Wien war tatsächlich eine der Hochburgen der internationalen Pornoindustrie – es hat nur (fast) keiner gewusst. Das war natürlich so gewünscht. Das Hauptquartier des rot-weiß-roten Erwachsenenentertainment-Riesen – in Bestlage mitten im Herzen der Wiener Innenstadt gelegen – war nach außen hin so unauffällig, dass noch Jahre später niemand ahnen würde, dass die Anzugträger, die tagtäglich in den ehrwürdigen Altbau-Büros ein und aus gingen, beruflich stundenlang Pornos schauten. Und doch lag ebendort, in der Rotenturmstraße zwischen Schwedenplatz und Stephansplatz, der Sitz von “RedTube”.

Porno-Pionier "RedTube" hatte Hauptquartier in der Wiener City

“RedTube” war jahrelang eine der erfolgreichsten Porno-Websites der Welt. Und seine Mitarbeiter – die zuvor erwähnten, hochseriös wirkenden Anzug tragenden Männer – waren mit der wichtigen Aufgabe betraut, die Inhalte der Seite zu regulieren. Ein “knallharter” Job, denn wie ein ehemaliger “RedTube”-Insider dem Magazin “Dossier” erzählt, war der vermeintliche feuchtfröhliche “Zauber” des beruflichen Pornoschauens bereits “nach zwei Tagen verflogen”.

Was blieb, waren strikte Regeln und Guidelines, um den Erfolg des florierenden Wiener Porno-Business ebenso abzusichern wie es diskret und unerkannt zu halten. Die Männer – und es waren vor allem Männer, die bei und für RedTube arbeiteten – verdienten teils Millionen mit der Plattform, deren Konzept in den 2000er-Jahren revolutionär war.

"Da tun sich menschliche Abgründe auf"

Damals waren sogenannte “Tube”-Sites noch neu – also Seiten, die nicht nur als Videoanbieter, sondern vorrangig als Plattformen funktionieren. Nutzer können selbst Videos hochladen und sie mit dem Publikum teilen. So ergab sich auch die Aufgabe des “Dossier”-Informanten und seiner Kollegen, die damals die Videos mit Titeln versahen und “taggten”, also sie mit Schlagworten besser such- und findbar zu machen.

Und nicht nur das: All die Videos, die hochgeladen wurden, mussten auch gemäß der strikten Firmen-Richtlinien aussortiert werden. Bei weitem nicht alles durfte gezeigt werden: “Blut oder Sodomie waren No-Gos”, weiß der ehemalige RedTube-Mitarbeiter. “Man musste aufpassen, dass nicht jemand ein Video hochlädt, in dem er sich den Finger abschneidet. Da tun sich menschliche Abgründe auf.”

Erfolgreiches rot-weiß-rotes Porno-Imperium blieb jahrelang unterm Radar

Nicht auf tat sich der Öffentlichkeit allerdings jahrelang, womit genau die Anzug-Männer aus der Rotenturmstraße die Porno-Millionen, die damals hinter jenen Türen in der Rotenturmstraße gemacht wurden, eigentlich erwirtschafteten. Die Hintermänner von “RedTube” wussten, wie sie keine Spuren hinterlassen oder sie gut verwischen – und wenn jemand fragte, was einer der zu strengster Verschwiegenheit verpflichteten Anzugträger denn beruflich machte, antworteten sie nur vage: “Ich arbeite in einer Agentur”.

Das war auch nicht komplett gelogen – tatsächlich wurde “RedTube” für eine Zeit zum Undercover-Projekt der Redact Media GmbH, die nach außen hin überhaupt nichts mit der Porno-Industrie zu tun hatte. Selbst in den Büros der Agentur selbst wussten nur Eingeweihte, womit hier noch gearbeitet wurde. Und so ging das eine Weile weiter, “RedTube” wuchs und wuchs – mit einigen Verkäufen, Einstiegen von Partnern und weiteren geschäftlichen Rochaden, die den Rahmen dieses Artikels sprengen würden.

Früher "harte Arbeit", jetzt "Hard Rock Café"

Schlussendlich wurde RedTube im Jahr 2013 Teil der Manwin-Gruppe, die dann in den Besitz des Pornoriesen Mindgeek (Youporn, Pornhub, etc.) überging. Ein Oberösterreicher – eine Schlüsselfigur der RedTube-Ära- wurde durch “RedTube” zu einem der reichsten Porno-Millionäre der Welt, und das Hauptquartier in der Wiener City nicht mehr benötigt. Dort zog dann eine andere Weltmarke ein: Das “Hard Rock Café” Vienna. Irgendwie aber auch passend.