverbrauch an Strom führe dazu, dass die Kraftwerke mehr Braunkohle verbrennen.

Was den Ausbau erneuerbarer Energien angeht, sagte Sinn: „Wind- und Sonnenstrom werden uns nicht alleine versorgen. Die Quellen sind nicht regelbar und das Wetter ist unstetig.“ In Dunkelflauten müssten regelbare Kraftwerke in der Lage sein, den gesamten Verbrauch Deutschlands zu decken. Noch dazu verschärfe der steigende Stromverbrauch im Gebäude- und Verkehrssektor das Problem. „Wir können die Energiewende leider nicht ohne fossile Energieträger bestreiten, weil wir auf die Kernkraft verzichten.“

Zur Erinnerung: Im Oktober des Vorjahres hat die EU beschlossen, dass ab 2035 keine Neuwagen mit Verbrennungsmotoren zum Verkehr zugelassen werden dürfen.