Deutschland im Ausnahmezustand: Das deutsche Verteidigungsministerium hat wegen der Unwetterkatastrophe im Westen des Landes sogar schon den militärischen Katastrophenalarm ausgelöst. Es handelt sich um eine der größten Unwetterkatastrophen der Nachkriegszeit in Deutschland. Obwohl die Rettungsmaßnahmen noch voll im Gange waren, lag die Zahl der Toten bereits deutlich mehr als doppelt so hoch wie beim sogenannten Jahrhunderthochwasser des Jahres 2002, bei dem in Deutschland 21 Menschen starben.

In Rheinland-Pfalz stieg die Opferzahl auf über 60, wie Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) in Mainz sagte. Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen gab die dortige Totenzahl zuvor mit 43 an. In Belgien stieg die Zahl der Toten auf mindestens 23 an, über 100 Feuerwehrleute aus Österreich sind dort im Einsatz.

Die Suche nach weiteren Vermissten dauert indes noch immer an: Aus Sicht der Polizei würden in Rheinland-Pfalz knapp unter 100 Menschen gesucht, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz (SPD) am Freitag im Deutschlandfunk. Der Kreis Ahrweiler hatte von 1.300 Vermissten im Kreisgebiet gesprochen. Eine Sprecherin erklärte das auch mit dem teilweise lahmgelegten Mobilfunknetz. Daher gebe es keinen Handy-Empfang; viele Menschen seien nicht erreichbar.

Häuser von Wassermassen mitgerissen

Am schlimmsten betroffen ist der Kreis Ahrweiler in Rheinland-Pfalz Allein in dem 700 Einwohner zählenden Dorf Schuld an der Ahr wurden mehrere Häuser von den Wassermassen mitgerissen, zahlreiche weitere Gebäude teils schwer beschädigt. Unter den Todesopfern der Flutkatastrophe sind auch zwölf Bewohner eines an der Ahr gelegenen Behindertenheims. Nach dem Unwetter in der Nacht zum Donnerstag wurden dort 13 Menschen vermisst. Einer von ihnen sei lebend gerettet und ins Krankenhaus gebracht worden, teilte eine Sprecherin des Innenministeriums in Rheinland-Pfalz mit. Am Donnerstagabend waren zunächst neun Todesopfer in der Einrichtung bestätigt worden.

In mehreren von Hochwasser betroffenen Orten sitzen nach wie vor Menschen in ihren Häusern fest. So seien im nordrhein-westfälischen Erftstadt südlich von Köln 15 Personen in dem gefährdeten Bereich noch in ihren Häusern eingeschlossen, sagte ein Sprecher des Rhein-Erft-Kreises. Dort seien 55 Menschen aus von den Fluten betroffenen Häusern gerettet worden. In einem Ortsteil Erftstadts waren mehrere Häuser im Hochwasser eingestürzt. Über Todesfälle war bisher nichts bekannt.

Wie schlimm die Schäden in Erftstadt-Blessem sind, zeigt ein Blick von oben: Zahlreiche Häuser sind komplett eingestürzt, Riesige Erdlöcher drohen weitere Gebäude regelrecht zu verschlingen. Wie hoch die Schäden ausfallen, ist noch nicht abzuschätzen – die Aufräumarbeiten werden jedoch Monate dauern.