Außenministerin Annalena Baerbock (l.) neben ihrem ukrainischen Amtskollegen Dmytro Kuleba (r.) während ihres Besuchs in Kiew am 10. Mai 2022.APA/AFP/POOL/VALENTYN OGIRENKO

Die Grünen-Politikerin traf am Montagmorgen zu einem aus Sicherheitsgründen zunächst geheim gehaltenen Besuch in der Hauptstadt Kiew ein. Eine Woche vor der UN-Vollversammlung in New York dürfte der Besuch auch als Zeichen der Solidarität gedacht sein.

Weil der Luftraum über der Ukraine nach wie vor gesperrt ist, war Baerbock in der Nacht wie bei hochrangigen Politikerbesuchen üblich im Sonderzug von Polen aus in die Hauptstadt Kiew gefahren. Baerbock bekräftigte die anhaltende Unterstützung für die Ukraine auf ihrem Weg in die Europäische Union. Die Ukraine verteidige “auch unser aller Freiheit. So wie sich die Ukraine vor uns stellt, kann auch sie sich auf uns verlassen” – etwa darauf, dass Deutschland der Ukraine auf ihrem Weg in die EU entschlossen unter die Arme greife.

Baerbock lobt Fortschritt bei Justiz und Mediengesetzgebung

Die Ukraine hat seit Juni 2022 den Status eines EU-Beitrittskandidaten. Die EU-Kommission definierte damals sieben Reformprioritäten, von denen sie einige teils als erfüllt ansieht. Ein neuer Fortschrittsbericht der Kommission wird im Oktober erwartet.

Baerbock sagte, bei der Justizreform und der Mediengesetzgebung könne sich die Bilanz Kiews schon sehen lassen. Aber “bei der Umsetzung des Anti-Oligarchen-Gesetzes und dem Kampf gegen Korruption gilt es noch einen Weg zu gehen.” Die EU müsse selbst zudem “zügig daran arbeiten, dass wir für mehr Stühle am Tisch richtig aufgestellt sind”.

Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko (l.) zeigt Baerbock (r.) und dem niederländischen Außenminister Wopke Hoekstra (M.) Sehenswürdigkeiten in Kiew. APA/AFP/Sergei SUPINSKY

Kritik an russischen Umerziehungslagern für ukrainische Kinder

Vor dem Hintergrund anhaltender russischer Angriffe auf die Infrastruktur und die Energieversorgung sagte Baerbock, man wolle das Energienetz mit der Ukraine noch engmaschiger knüpfen. Familien sollten nicht um ihre Versorgung fürchten müssen, wenn Russlands Präsident Wladimir Putin Umspannwerke ins Fadenkreuz nehme. Deutschland lasse nicht nach, “die Ukraine bei ihrer Verteidigung gegen Russlands Aggression zu unterstützen: wirtschaftlich, militärisch, humanitär”.

Russland töte nicht nur mit seinen Bomben, sondern raube auch vielen tausenden ukrainischen Kindern ihre Zukunft, kritisierte Baerbock. Sie würden aus Kindereinrichtungen, Waisenhäusern und Schulen verschleppt, “um sie in russische Umerziehungslager zu deportieren oder in Russland zur Adoption freizugegeben”. Berichte über extreme Gehirnwäsche, mit der russische Stellen Kindern jede Brücke zu ihren Familien und ihrer Heimat zertrümmerten, brächen das Herz.

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Deutschland unterstütze jene Organisationen und Behörden, “die den traumatisierten Kindern wieder ein Zuhause in Sicherheit und Geborgenheit geben”, sagte die Ministerin. Diese Verbrechen müssten aufgearbeitet werden. “Der allererste Friedensschritt ist, dass Putin diese Kinder zurück nach Hause lässt”, forderte sie. Das Thema soll auch in der UN-Vollversammlungswoche eine wichtige Rolle spielen.

Die deutsche Außenministerin war zuletzt im Jänner als erstes deutsches Kabinettsmitglied seit Beginn des Krieges in die nahe der russischen Grenze gelegene Ostukraine gereist und hatte das lange umkämpfte Charkiw besucht. Davor war sie nach Kriegsbeginn im Februar 2022 zwei Mal in Kiew – Mitte Mai 2022 als erstes Mitglied des Bundeskabinetts und Mitte September vergangenen Jahres.