Am Rande der Frühjahrstagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank in Washington traf Österreichs Finanzminister Magnus Brunner den Präsident der Federal Reserve (FED) Jerome Powell. Die Tagung in Washington steht im Schatten des Kriegs in der Ukraine, der auch die Weltwirtschaft in Bedrängnis gebracht hat. Wachstumsprognosen mussten nach unten revidiert werden, die Energiepreise schießen unterdessen nach oben.

EZB in schwierigerer Situation als FED wegen hoher Verschuldung

Die FED steuert bereits gegen die steigenden Preise an und hebt den Leitzins um die Inflation einzubremsen. US-Zentralbankchef Powell meinte, die Leitzinsen könnten im Mai gar um einen halben Punkt angehoben werde, doppelt so stark wie im März. Die Europäische Zentralbank (EZB) ist da zurückhaltender. Zuletzt gab es ein Signal, dass sie im Juli mit der Anhebung der Zinsen beginnen könnte.

Brunner zeigt im Gespräch mit „Ö1“ durchaus Verständnis für die EZB und gibt sogar unumwunden zu, was der eigentliche Grund für die Zurückhaltung der EZB ist: „Das ist in Europa nicht ganz so einfach, weil es Staaten gibt, die stärker verschuldet sind.“  Das betrifft etwa Griechenland, Italien, Portugal und Frankreich. Das Eingeständnis des Finanzministers ist insofern bemerkenswert, als gemäß den EU-Verträgen einzig die Preisstabilität vorrangiges Ziel der EZB zu sein hat, dem alle anderen Ziele untergeordnet werden müssen. Darauf hat erst kürzlich Friedrich Heinmann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Leipzig hingewiesen.

Krieg drosselt die Wirtschaftsprognosen

Der österreichische Finanzminister erwähnt offen auch andere Aspekte, die für die EZB demnach relevant sind: So müsse man auch „die Auswirkungen auf das Wachstum im Auge haben“.

A propos: Während die Inflation kräftig steigt, hat der IWF die Wachstumsprognosen angesichts des Krieges kräftig nach unten revidiert. Nur mehr 3,6 Prozent soll die Weltwirtschaft heuer wachsen, im Falle Österreichs soll das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr nur mehr 2,6 statt 4,5 Prozent betragen. Das liegt am Krieg, wie Brunner unterstreicht: „Deshalb sind leider alle Prognosen nach unten revidiert worden. Wir müssen darauf in Österreich reagieren und mit strukturellen Maßnahmen dagegenhalten.“

Brunner denkt über nachhaltige Steuerentlastung nach

Die angesichts einer galoppierenden Inflation mehr denn je geforderte Abschaffung der „kalten Progression“ steht unter anderem im Raum. Der Finanzminister hat eine Arbeitsgruppe damit befasst. Aufgrund der „kalten Progression“ steigt – wenn auch verdeckt – die Lohnsteuer, obwohl man real nicht mehr verdient. Die „kalte Progression“ entsteht, wenn die Steuerstufen einer progressiven Besteuerung nicht an die Inflation abgepasst werden. Mit einer Anpassung der Steuerstufen an die Inflation könnte diese verdeckte Besteuerung endlich abgeschafft werden – ein Schritt, vor dem sich der Staat seit Jahrzehnten drückt, der aber die Steuerzahler nachhaltig entlasten würde.

Import-Stopp für Kohle und Öl aus Russland denkbar

Erstmals gibt es von Seiten des IWF diesmal keine gemeinsame Erklärung – wegen Russland, dessen Isolierung Brunner begrüßt: „Das ist dringend notwendig und ein Teil der Sanktionen.“ Die Isolierung der russischen Zentralbank sei eine wesentliche Maßnahme. Was weitere Import-Embargos betrifft, zeigt sich Magnus Brunner bei Kohle und Öl „gesprächsbereit, bei Gas weniger, weil wir sehr abhängig sind vom russischen Gas.“