Der deutsche Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat den geldpolitischen Beschlüssen des EZB-Rats am Donnerstag nicht zugestimmt. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erklärte er, ihm sei “die potenziell zu lange Fortschreibung des Niedrigzinsumfelds zu weitgehend”. Gleichzeitig unterstrich er: Im EZB-Rat herrsche grundsätzlich Einigkeit, “dass eine expansive Geldpolitik derzeit angemessen ist”.

Weidmann ist nicht der einzige Notenbank-Chef, dem die expansive Geldpolitik zu weit geht. Vor ihm hatte bereits der belgische Notenbankchef Pierre Wunsch das neue Zinsversprechen der Notenbank kritisiert. Es sorge sich um die Glaubwürdigkeit, sagte er dem Fernsehsender CNBC. “Ich weiß nicht, ob es angemessen sein wird, in drei, vier, fünf oder sieben Jahren noch negative Zinsen zu haben.”

Inflation: Langfristig ist der Pfad unsicher

Mit Blick auf die Inflationsrate sagte Weidmann, er erwarte, dass diese zunächst einmal stark steigen werde. “Meine Fachleute erwarten etwa für Deutschland zum Jahresende 2021 Raten, die in Richtung fünf Prozent gehen könnten.” Hier seien aber vor allem vorübergehende Effekte am Werk. “Dazu gehören die Energie- und Rohstoffpreise und in Deutschland zum Beispiel die wieder zurückgenommene Mehrwertsteuersenkung vom vergangenen Jahr.” Danach würden die Inflationsraten dahersicherlich wieder deutlich fallen. “Der künftige Pfad ist aber unsicher.” Deshalb müsse man längerfristig die unterschiedlichen Faktoren “genau im Auge behalten”.

Die EZB hatte sich in ihrer neuen Strategie außerdem zu einer grünen Geldpolitik bekannt. Weidmann kritisierte das nicht grundsätzlich, allerdings sei es wichtig, wo die Grenzen für die Notenbank liegen. “Notenbanken sollten keine eigenständige Klimapolitik betreiben. Die Entscheidungen dazu gehören in die Hände von Parlament und Regierung. Wir sollten nicht versuchen, ein vermutetes Politikversagen von Regierungen zu korrigieren. Damit würden wir unsere Unabhängigkeit untergraben”, sagte Weidmann.