Als Olaf Scholz am Wahlsonntag auf die Bühne tritt, kommt er drei Minuten lang nicht zu Wort. Der Jubel will nicht enden. Dann sagt er: „Ich freue mich über dieses Wahlergebnis“.

Viele Wähler hätten die SPD gewählt, weil sie einen Regierungswechsel wollten – „und dass der nächste Bundeskanzler Olaf Scholz heißt“.

Für Sozialdemokraten war das lange nicht selbstverständlich. Bei der Wahl 2017, die für die Genossen mit einen historischen Tiefpunkt endete, schaffte die SPD gerade einmal 20,5 Prozent. Und danach ging es in den Umfragen noch tiefer runter auf 12 oder 13 Prozent. Die damalige Vorsitzende Andrea Nahles scheiterte an den Umständen, an sich und an der Partei. Sie trat zurück.

Er hat nicht aufgegeben

Im Jahr 2019 fügten die Genossen Scholz auch die bitterste Niederlage seines politischen Lebens zu. Damals suchte die Partei nach dem Abgang von Nahles eine neue Führung. Die Mitglieder sollten wählen. Erst wollte Scholz sich nicht für den Vorsitz bewerben, tat es aber dann doch, zusammen mit der Brandenburgerin Klara Geywitz. Er hatte sich schon darauf vorbereitet, am Tag der Entscheidung im Willy-Brandt-Haus die Rede des Siegers zu halten. Und dann wählte die Basis zu seiner großen Verblüffung lieber zwei Außenseiter an die Spitze, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans. Die Partei zu führen, das trauten ihm seine Genossen nicht zu, erinnert sich der „Tagesanzeiger“.

Er hätte damals, im Winter 2019, alles hinwerfen können. Aber das tat er nicht. Und jetzt, fast zwei Jahre später, hält er hier drinnen tatsächlich die Rede eines Siegers. Links von ihm auf der Bühne steht Parteichefin Esken, rechts von ihm Parteichef Walter-Borjans. Als die beiden Scholz vor einem Jahr als Kanzlerkandidat präsentierten, redeten sie zuerst und dann noch auffallend lange, gerade so, als ginge es um sie. Nun sagt Esken, es sei Scholz gewesen, der die Menschen davon überzeugt habe, dass man der SPD das Land anvertrauen könne. „Das ist dein Erfolg“, sagt sie.

Trauen Sie Österreichs Sozialdemokraten eine ähnliche ``Auferstehung`` zu?

Frischer Wind

Die SPD ist in den vergangenen Wochen eine andere Partei geworden. Allein der Umstand, in den Umfragen bei 25 Prozent und mehr gehandelt zu werden und vor der Wahl bei den Demoskopen vor der Union zu liegen, das hat mit den Genossen etwas gemacht. Der Parteiorganismus strahlt plötzlich wieder Selbstbewusstsein aus.