Waren im Juli 2022 noch 296.647 Menschen ohne Job, sind es im August um 12.784 mehr. Davon befanden sich 60.412 in Schulungsmaßnahmen des AMS. Im Vergleich zum Juli bedeutet dies einen Anstieg von 4,3 Prozent. “Der Anstieg ist höher als gewöhnlich”, so Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP). Die schwierige geopolitische Lage zeige damit erstmals etwas stärkere Effekte. Trotzdem war die Arbeitslosigkeit mit Ende August auf dem niedrigsten Stand seit neun Jahren.

Die Arbeitslosenquote lag mit Monatsende bei 5,9 Prozent. Im Vergleich zum August des Vorjahres ging die Arbeitslosigkeit um 10,9 Prozent zurück. Bei Frauen lag das Minus bei 12 Prozent, bei Männern bei 9,9 Prozent. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten erhöhte sich um 1,6 Prozent.

Signifikanter Unterschied zwischen Inländern und Ausländern

Nach Bundesländern betrachtet gab es den größten Rückgang bei den Jobsuchenden in Tirol (minus 16,8 Prozent), den geringsten Wert verzeichnete Kärnten (minus 8,7 Prozent). Signifikant ist der Unterschied zwischen Inländern und Ausländern. Ging bei den Inländern die Arbeitslosigkeit im Jahresvergleich um 14,3 Prozent zurück, waren es bei den Ausländern lediglich 4,5 Prozent.

Bei den Langzeitarbeitslosen war das Minus besonders stark, im Jahresvergleich gab es um 46,1 Prozent weniger Personen, die länger als ein Jahr arbeitslos gemeldet waren. Es sind dies aber noch immer 40.404 Personen.

Was in den heute präsentierten Zahlen des Arbeitsmarktservice noch auffällt: Bei Jugendlichen unter 25 Jahren ging die Zahl der Stellensuchenden gegenüber August des Vorjahres nur um 3,3 Prozent zurück, bei der Gruppe 25 bis 49 Jahre waren es minus 10,5 Prozent, bei 50+ lag der Rückgang bei 15,5 Prozent. Ins Auge sticht auch, dass der Rückgang bei Personen mit Pflichtschulausbildung gleich hoch war wie bei Akademikern (minus 9,1 Prozent). Bei Personen mit Lehrausbildung betrug das Minus 14,5 Prozent.

Trotz aller Unkenrufe über den Arbeitskräftemangel in der Beherbergung und Gastronomie ist auch hier im Jahresvergleich die Arbeitslosigkeit deutlich gesunken: Das AMS meldet um 4.505 weniger Arbeitssuchende, nach wie vor sind aber 27.843 Personen als arbeitslos oder in Schulung gemeldet.

Die von Politik und Wirtschaft viel beschworene “Karriere mit Lehre” dürfte bei den Jungen weiterhin auf Skepsis stoßen. Die Zahl der offenen und sofort verfügbaren Lehrstellen hat sich um 17,2 Prozent auf 133.428 erhöht. Bei den nicht sofort verfügbaren, aber offenen Lehrplätzen betrug das Plus 12,5 Prozent auf 13.674.

Laut dem inoffiziellen Stellemonitor des Wirtschaftsbundes gab es im August insgesamt, über alle Altersgruppen hinweg, 260.000 offene Stellen. Die meisten davon verzeichnete demnach der Bereich “Handel, Logistik und Verkehr” mit 52.532 verfügbaren Jobs.

Kocher: "Arbeitsmarktlage weiterhin stabil"

Arbeitsminister Kocher meinte am Donnerstag am Rande eines Festaktes beim schwedischen Möbelhaus Ikea: “Die Arbeitsmarktlage ist weiterhin stabil, aber es zeichnen sich erste Effekte der größeren Unsicherheit durch die gestiegenen Preise und den russischen Angriffskrieg ab.” Energieintensive Unternehmen würden künftig die meisten Probleme haben. “Das kommt im Herbst. Da steigt die Arbeitslosigkeit üblicherweise stärker an”, so Kocher, der betonte, dass der Energiekostenzuschuss demnächst fertiggestellt sei.

Einen anderen Schwerpunkt setzt die Industriellenvereinigung (IV). “Eine zukunftsorientierte Arbeitsmarktpolitik muss die Vermittlungseffizienz erhöhen und Arbeit und nicht Arbeitslosigkeit fördern. Bei der anstehenden Reform zur Arbeitslosenversicherung muss es darum gehen, die Beschäftigungsanreize zu stärken und vorhandene Potenziale bestmöglich zu nutzen”, betonte IV-Generalsekretär Christoph Neumayer.

Belakowitsch zeichnet düsteres Bild

FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch wiederum zeichnete ein düsteres Bild: “Sollten Gas und Strom im kommenden Winter knapp werden, dann könnten nämlich ganze Industriezweige zusammenbrechen und hunderttausende Menschen in die Arbeitslosigkeit und Armut getrieben werden.” Die größte Last eines Gasembargos müsste laut der Agenda-Studie jedoch die Industrie tragen. Die Papier- und Metallerzeugung sowie Chemie wären in einem ersten Schritt am meisten betroffen. Wo Erdgas als Vorprodukt dient, könnte es gar nicht ersetzt werden – etwa in Teilen der Düngemittelproduktion. Andere Branchen könnten Gas zwar kompensieren, aber nur mit erheblichem Aufwand – und das nicht sofort. Weniger betroffen wäre der Dienstleistungssektor.

Doch selbst beim optimistischsten Szenario würde das Bruttoinlandsprodukt um 5,6 Milliarden Euro einbrechen, und es seien zirka 25.000 Arbeitsplätze in Gefahr, heißt es. Könnte die Hälfte des Gases ersetzt werden, verlieren laut Agenda Austria 40.000 Menschen ihren Job – und der Einbruch der Wirtschaftsleistung würde 9 Milliarden Euro ausmachen.

Österreich ist bekanntlich zu 80 Prozent abhängig von russischem Gas. Und auch den Österreicher, die ihren Job behalten würden, könnten am Ende die Zeche zahlen: Als Gas-Endkunden, die mit massiven Verteuerungen konfrontiert wären.