Dass in einem österreichischen Zug per Lautsprecher “Sieg-Heil”-Rufe und eine Ansprache Adolf Hitlers zu hören ist, beschäftigt nun auch internationale Medien. Abseits von Österreich und Deutschland berichten bereits die Nachrichten- und Presseagentur Associated Press darüber, und die BBC. “Österreichischer Zug spielt Hitler-Rede über Lautsprecher ab”, titelt die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt des Vereinigten Königreichs. Sie hat auch Fahrgäste interviewt.

Der BBC-BerichtScreenshot/BBC

KZ-Überlebende war im Zug und weinte

Eine alte Dame – eine Holocaust-Überlebende – soll sich im Zug befunden haben. “Sie hat geweint”, berichten die BBC. Sie zitieren auch einen Fahrtgast, der meint: Wenn in anderen Ländern technische Probleme aufträten, sei es die Klimaanlage, die ausfalle. “In Österreich ist das technische Problem Hitler.” Wie BBC ebenfalls erwähnt: “Hitler wurde in Österreich geboren und wanderte 1913 als junger Mann nach Deutschland aus.”

In einer Erklärung an die BBC sagten die ÖBB: “Wir distanzieren uns klar von den Inhalten. Wir können derzeit davon ausgehen, dass die Durchsagen von Personen direkt im Zug über die Gegensprechanlagen gemacht wurden. Wir haben die Angelegenheit der Polizei gemeldet.”

"Duo in Österreich wegen Abspielen von Hitler-Reden über die Zugsprechanlage angeklagt", schreibt Associated Press (AP).Screenshot/AP

Zwei männliche Passagiere angezeigt

Insgesamt drei Fälle, in denen die Lautsprecher “gekapert” wurden, sind bei den ÖBB bekannt. Der jüngste Zwischenfall passierte in einem RailJet, der von Bregenz nach Wien unterwegs war. Die ersten beiden Vorfälle gab es in der Vorwoche, immer auf der Strecke zwischen St. Pölten und Wien, sagte ein ÖBB-Sprecher.

Beim letzten Fall am Sonntag hallte statt der üblichen Ansagen eine Hitler-Rede mit “Heil Hitler”- und mehreren “Sieg Heil”-Rufen durch den Zug. Darüber hinaus gab es minutenlang fehlerhafte und sinnlose Informationen. Laut ÖBB wurden zwei männliche Passagiere angezeigt. Sie waren via Videoauswertung ausgeforscht worden. Die Einspielungen erfolgten der Bahn zufolge direkt im Zug über die Sprechstellen.

Der Verfassungsschutz ermittelt nach dem Verbotsgesetz

Mittlerweile ermittelt das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) Niederösterreich gegen die beiden Fahrgäste nach dem Verbotsgesetz. Die Verdächtigen wurden bisher noch nicht befragt. Die Verbreitung nationalsozialistischer Inhalte fällt unter Wiederbetätigung und ist strafbar.

Das Duo dürfte die Sprechstellen, die es in jedem Waggon gibt, mit einem eigenen Schlüssel, den jeder Bahnmitarbeiter hat, geöffnet und dann die Aufnahmen abgespielt haben. Dadurch werden die Notsprechstellen blockiert. “Selbst Kinderlieder abzuspielen ist kein Kavaliersdelikt”, bekräftigte der ÖBB-Sprecher. Hacker- oder Cyberangriff gab es definitiv keinen, betonte er.