
Bernhard Krumpel: Die Bobo-Verschwörung
Die deutsche Allensbach-Umfrage soll uns wachrütteln. Mehr als die Hälfte der Befragten äußert das Gefühl, ihre politische Meinung nicht frei äußern zu können. Das ist der höchste Stand seit Beginn der Allensbach-Umfrage im Jahr 1953. Sind die Bobos damit ihrem Ziel der Weltherrschaft näher gerückt?
Bobos sind eine besondere Spezies, die sich nahezu ausschließlich im Großstadtdschungel verbreitet. Entstanden ist diese Artenbezeichnung aus der Vereinigung der Begriffe „Bourgeios“ und „Bohémian“. Namensgeber war der amerikanische Journalist David Brooks im Jahr 2000, der damit Menschen benannte, die nonkonformistische sowie scheinbar widersprüchliche Ansichten haben und zwischen Reichtum und Rebellion leben. Mit der Zeit haben sich aber die Bobos weiterentwickelt. Mittlerweile sind sie eine sozioökonomisch privilegierte Gruppe, die Diskussionsthemen auf- und Standpunkte einnimmt, die für den Großteil der Bevölkerung lebensfremd sind.
Karl Marx war – ohne es damals zu ahnen – beispielsweise ein guter Bobo. Er fand ideale Rahmenbedingungen für ein erfülltes Boboleben vor. Angenehm durchgefüttert von Friedrich Engels, pflegte er nicht nur einen gediegenen Lebensstil, sondern fand auch Zeit und Muße seine Lebenstheorien zu verfassen. Diese setzten zwar auf damaligen Problemen auf, boten aber nur praxisferne Lösungen. Marx war somit – ohne es zu ahnen – einer der ersten Bobos. Leider ist der Begriff Bobo erst im Jahr 2000 entstanden, sonst hätten wir gute Chancen gehabt, statt dem Marxismus den Boboismus zu erleben. Wobei der Bobo – und hier bin ich anderer Meinung als viele Bobo-Experten – keine Ideologie hat. Der Bobo ist weder links noch liberal. Er hat kein ideologisches Mäntelchen. Er glaubt lediglich an sich und daran, dass seine Meinung einen globalen Problemlösungsmechanismus in Gang setzen würde, sofern irgendjemand seine Genialität erkennen würde.
Der Bobo als Konformitätspolizist
Inzwischen muss sich der Bobo damit begnügen, kleine Brötchen zu backen. Beispielsweise als selbsternannter Konformitätspolizist. Selbsternannt deshalb, weil ihn ja niemand darum gebeten hat. Aufgabe ist jedenfalls, alles subjektiv erwählte Unrecht zu bekämpfen. Völlig beliebig. Das bedeutet, heute kann es um Einkommen gehen, morgen um die Umwelt, aber immer um den Sprachgebrauch.
Der Bobo ist zum Beispiel für eine Reichensteuer, sofern die Bemessungsgrundlage über seinem Eigentum liegt. Er ist auch gegen die vielen Autos in der Stadt, damit er nicht im Stau stehen muss. Das sind für ihn aber nur Kinkerlitzchen. Denn die Sinne des Bobos schärfen sich von selbst, sobald es um die deutsche Sprache geht. Da zeigt sich dann, auf welcher Entwicklungsstufe der Bobo steht.
Wie letztens bei der Debatte um das Wort N****. Das dürfen nur bestimmte Leute diskutieren, aber sicher keine „weißen privilegierten Männer“. Wobei das Wort „privilegiert“ von Bobos gerne dazu verwendet wird, anderen formvollendet mitzuteilen, dass sie vom „wahren Leben“ keine Ahnung haben. Dieser Ausschließungsmechanismus ist ein evolutionär interessanter boboistischer Beitrag für eine nicht funktionierende pluralistische Debattenkultur. Aber es sei dem Bobo verziehen, weil mit der Meinungsfreiheit haben Bobos nur sehr oberflächlich zu tun. Das heißt, die Bobo Meinung darf jederzeit geäußert werden, andere Sichtweisen sind nicht so wichtig. Das ist aber verständlich: Welcher Gedanke eines anderen soll horizonterweiternd wirken, wenn der Bobo ohnehin schon aus intellektueller Sicht am geistigen Mount Everest beheimatet ist? Zudem lauert in der Meinung anderer eine dunkle Gefahr für den Bobo. Ein mögliches Eingeständnis, dass viele Themen doch komplexer sind, als sie anfangs scheinen.
Der Bobo und das Sprechverbot
Deshalb wird der Bobo aggressiv, wenn es um gesellschaftlich bewegende Themen geht, die nicht mit einem geistigen Pinselstrich einfach zu lösen sind. Wie beispielsweise die Frage der Migration und der Integration. Da diese sehr facettenreich ist, will der Bobo verhindern, dass dieses Thema überhaupt irgendwo besprochen wird. Aber der Bobo hat genau dafür in seiner jahrzehntelangen Evolution eine Lösung entwickelt: die Nazikeule. Jeder, der etwaige Probleme in dem Zusammenhang erwähnt, wird damit unbarmherzig niedergeknüppelt. Schnell wird dann jemand als Nazi bezeichnet, durchtränkt mit faschistoidem Gedankengut. Damit schafft der Bobo eine für sich heile Welt. Aber nur scheinbar.
Menschen passen sich nur oberflächlich dieser Sprachdiktatur an. Denn viele haben genug mit ihrem Leben zu tun, weniger Zeit als der Bobo und wollen sich nicht mit den boboistischen Meinungsbrigaden beschäftigen. Aber ihre Antwort kommt spätestens in der Wahlzelle. Dann muss sich der Bobo wieder über das Wahlergebnis ärgern.
Da der Bobo aber nicht in der Lage ist, Selbstreflexion zu betreiben, wird sich dieses Prozedere in regelmäßigen Wahlabständen wiederholen. Das Abhalten demokratischer Wahlen ist somit der größte Hemmschuh des Bobos bei seinem Griff nach der Weltherrschaft.
Die Allensbach-Umfrage hält der Bobo-Kultur den Spiegel vor
Aber immerhin greifen die Bobos durch ihre linguistischen Sprachvorgaben in unsere gefühlte Meinungsfreiheit ein. Die im Juni 2021 vorgestellte Allensbach-Umfrage fand in Deutschland statt. Dennoch sind ihre Ergebnisse auch auf Österreich übertragbar. „Knapp die Hälfte der deutschen Bevölkerung ist überzeugt davon, dass eine freie Meinungsäußerung nicht mehr möglich ist, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen“ schreibt das deutsche Nachrichtenmagazin Focus. 55 Prozent der Menschen finden das Meinungsklima problematisch, fürchten berufliche Konsequenzen, wenn sie ihre Meinung zu politischen Themen vertreten.
Die deutsche Linke-Politikerin Sahra Wagenknecht war im Mai in einem Gespräch mit STANDARD-Redakteurin Birgit Baumann sehr konkret: „Zuwanderung wird auch oft aus einer speziellen Warte gefordert. Natürlich aus der Wirtschaft, weil sie billige Arbeitskräfte haben möchte, aber auch von wohlhabenden Menschen, die mit Flüchtlingen nie um eine Sozialwohnung konkurrieren müssen und deren Kinder auch keine Schule besuchen, in der die Mehrheit kein Deutsch spricht. Wenn Leute, die selbst nicht betroffen sind, dann andere belehren, dass es keine Probleme gibt, ist das arrogant. Außerdem kann man nicht so tun, als sei die Förderung von Migration eine internationalistische Heldentat. Sie schadet auch den Herkunftsländern, da eher die Bessergebildeten abwandern. Echter Internationalismus bedeutet, den armen Ländern vor Ort zu helfen.“ Anlass dieses Gesprächs war ihr neues Buch mit dem Titel: „Die Selbstgerechten“.
Die Bobos werden damit keine Freude haben.
Er zählt in Österreich zu den besten Kommunikationsexperten. Die Rede ist vom PR-Profi und Politik-Insider Bernhard Krumpel (49). Sein Motto: „Always stay focused“. Klaren Fokus benötigte er unter anderem bei seinen komplexen Jobs für Politiker, Ministerien und Konzerne. Neben seiner Beratungstätigkeit gibt der Wirtschaftssoziologe gerne sein Wissen an Studenten weiter. Er ist Verfasser von Fachartikeln, wie etwa zur Aktionärsrechte-Richtlinie und deren Auswirkung auf die Unternehmenskommunikation, sowie Mitherausgeber von drei Buchbänden mit dem Titel „Spezialgebiete der PR“.
Kommentare
Sehr guter Artikel. Wer hier aber mehr in die Tiefe gehen will und interessiert ist wie wir aus dem Kommunikationsdilemma wieder entkommen könnten, dem sei das zitierte Buch von Sahra Wagenknecht empfohlen.
Ich finde, wenn BK Kurz von der Oposition und den Mainstraim-0815-Medien ohnehin bei jeder Gelegenheit durch den Dreck gezogen wird, dann kann man zumindest hier etwas gnädiger zu ihm sein. -als Versuch eines Gegenpols… ?
“Sie schadet auch den Herkunftsländern, da eher die Bessergebildeten abwandern.”
An dieser Meinung habe ich eher Zweifel.
Die Gebildeten finden in ihrem Land eher einen Job und eine Wohnung/Haus und mehr Unterstützung.
Bei uns wird ein Arzt ja auch ganz anderes behandelt, wie ein “Normalsterblicher” … ? !
Sehr guter Artikel zu diesem Thema.
Ich glaube auch das Bobo keine Ideologie ist sondern einfach eine geistige und moralische Ausprägung genährt durch urbane Dekadenz. Gibt ja in jeder Grosstadt so Viertel wo gewisse Leute ihe heile welt haben wo alles zu Fuss erreichbar ist und mit leichter teils sinnbefreiter Arbeit viel Geld gemacht wird. Dann glaubens sie sind gebildeter ud sprechen hochdeutsch. Aber für eine Verteidigung im Ernstfall und Wiederaufbau nach einer Katastrophe sind sie unbrauchbar. Aber immer gscheit daher reden,
Gebt den Rot-Grün*innen 4 Jahre Zeit, und diese moralisch überlegenen Mensch*innen (m/w/d) machen aus Deutschland/Österreich ein einzigartiges Narrenschiff im Regenbogenland.
Die rot-grünen Bobo-Deutsch*innen würden unser Land diktatorisch still und leise ruinieren … und zwar nachhaltig/dauerhaft.
Und alle würden sich dann wieder fragen, wie das alles möglich wurde …
Wehret den Anfängen …
In Berlin haben sie allerdings schon den Anfang getätigt …
Köstlicher Artikel. Sehr amüsant.
Sehr gute Analyse. Umso wichtiger ist, seine Meinung frei auszudrücken. Traurig und bezeichnend für das veröffentlichte Meinungsklima, dass sich mehr als die Hälfte, das schon nicht mehr so richtig traut.
Zu der Zeit, wo Migration ein liberales Thema war, gab es bestenfalls einen rudimentären Wohlfahrtstaat. Die Migranten, die in die USA kamen haben mussten sich durch harte Arbeit bewähren. Das war auch eine gewisse Selektion – es sind nur die gekommen die es sich auch wirtschaftlich durch eigene Kraft verbessern wollten. Der eigentliche Konflikt jetzt ist der überzogene Wohlfahrtsstaat, der jedem und zwar auch den illegalen Migranten alle Rechte, die ECard und bis zu €3000 im Monat gibt. Das kann nicht gut gehen: das bedeutet nämlich, das jeder arbeitende Österreicher zwangsweise jeden erhalten muss, der irgendwie über die österreichische Grenze kommt. Es kommen jetzt nicht mehr hauptsächlich die, die etwas beitragen wollen, sondern es kommen viele, weil sie wissen, dass sie rundum versorgt werden, wenn sie es über die Grenze schaffen. Das zersetzt die Solidarität der Gesellschaft und wird den Sozialstaat letzten Endes ruinieren.
Die materielle Rundumversorgung ab Tag des Asylantrages ist ein Aspekt, ein anderer – mMn ebenso wichtiger – ist, dass die Leute auch wissen, dass sie sich nicht kulturell anpassen brauchen, und dass sie also so bleiben können wie sie sind. Kaum ein Moslem würde nach Europa auswandern, wenn er hier seine Sitten nicht so dermaßen hemmungslos ausleben könnte wie daheim. Im Übrigen sind viele Problemfälle unter denen ja auch der Meinung, dass sie für die Verbesserung ihrer Lebensumstände nicht der Aufnahmegesellschaft dankbar sein müssen, sondern Allah, weil der das alles so für sie, die Auserwählten mit der besten und einzig wahren Religion, eingerichtet hat.
Multikulti als Ideologie war ja nur der Tarnanstrich für eine geplante Abräumung der nationalstaatlichen Identitäten. Offensichtlich nehmen die Vertreter diese Ideologie auch das Mitabräumen des Sozialstaates in Kauf – eben weil es sie selber nicht betrifft (siehe Artikel oben: Bobos) und weil sie glauben, dass dann auch alle diese Nichtbobos, vor denen sie sich schon immer gegraust haben, irgendwie mitverschwinden werden.
” .. Mitabräumen des Sozialstaates .. ”
Das wird bewusst herbeigeführt, da “Arme & Ungebildete”, so glauben heutige “Linke” zu wissen, überwiegend linke Parteien wählen 😉
Ein besonderes Kennzeichen dieser Menschen ist, dass zwei völlig widerstreitende Ansichten ganz locke rnebeneinander Platz haben. So wird der heterosexuelle weiße Mann als sexistisch beschimpft, wenn er nur einer Frau begehrlich nachschaut. Die muslimische Frau wird wie der letzte Dreck behandelt, aber das muss als Kulturgut erhalten bleiben, in fremde Kulturen darf man/frau nicht eingreifen. Wer´s versteht ?
Die Freiheit der Migration war ursprünglich ja keine linke Idee. Ganz im Gegenteil. In der Idee des Sozialismus kann es keine freie Wahl des Wohnsitzes oder des Arbeitsplatzes geben. So würde eine kollektivistisch organisierte Wirtschaft niemals funktionieren können. Der eiserne Vorhang wurde ja nicht aus Spass gebaut, er war eine Notwendigkeit. Wagenknecht ist ja noch als ortothoxe Kommunistin geprägt und weiss das noch, im Gegensatz zu modernen Linken.
Die Migrationsfreiheit war ursprünglich eine liberale Idee und wurde irgendwann von den Linken übernommen ohne dass diese darüber nachgedacht hätte, welche Konsequenzen sich für linke Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme daraus ergeben. Die Erzählungen der Linken sind schon lange nicht mehr stimmig. Deshalb stimme ich dem Kommentar ja auch zu, in der Einschätzung, dass das Bobotum nicht als Links bezeichnet werden kann.
In der Idee des Sozialismus ging es immer um die “Zerstörung der Gesellschaft” um eine neue Gesellschaft, ohne Grenzen, zu erschaffen. Somit war “Migrationsfreiheit” immer Teil “linken Denkens”.
Die “Migrationsfreiheit” wird, völlig bewusst, seit dem Zusammenbruch des “real existierenden Sozialismus” von den heutigen “Linken” als Waffe zur “Zerstörung der Gesellschaft” eingesetzt um damit die neue Gesellschaft, ohne Grenzen, zu erschaffen.
Dass die Bobos auf den Narrativ der “Migrationsfreiheit” abfahren, ist eine andere Geschichte, welche hier in den Grundzügen recht gut beschrieben wird 😉
Sehr gut Herr Krumpel! Hoffentlich lesen auch die Wiener Bobos wie z.Bsp. PRW, der Porsche/Rolex-Bobo Protzda etct. ihren überaus lehrreichen Beitrag !
Nachdem sich ein Großteil der österreichischen Journalisten wohl zu den Bobos zählen kann, schränkt dies eine ausgewogene Berichterstattung in fast allen Medien massiv ein. EXXPRESS mit seinen Journalisten für Selberdenker bildet da zum Glück eine positive Ausnahme!
Die Kolumnisten im Exxpress sind über alle Maßen gut. Allein deshalb empfiehlt sich eine große Verbreitung. Lediglich die Kurz Anbetung könnte etwas zurückgenommen werden, sonst wirkt das Ganze ein wenig unglaubwürdig.
Zustimmung! Die Anbetung des Gesalbten ist auch mir des öfteren schon aufgefallen.
Wir sehen es ja dieser Tage wieder. Wenn sich eine politisch auf der falschen Seite stehende Person (Frau Nehammer) gegen Rufmord und falsche Behauptungen im Netz wehrt, so ist das lau SPÖ und FPÖ grob unanständig. Die Verleumder sind ja alles brave Bürger. Wenn sich eine Frau Maurer wehrt ist Sie ein Heldin. Übrigens ich hab noch keine einzige Frauenpolitikerin gehört, welche Frau Nehamm verteitigt. Erbärmlich diese oppositienelle Scheinheiligkeit.