Diese Knallhart-Regeln sorgen auch in Deutschland für hochgezogene Augenbrauen. Wer zu schnell unterwegs ist, der kann in Österreich ab heute sein Auto verlieren – ohne Entschädigung. Es ist ein massiver Eingriff in das Privateigentum, und er ist rechtlich höchst umstritten. Kritik kommt vom ÖAMTC.

Die offizielle Begründung für die Maßnahme: Autos würden beschlagnahmt, um Leben zu retten.

Wird es wegen der Gesetzesnovelle weniger Unfälle geben? Experten bezweifeln es.APA/RK NÖ/LAURA WEBER

Gewessler: „Nehmen Tätern ihre Tatwaffe dauerhaft aus der Hand“

Aus dem Verkehrsministerium von Leonore Gewessler (Grüne) heißt es dazu: „Autos können künftig an Ort und Stelle beschlagnahmt werden. Die  Gesetzesänderung ermöglicht die Abnahme und Versteigerung des Fahrzeugs bei rücksichtlosen und gefährlichen Geschwindigkeitsüberschreitungen.“

Autos dürfen nicht zur Waffe werden, meint Gewessler.Gewessler

Die Grünen-Ministerin ist von der Wirksamkeit der Gesetzesnovelle überzeugt: „Es gibt eine Geschwindigkeit, bei der wird das Auto zur Waffe. Wir setzen dem nun ein Ende und sorgen dafür, dass den Tätern ihre Tatwaffe in Zukunft sofort und dauerhaft aus der Hand genommen wird.“ Für extreme Raserei gebe es schlicht „keine Entschuldigung und kein Verständnis.“

Man nehme damit Wiederholungstäter ins Visier: „Wenn andere Strafen nicht mehr wirken, dann greift der Verfall des Fahrzeugs. Denn wer kein Auto mehr hat, kann nicht mehr rasen.“

Ab bestimmten Tempo-Überschreitungen sofortige Entnahme des Autos möglich

Das beschlossene Paket richtet sich gegen Geschwindigkeitsübertretungen von mehr als 60 km/h innerorts und 70 km/h außerhalb des Ortsgebiets. Wenn Einzelpersonen permanent und unbelehrbar mit stark überhöhter Geschwindigkeit unterwegs sind, kann ihnen nach der Beschlagnahme am Ende des Verfahrens das Fahrzeug dauerhaft entnommen und danach versteigert werden.

„Keine Entschuldigung und kein Verständnis“ für Raser: Grünen-Ministerin Leonore Gewessler.APA/HELMUT FOHRINGER

Wird die erlaubte Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 80 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 90 km/h überschritten, kann die Behörde ein Verfallsverfahren gemäß Verwaltungsstrafgesetz auch schon beim ersten Mal einleiten.

ÖAMTC bezweifelt Wirksamkeit und kritisiert massive gesetzliche Mängel

Der ÖAMTC ist von der Maßnahme nicht überzeugt und hat rechtliche Bedenken: „Es gibt einerseits keine Studien, die besagen, dass härtere Strafen mehr abschrecken als niedrigere. Zudem sollten derart drastische Eingriffe in das Eigentum von Strafgerichten entschieden werden und nicht von Verwaltungsbehörden“, erklärt ÖAMTC-Jurist Matthias Wolf.

ÖAMTC glaubt nicht an weniger Verkehrsunfälle aufgrund der Gesetzesnovelle.APA/Einsatz-Report24/Franziska Hessenauer

Zahlreiche Stellungnahmen von Rechtsprofessoren konstatierten dem Gesetz zudem grobe Mängel und sogar Verfassungswidrigkeit. „Für die Verkehrssicherheit wäre es schade, wenn das Gesetz schon beim ersten relevanten Anwendungsfall durch Anrufung der Höchstgerichte oder des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte wieder gekippt wird“, sagt der ÖAMTC-Experte.