Beginnen wir ganz einfach: Mit Österreich. Mittlerweile sind wir in einer Phase der Pandemie angekommen, bei der die Bundesländer einspringen und aktiver werden. Diese föderale Verantwortungsübernahme macht Sinn. Denn die Bundesländer sind näher beim Bürger, dadurch schneller bei der Pandemiebekämpfung. Erfahrungsgemäß hat die Bevölkerung mehr Vertrauen zu den ihnen näherstehenden Landespolitikern. Diese nehmen sich mehr Zeit für ihre Themen, haben aufgrund vieler Termine im Land das Ohr näher beim Bürger und wägen Entscheidungen daher auch anders ab. Das Gesundheitsministerium beschränkt sich scheinbar auf die wichtige Funktion als Impfstoffkoordinator – mehr wird es auch nicht mehr werden. Zu hoffen ist, dass im Sinne eines Best-Practise“ ein Bundesland vom anderen positive Erfahrungswerte übernimmt. Die Front bei der Bekämpfung der Pandemie verläuft allerdings nicht nur quer durch Landesgrenzen oder Spitäler, die Laufgräben durchkämmen breitflächig auch die Wirtschaft. Wenn wir im September hoffentlich unsere Herdenimmunität haben, werden diese Gräben erst so richtig sichtbar werden. Zweifelsohne stehen wir vor entscheidenden Entwicklungen, bei den wir Österreicher nur mehr Passagiere in einem globalen Zug sind. Abhängig von Entwicklungen fernab, wirtschaftlich an der deutschen Leine hängend.

USA: Hammer statt Skalpell

Wesentlich für Österreichs Wirtschaft sind die Entwicklungen in drei Staaten: Deutschland, USA und China. Deutschland ist unser weitaus wichtigster Exportmarkt, USA und China wirken wiederum unmittelbar auf die deutsche Wirtschaft ein.
In China läuft der Wirtschaftsmotor mittlerweile wieder rund. Zuerst wurde dort der Virus entfesselt, mittlerweile verkaufen uns die Freunde aus Fernost containerweise Coronatests und Schutzmasken.
Die USA erschlagen die Wirtschaftsfolgen der Pandemie kompromisslos mit prall gefüllten Geldsäcken. Der Kongress stimmte Bidens Plan zu, rund 2000 Milliarden Dollar in die Wirtschaft zu hämmern. Nun sollen in den kommenden Jahren weitere 3000 Milliarden Dollar in die Verbesserung der Infrastruktur fließen. Das ist auch dringend notwendig. Laut einem Bericht der American Society of Civil Engineers (ASCE) versickern jeden Tag aufgrund kaputter Leitungen 22 Milliarden Liter Wasser. Bei den Billionen Dollar ist es jedenfalls kein Wunder, dass Analysten von einem der stärksten Wirtschaftsbooms seit Jahrzehnten sprechen. Dank dieser Stimuli rechnet Finanzminister Yellen, dass die USA 2022 Vollbeschäftigung vermelden könne. Der Vollständigkeit halber muss allerdings erwähnt werden, dass damit das US-Defizit auf 32000 Milliarden US-Dollar anwachsen wird. Aktuell bedeutet das 550 Milliarden Dollar an jährlichen Zinszahlungen.
Aktuelle Wachstumsprognosen für 2021 liegen für China bei neun Prozent, die USA bei sechs Prozent und für Deutschland bei drei Prozent. Die Auftragsbücher der für Österreich so wichtigen deutschen Industrie sind gut gefüllt, während Einzelhändlern und vielen Dienstleistern der Boden unter den Füssen erodiert. So schätzen Handelsforscher, dass sich pandemiebedingt der Strukturwandel im Handel hin zu Online-Anbietern um etwa sieben bis acht Jahre beschleunigt. Das wird politische Spannungen erzeugen. Der einfache Bürger sieht Konzerne und reiche Menschen als Krisengewinner – und sich selbst als Opfer. Davon ist die kleinteilige Unternehmenslandschaft Österreichs besonders betroffen.

Geplatzter Raum Sozialunion

Nachdenklich stimmen zudem die Entwicklungen in der Europäischen Union. Das ist nicht die Schuld der EU. Es ist eine Folge davon, möglichst alle wichtigen politischen Entscheidungen aus dem nationalstaatlichen Fokus zu treffen. Die Impfstoffverteilung und das Miteinander hat auf traurige Art und Weise deutlich gemacht, wie weit wir von einer durch Solidarität aufgeladenen Sozialunion entfernt sind. Das wird sich durch die steigenden Staatsverschuldungen noch vertiefen. Die deutsche Schuldenquote steigt auf mehr als 72 Prozent. Über Italien, Spanien und Griechenland brauchen wir nicht zu reden: Im Schnitt wird die durchschnittliche Schuldenquote der Euro-Länder 100 Prozent übersteigen. Alles finanziert mit Hilfe der Druckmaschinen der Europäischen Zentralbank. Damit schließt sich der Kreis beim Anfangspunkt, dem Impfchaos. Denn es sind die Lockdowns, welche der Konjunktur die Luft nehmen. Um Beihilfen finanzieren zu können, müssen die Mitgliedsländer Kredite aufnehmen. Damit das Geld geliefert werden kann, muss die EZB dieses drucken. So sieht eine wirtschaftliche Abwärtsspirale aus. Einziges Gegenmittel: Impfen. Und zwar schnell.