Solche eindeutigen Signale, wie sie die Grünen derzeit aussenden, wären für die Stabilität natürlich verheerend – nicht wenige Beobachter fühlen sich an das Krisenjahr 2015 erinnert, wo damals schon unbedachte Einladungsgesten gigantische Migrationsströme in Bewegung gesetzt haben. Wer geglaubt hat, dass die deutschen Nachbarn aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben, wurde jetzt eines Bessern belehrt. Die Grünen, namentlich Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, hat nämlich jetzt angesichts der dramatischen Bilder gefordert, dass die Polen ihre Grenzen gefälligst öffnen dürfen, damit “menschenunwürdige” Zurückweisungen vermieden werden. Außerdem fordert sie ein “Ja, zur Solidarität”.

Wie das Debatten-Magazin “Tichys Einblick” schreibt, dürften viele der Migranten aber eigentlich ohnehin nicht Polen, sondern Deutschland als Ziel auserkoren haben. Demnach geht aus Videos aus der Grenzregion hervor, dass die meist jungen Männer immer wieder “Germany” und “German” rufen.

Nach Erkenntnissen der polnischen Behörden halten sich gegenwärtig zwischen 3.000 und 4.000 Migranten in dem belarussischen Gebiet nahe der polnischen Grenze auf, wie Regierungssprecher Piotr Müller mitteilte. Auf dem Staatsgebiet des autoritär regierten Nachbarlandes seien insgesamt sogar mehr als 10 000 Menschen, die die Grenze überqueren wollten. Der belarussische Grenzschutz sprach am späten Nachmittag von 2.000 Migranten, die die Grenze zu Polen überqueren wollten. Darunter seien Frauen und Kinder. Die Menschen wollten in die EU, um dort Schutz zu finden. In einem vom Grenzschutz in Minsk veröffentlichten Video rief ein Mann, dass nicht Polen, sondern Deutschland das Ziel der Migranten sei.

Bisher sind dem Verteidigungsministerium zufolge bereits mehr als 12.000 polnische Soldaten an der Grenze stationiert. Auch Litauen will weiteres Militär an seine Grenze zu Belarus zu schicken, wie die litauische Innenministerin Agne Bilotaite am Montag auf einer Pressekonferenz mitteilte. Ihren Worten zufolge wollte das Kabinett darüber beraten, ob in dem Grenzgebiet der Ausnahmezustand ausgerufen wird. “Wir sind bereit, unserem Nachbarn jede erforderliche Unterstützung zu leisten, um diese Herausforderung der illegalen Migration zu meistern”, twitterte Staatpräsident Gitanas Nauseda am Montag nach einem Telefonat mit seinem polnischen Amtskollegen Andrzej Duda. Die Regierung des benachbarten Lettland nannte die Lage “alarmierend”.

Polen warf der belarussischen Führung am Montag vor, eine “große Provokation” vorzubereiten. “Belarus will einen bedeutenden Zwischenfall, Medienberichten zufolge möglichst mit Schüssen und Opfern”, sagte Außenstaatssekretär Piotr Wawrzyk im staatlichen Radio. Polens Regierungssprecher Piotr Müller hatte zuvor gegenüber der Nachrichtenagentur PAP erklärt, es könne am Montag an der Grenze zu Belarus zur schwierigsten Situation seit Beginn der Aktionen Lukaschenkos gegen Polen kommen. Man werde weitere Grenzschutzbeamte an den entsprechenden Abschnitt schicken. Außerdem sei man im ständigen Kontakt mit der EU-Grenzschutzagentur Frontex. Das Verteidigungsministerium veröffentlichte Luftaufnahmen, die eine große Menschenmenge in der Nähe der Grenze zeigten. Die polnische Regierung berief einen Krisenstab ein.

EU drängt Polen Hilfe anzunehmen

Die EU-Kommission drängte Polen am Montag Hilfe anzunehmen. Eine gemeinsame Grenze könne am besten gemeinsam gemanagt werden, sagte ein Sprecher der Behörde in Brüssel. Die EU-Grenzschutzagentur Frontex, die Asylbehörde EASO und die Polizeibehörde Europol stünden bereit, bei der Registrierung von Migranten, Bearbeitung von Asylgesuchen und dem Kampf gegen Schmuggel zu helfen. Polen müsse diese Hilfe jedoch anfordern. Man habe die Regierung bereits mehrfach dazu ermuntert, hieß es.