Es war das Jahr 1990, als der damals 50-jährige Nikolaus Michalek als unabhängiger Justizminister sein Büro im Palais Trautson bezog. Der gelernte Notar sollte dort zehn Jahre bleiben. In einem Gespräch (Der Standard, 16.8.2009) meinte der Grandseigneur einst: “Unabhängigkeit ist für einen Justizminister ein großer Vorteil”. Damit war vermutlich nicht nur die Außenwirkung gemeint. Ein parteifreier Justizminister hat es leichter, das Ressort unabhängig von politischen Tendenzen weiterzuentwickeln, denn er ist keiner Parteistruktur verpflichtet. Natürlich benötigt jeder Minister zur Umsetzung seiner Gesetzespläne eine Parlamentsmehrheit und für das notwendige Budget einen guten Draht zum Finanzminister. Allerdings kann ein unabhängiger Justizminister mit Hilfe der Öffentlichkeit seinen Forderungen stärker Nachdruck verleihen. Zudem sollte ein Minister auch Schutzschild für die Reputation ihm zugeordneter Behörden und Instanzen sein. Dazu bedarf es politikerfahrener Personen. Viele meinen, eine Person, die diese Kriterien erfüllt, muss mit der Lupe gesucht werden. Ich meine, diese Konstellation, parteilos aber politikerfahren, gibt es. Zwei Personen fallen mir dazu sofort ein. Gerhard Jarosch, Staatsanwalt, Mitglied der europäischen Justizbehörde Eurojust sowie ehemaliger Präsident der österreichischen und der internationalen Staatsanwältevereinigung. Jemand, der zudem die mediale Dynamik sehr gut kennt und stets sehr überlegt agiert. Oder Sabine Matejka, ebenfalls mit internationaler juristischer Erfahrung und seit November 2017 Präsidentin der Richtervereinigung. Auch sie gilt als sehr sachlich, engagiert und hat gerade in der letzten Zeit die Richterschaft rund um die Uhr stets kompetent und mit klaren Worten vertreten. Diese zwei willkürlich gewählten Beispiele zeigen, dass Österreich sehr wohl parteilose, aber politikerfahrene Persönlichkeiten hat. Persönlichkeiten, denen zuzutrauen ist, die Interessen der Justiz selbstbewusst und mit Taktgefühl nach außen zu vertreten.

Keine Kritik an Ministern, sondern legitime Grundsatzfrage

Dieser Zugang, einen parteifreien Justizminister zu berufen, ist keine Kritik an den Amtsträgern gegenwärtiger oder vergangener Tage. Sondern ein zusätzlicher Schritt, um das Vertrauen der Österreicherinnen in eine der wichtigsten Säulen unserer Republik weiter zu stärken. In den justiziellen Strukturen kann die Qualität der Arbeit selbst von vom interessierten Laien beurteilt werden. Gerichtsurteile werden beispielsweise in Internetdatenbanken, Fachzeitschriften oder Entscheidungssammlungen veröffentlicht. Bei den Staatsanwaltschaften kann man den Berichten entnehmen, wie intensiv sich diese auch mit dem Zusammentragen entlastender Faktoren beschäftigt, oder ob es nur um Fehlersuche gehe mit dem Ziel einer Anklage. Oder wie oft Richter der Argumentation des Staatsanwalts gefolgt sind. Wie Oberbehörden bei Beschwerden und ähnlichem entschieden haben. In dem Sinne haben wir erfreulicherweise ein sehr transparentes Justizwesen. Jeder, der will, kann sich seine Meinung zum Justizwesen bilden, die Fakten liegen alle vor.

Wesentliche Aufgabe eines Justizministers ist es daher sicherzustellen, dass die Behörden in Ruhe arbeiten können und die dafür notwendigen Mittel vorhanden sind. Damit sind wir beim Geld. Die nicht marktgerechte Bezahlung sorgt oft dafür, dass die personellen Zugänge mager und die Abgänge schwer ersetzbar sind. Das ist kein alleiniges Problem der Justiz, ist aber ein Mitgrund für lange Verfahrensdauern. Schon in der Vergangenheit wurde deshalb die Republik Österreich durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) verurteilt. Denn laut Artikel 6 Absatz 1 der Menschenrechtskonvention hat jeder Mensch Anrecht auf ein faires Verfahren innerhalb angemessener Frist. Dabei legt der EGMR Kriterien fest, anhand derer zu beurteilen ist, ob ein Verfahren unangemessen lange dauerte. Diese betreffen insbesondere die Komplexität des Falles, das Verhalten der Parteien, das Verhalten der staatlichen Behörden während des Verfahrens und die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer. Ein parteiloser, aber politikerfahrener Justizminister wird sich frei von Parteizwängen leichter tun, die notwendigen Finanzmittel mit aller Vehemenz einzufordern. Schließlich ist ein reibungslos funktionierendes Justizsystem nicht nur für den einzelnen essenziell, sondern auch für einen arbeitsplatzaffinen Wirtschaftsstandort relevant. Da kommen wir um mehr Personal nicht herum. In dem Sinne weitergedacht, ist ein parteifreier Justizminister nicht nur für das Stimmungsbild der Öffentlichkeit wichtig, sondern auch für sichere Arbeitsplätze mitverantwortlich. Politische Interventionen werden dadurch aufgrund fehlender existentieller Abhängigkeit von einer Partei ebenfalls deutlich erschwert. Im anfangs erwähnten Gespräch konnte der ehemalige unabhängige Justizminister Michalek wenig über politischen Druck erzählen. Er habe diesen von Anfang an so konsequent ignoriert, dass „von vornherein nicht interveniert wurde. Man wusste bald, dass das eher kontraproduktiv ist.“

Er zählt in Österreich zu den besten Kommunikationsexperten. Die Rede ist vom PR-Profi und Politik-Insider Bernhard Krumpel (49). Sein Motto: „Always stay focused“. Klaren Fokus benötigte er unter anderem bei seinen komplexen Jobs für Politiker, Ministerien und Konzerne. Neben seiner Beratungstätigkeit gibt der Wirtschaftssoziologe gerne sein Wissen an Studenten weiter. Er ist Verfasser von Fachartikeln, wie etwa zur Aktionärsrechte-Richtlinie und deren Auswirkung auf die Unternehmenskommunikation, sowie Mitherausgeber von drei Buchbänden mit dem Titel „Spezialgebiete der PR“.