Nach dem Aus für seine Acht-Parteien-Regierung zieht sich Israels Noch-Ministerpräsident Naftali Bennett (50) aus der Politik zurück. Das kündigte er am Mittwochabend in einer TV-Ansprache an. Bei der für Herbst erwarteten Neuwahl des Parlaments  wird er nicht mehr antreten. Gründe nannte er nicht.

Bennett wird von Mitgliedern der Jamina-Partei nach seiner Rede umarmt.APA/AFP/AHMAD GHARABLI

Nur ein Jahr im Amt

Bennett, der aus dem national-religiösen Lager kommt, war als Ministerpräsident nur ein Jahr im Amt. Seine Koalition hat im Parlament die Mehrheit verloren. Bereits seit Tagen wird erwartet, dass die Knesset ihre Auflösung beschließt und den Weg für eine Neuwahl ebnet. Israelischen Medien zufolge soll dies nun am Donnerstag stattfinden.

Ministerpräsident Bennett (r.) und Außenminister Yair Lapid (l.) nehmen an einer Kabinettssitzung im Büro des Ministerpräsidenten teil.APA/AFP/POOL/RONEN ZVULUN

Regierung und Opposition konnten sich bisher nicht auf einen Termin für die Neuwahl einigen. Zudem streiten beide Seiten darüber, welche Gesetze noch verabschiedet werden sollen. Die Neuwahl wird voraussichtlich Ende Oktober oder Anfang November stattfinden. Es wäre die fünfte innerhalb von dreieinhalb Jahren.

Neues Bündnis mit Netanyahus Likud möglich

Bis eine neue Regierung im Amt ist, soll Außenminister Yair Lapid von Bennett den Posten des Regierungschefs übernehmen. Diese Rotation war im Koalitionsvertrag vereinbart worden und ist auch schon seit Tagen bestätigt. Bennett wird solange stellvertretender Ministerpräsident bleiben.

29. Juni 2022: Der Vorsitzende der konservativen islamischen Raam-Partei Israels, Mansour Abbas, leitet eine Abstimmung über einen Gesetzentwurf zur Auflösung der Knesset (Parlament).APA/AFP/AHMAD GHARABLI

Den Vorsitz von Bennetts ultrarechter Yamina-Partei soll Innenministerin Ayelet Shaked übernehmen. Israelische Medien spekulieren bereits, dass die Partei dann ein Bündnis mit Oppositionsführer Benjamin Netanyahu eingehen könnte. Unter Bennett hatte sie sich wie andere Parteien geweigert, eine Koalition mit dem Ex-Ministerpräsidenten und dessen rechtskonservativer Likud-Partei zu bilden. Netanyahu (72), der wegen Korruption angeklagt ist, hofft auf eine Rückkehr an die Macht.

"Der Staat Israel ist die Liebe meines Lebens"

“Der Staat Israel ist die Liebe meines Lebens”, sagte Bennett in seiner Ansprache. Er forderte die politischen Lager auf, zusammenzuarbeiten und sich gegenseitig zu respektieren. “Nur gemeinsam können wir gewinnen.” Bennetts Acht-Parteien-Koalition wurde von Parteien vom rechten bis zum linken Spektrum getragen – darunter erstmals auch eine arabische. Das Bündnis einte vor allem die Abneigung gegen Netanyahu.