Die Bilder, die in den vergangenen Stunden aus dem Kosovo kommen, zeigen eine dramatische Zuspitzung der politischen Situation in der Krisenregion am Balkan: Kolonnen von Panzerfahrzeugen der serbischen Armee sind unterwegs, gleichzeitig kommt es zu wüsten Ausschreitungen gegen die als friedenssichernde Truppen eingesetzten Soldaten der KFOR-Mission (Kosovo-Force unter NATO-Oberkommando). Österreichs Bundesheer stellt schon seit Jahren etwa 400 Soldaten für diese Mission.

Heftige Ausschreitungen in Zvecan im Kosovo - 41 KFOR-Soldaten wurden verletzt.

Auch Schüsse fallen

Jetzt bot eine politisch nicht wirklich extrem bedeutende Bürgermeister-Besetzung den Anlass für eine dramatische Eskalation im Nordkosovo: Die NATO-geführte Schutztruppe KFOR wollte den Protest militanter Serben gewaltsam auflösen. Die Soldaten setzten vor dem Gemeindeamt der Ortschaft Zvecan Blendgranaten und Tränengas ein.

Doch die Menge bewarf sie wiederum mit Steinen, Flaschen und anderen Gegenständen. Offenbar schlugen auch Demonstranten auf die KFOR-Soldaten ein, wie Bilder und Videos zeigen. Ein Serbe wurde durch Schüsse verletzt, teilte das Krankenhaus in der nahen Stadt Mitrovica mit. Weitere Serben sollen bei den Zusammenstößen leichte Verletzungen erlitten haben, berichteten Augenzeugen. Nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur Ansa wurden 41 KFOR-Soldaten verletzt, darunter 11 Italiener.

Ungarische und italienische KFOR-Soldaten wurden bei den Ausschreitungen verletzt.

Gewünschte Eskalation?

Dass diese Ausschreitungen absolut ungeplant möglich sind, bezweifeln politische Beobachter: Zwischen diesem Neuauflammen des Kosovo-Konflikts und dem Krieg in der Ukraine könnte ein direkter Zusammenhang bestehen – Wladimir Putin hat größtes Interesse daran, dass die NATO als Dauer-Waffenlieferant von Wolodymyr Selenskyj auch am Balkan unter Druck kommt. Und auch dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic kommt diese Ablenkung von seinen innenpolitischen Schwierigkeiten und von den Massenprotesten in Belgrad äußerst gelegen. Vucic hat vor drei Tagen die Armee in Bereitschaft versetzt, Serbiens Verteidigungsminister Milos Vucevic sagte: „Es ist klar, dass Terror gegen die serbische Gemeinschaft im Kosovo verübt wird.“

Österreichs Bundesheer-Einheiten sind im Camp Film City stationiert – dieses Lager ist von der Gemeinde Zvecan etwa 50 Kilometer entfernt.

KFOR-Soldaten liegen schwer verletzt am Boden, ihre Kameraden werden bereits zu den Rettungsfahrzeugen gebracht.
Etwa 50 Kilometer weit ist der Schauplatz der blutigen Ausschreitungen vom Camp der Österreicher entfernt.