Die letzten Monate waren für Martin Hinteregger eine emotionale Achterbahnfahrt. Zunächst holte er mit Eintracht Frankfurt die Europa League. Wenige Wochen später gab er völlig überraschend mit nur 29 Jahren sein Karriereende bekannt. Die Fußballschuhe hat der ehemalige österreichische Nationalspieler aber noch nicht an den Nagel gehängt. Der Kärntner kickt in seiner Heimat für SGA Sirnitz. Dort spielt er allerdings nicht als Verteidiger, sondern als Stürmer.

Bei “Walek wandert” auf Ö3 gab Martin Hinteregger seine weiteren Zukunftspläne bekannt und erläuterte zudem auch die Gründe für seinen Rücktritt. Nächstes Ziel sei einmal, sesshaft zu werden, wo, stehe noch nicht genau fest, sagte Hinteregger auf der Wanderung auf der Hochrindl. Auch nach Frankfurt wird es ihn weiterhin ziehen, besitzt er doch dort ein Lokal. Gemeinsam mit Ex-Erfolgsskispringer Thomas Morgenstern gründete er in Kärnten eine Hubschrauberfirma. In Zukunft möchte man das derzeitige Rundflug-Service auf Rettung und Lastentransport ausbauen, um im Katastrophenfall wie kürzlich bei den Überflutungen helfen zu können.

2023 möchte der ehemalige Fußballprofi die Ausbildung zum Berufspiloten abschließen. Eine kleiner oder größerer Auftritt im “Bergdoktor” würde dem großen Fan der Serie Spaß machen. Er würde gern einen Sanitäter spielen, oder wenn ein Fest gedreht wird, “einfach dabei sein”.

Aus als Profi "ein Prozess von Monaten"

Im Ö3-Interview ging der 67-fache ÖFB-Teamspieler noch einmal auf sein Karriereende ein. Für Hinteregger sei das ein Prozess von Monaten gewesen. Dieser begann im vergangenen Herbst in der Verletzungszeit. Da sei Druck von ihm abgefallen. “Das war ein anderes Lebensgefühl für mich. Da fingen die Gedanken an, kein Profifußballer mehr zu sein, wäre schon schön.” Hinteregger polarisierte ob seines Lebensstils und seiner Aussagen, erfreute sich aber großer Beliebtheit in Frankfurt. “Ganz Frankfurt ist hinter mir gestanden”, betonte der Kärntner. Es sei geil, Publikumsliebling zu sein, aber das erhöhe wieder den Druck, Leistung zu bringen.

Viel mehr als sportlicher Erfolg (“Darüber habe ich noch nie so nachgedacht”), sei der menschliche, persönliche Erfolg. “Es ist oft das Schwierigste für jeden Menschen, der zu sein, der man will. Glücklich zu sein, ist der wichtigere Erfolg. Glück ist, wenn du viele Menschen um dich hast, denen du vertraust.” Er habe eine riesengroße Familie, in der sich alle verstehen, die Oma (“Deshalb meine paar Kilo mehr. Da steht immer was am Herd”) würde alles zusammenhalten, das sei Erfolg.

Das Herz aufgehen würde ihm, wenn große Kinderaugen zu ihm aufschauen. “Das zeigt, dass du am Boden geblieben bist, ein Mensch geblieben bist.” Bei dem vom ihm organisierten Hinti-Cup durfte er das wieder erleben. In dessen Vorfeld war er wegen seiner Geschäftsbeziehung zu einem Lokalpolitiker, der der extremen Rechte zugeordnet wird, in Erklärungsnot geraten. Hinteregger trennte sich. “Rechtes, intolerantes und menschenverachtendes Gedankengut verurteile ich aufs Schärfste. Wer mich kennt, weiß das”, hatte er damals gesagt.

"Jungen haben extreme Medienschulungen"

Hinteregger trägt bekanntlich sein Herz auf der Zunge. Stets hat er in Interviews offen und ehrlich seine Meinung kundgetan. Er habe sich zu Saisonbeginn oft gesagt, er werde auf Fragen nur noch politisch antworten, also sagen, was alle sagen und dabei eigentlich nichts sagen. “Dann stehe ich da und kann nicht lügen, muss sagen, was ich mir denke, was meine Meinung ist. … Deshalb habe ich Aussagen getätigt, die in den Medien extrem aufgegriffen worden sind, die nicht so gut angekommen sind. Ich sage oft Sachen, die sich eh alle denken, das hat mich in die Richtung beliebt gemacht”, erzählte er auf Ö3. Medien und Journalisten müssten richtig froh sein, wenn es Spieler gäbe, die richtige Antworten geben, gab er zu bedenken.

Er sei eine Generation, die noch ein bisschen ins kalte Wasser geworfen worden sei. “Die Jungen jetzt haben extreme Medienschulungen. Die Spieler wissen auf jede Frage genau, was sie sagen sollen, es kommt nichts mehr Spannendes raus. Von 15 aufwärts werden sie zum Fußballprofis hin gezüchtet. Es wird keine richtigen Typen mehr geben.” Wenn mal was gesagt werde, würde es sofort als Skandal angesehen. Medien und Sportler sollten wieder mehr miteinander arbeiten, man wolle sich gegenseitig nichts Böses. “Dann wird es für jeden wieder spannender.”