Nach Jahren schwerer Konfrontation zwischen Washington und Moskau kommen US-Präsident Joe Biden und Russlands Staatschef Wladimir Putin am Mittwoch zu ihrem ersten Gipfel zusammen. Das weltweit mit Spannung erwartete Treffen auf Initiative Bidens soll gegen 13.00 Uhr in Genf beginnen und vier bis fünf Stunden dauern, hieß es sowohl aus dem Weißen Haus als auch aus dem Kreml. Biden hatte Putin zu dem Gipfel eingeladen, um dem Kreml-Chef “rote Linien” aufzuzeigen.

Die mächtigsten Männer der Welt könnten unterschiedlicher nicht sein

Die beiden Männer eint ihre gigantische Machtfülle, sie verbindet auch, dass sie Atomschläge anordnen können – und beide mögen Eiscreme. Das Auftreten der Präsidenten, die am Mittwoch in der Villa La Grange am Genfer-See zusammenkommen, könnten aber unterschiedlicher kaum sein. Hier der Amerikaner Joe Biden (78), der mit seinem Habitus gelegentlich an den sprichwörtlichen netten Großvater erinnert. Dort sein zehn Jahre jüngerer russischer Gegenspieler Wladimir Putin.
Dieser inszeniert sich gerne als knallharter Macho, gerne auch mit freiem Oberkörper. Bei ihrem Gipfel wollen beide versuchen, eine Eskalation der Konfrontation zwischen den beiden größten Atommächten abzuwenden.

Geplant sind in der Villa La Grange am Schweizer Genfer-See etwa Gespräche über die strategische Stabilität auf der Welt. Experten erwarten, dass Putin und Biden neue Verhandlungen für eine atomare Abrüstung und für eine Kontrolle der Waffenarsenale anstoßen könnten. Themen sind nach Angaben beider Seiten außerdem die Konflikte in Afghanistan, Libyen, Syrien und der Streit um die Atomprogramme im Iran und in Nordkorea. Biden und Putin wollen danach getrennt vor die Presse treten.

Der Versuch, wieder zusammenzufinden

Biden hatte angekündigt, nicht zuletzt Kritik an den zunehmenden Repressionen und Menschenrechtsverletzungen in Russland zu üben. Washington vermutet Moskau zudem hinter Cyberangriffen auf US-Einrichtungen und wirft Russland eine Einmischung in die US-Wahlen vor. Russland weist diese Anschuldigungen zurück. Putin und Biden sehen das von zahlreichen Sanktionen überschattete Verhältnis ihrer Länder übereinstimmend auf einem “Tiefpunkt”.

Nach einer Kreml-Mitteilung wollen Putin und Biden Schlüsselfragen der bilateralen Zusammenarbeit klären. Die Beziehungen seien in einem “nicht zufriedenstellenden Zustand”. In vielen Bereichen gebe es gar keinen Kontakt mehr. Der Kreml verwies zudem darauf, dass die USA 2017 Russland offiziell zu ihrem “Gegner” und zur “Hauptgefahr für die nationale Sicherheit” erklärt und seither immer wieder Anschuldigungen erhoben hätten.

Keine großen Erwartungen

Ein US-Regierungsvertreter sagte, viele konkrete Ergebnisse seien von dem Gipfel nicht zu erwarten. Auch Kremlsprecher Dmitri Peskow warnte vor überzogenen Erwartungen etwa an einen inzwischen viel diskutierten Austausch von inhaftierten russischen Staatsbürgern in den USA mit US-Bürgern in Moskauer Haft. Es sei voreilig, darüber zu sprechen, bevor die beiden Staatschefs das Thema wirklich berührten bei ihrem Gipfel. (APA/red)